Eiswein (German Edition)
Frau! Dass ich nicht lache.«
»Es hat Sie gestört zu sehen, dass Ihr Sohn sich mit einer Frau eingelassen hat, die älter war als er?«
»Mir doch egal.«
Braunagel war am Ende seiner Geduld. Er ging auf Konfrontation.
»Sie haben Julia Neubauer erschlagen, Frau Orthler.«
Die starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an.
»Und warum sollte ich so etwas getan haben?«, fragte sie heiser.
»Sagen Sie es uns.«
»Was?«
»Wir wissen inzwischen, dass Karl Mauracher an jenem Donnerstag Nachmittag auf dem Gut angerufen hat. Er wollte mit Ihrem Sohn sprechen. Der war aber nicht da, weil er Julia in den Ort gefolgt ist, um mit ihr zu reden. Und so erzählte er Ihnen am Telefon, dass er sich Sorgen um Julia Neubauer machte, und vielleicht sagte er Ihnen auch Dinge, bei denen Sie angenommen haben, dieser Karl sei der nächste Typ, mit dem Christoph seine Freundin im Bett erwischt. Christoph würde das nicht verkraften, nicht bei einer Frau wie dieser. Er würde wieder was von dem Zeug nehmen.«
»Das durfte er nicht.« Margarete Orthlers Stimme war nur noch ein Krächzen. »Mit dem Koks machte er doch alles kaputt. Den Ruf des Gutes, alles. Das Gut gehörte ihm, aber seine Schwester …«
»Aber er kokste schon lange nicht mehr, Frau Orthler.«
»Sagt er.«
Braunagel schüttelte verständnislos den Kopf über so viel Sturheit.
»Außerdem haben Sie gesehen um was für einen Ordner es sich handelte, den er aufgeschlagen hatte, als Sie ihn nach Julia Neubauers Besuch auf dem Gut zur Rede stellten. Es ging Ihnen nicht nur um die Drogen und den Ruf des Gutes, oder darum, dass diese Frau Ihrem Sohn das Herz brechen könnte. Es ging Ihnen vor allem um Christophs Geld, nicht wahr?« Braunagel sprach behutsam, als würde er mit einem Kind reden. »Sie dachten, dass ein Teil davon Ihrer Tochter zustand, und das wollten Sie geregelt wissen. Die Drogen waren lediglich ein Vorwand für Sie, mit dem später nach außen hin erklärt sein sollte, warum Sie Ihren Sohn betrogen haben. Und Sie haben ihn betrogen, Frau Orthler. Um ziemlich viel Geld. Nicht er, sondern Sie waren es, die den Betrieb langsam aber sicher finanziell aushöhlte, nicht wahr?«
»Der Bankordner.«
»Richtig.« Braunagel hatte diesen Ordner auf dem Schreibtisch liegen gesehen, als er das erste Mal in Christophs Büro stand. Eines der Bilder in seinem Kopf, das sich ihm erst vor wenigen Stunden erschlossen hatte. »Als Sie nach dem Besuch von Julia Neubauer in das Büro Ihres Sohnes kamen, sahen Sie, dass der Bankordner vor ihm lag, den Christoph bis dahin nicht einmal angerührt hatte. Es hatte für ihn bis dahin auch keine Veranlassung dazu gegeben. Mit einem Schlag wurde Ihnen klar, dass Christoph an diesem Nachmittag herausgefunden haben musste, was Sie gemacht haben: Dass Sie bereits seit Monaten Geld vom Firmenkonto auf ein Konto abzweigen, das Sie ohne sein Wissen eröffnet haben. Was ihn dazu veranlasst haben mag, wissen wir nicht, ist für den Fall auch irrelevant. Ihnen jedoch kam plötzlich der Gedanke, diese Julia hätte ihn dazu gebracht, sich mehr um die buchhalterische Seite seines Gutes zu kümmern, spürten, dass Ihr Sohn mit dieser Frau an seiner Seite eventuell wagen würde, Ihnen endlich die Zähne zu zeigen, nicht wahr? Er war und ist ein ausgezeichneter Winzer, ein erfolgreicher Geschäftsmann. Was Ihnen einerseits aus persönlichen Gründen nicht passte, andererseits konnten Sie und Ihre Tochter von seiner Arbeit hervorragend leben.« Braunagel machte eine kurze Verschnaufpause. »Aber das war Ihnen nicht genug. Sie wollten mehr. Sie glaubten, ihn mit seiner Drogengeschichte in der Hand zu haben. Christoph überließ Ihnen jedoch alles, was mit Geld zu tun hat, damit Sie ihn mit Ihren Anschuldigungen in Ruhe ließen. Er wollte seine Arbeit gut machen, sich darauf konzentrieren und nicht ständig Ihren Angriffen ausgesetzt sein. Verrückt, das alles.« Braunagel machte eine kurze Pause. »Er wollte Ihnen zeigen, wie sehr er Ihnen vertraute, dabei hätte es umgekehrt laufen müssen. Genau das war Ihr Ziel. Sie haben sein Vertrauen schamlos ausgenützt.« Braunagel schwieg einen Augenblick lang, um zu sehen, wie seine Worte auf Margarete Orthler wirkten. Sie schaute ihn mit eisiger Miene an. »Sie erfuhren von Karl, was für eine starke Persönlichkeit diese Julia war«, fuhr er schließlich fort. »Das war weitaus schlimmer als die Geschichte mit dieser ‚Darja aus dem Osten’, mit der Sie leicht fertig geworden sind. Ich möchte
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