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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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umkippen und sich eine neue Lage suchen.«
    Sie sahen einander an, während die offene Funkfrequenz ein Rauschen und Zischen produzierte, das mit dem Jaulen des Winds am Höhleneingang konkurrierte.
    »Wäre es uns doch nur gelungen, zehn Bomben auszugraben.«
    »Es ist uns aber nicht gelungen.« Harry griff nach dem Mikrofon. »Mal sehen, ob die Russen gute Nachrichten haben.«
     
    Gunvald fand nichts Belastendes in Pete Johnsons und Claude Joberts Schränken.
    Fünf Verdächtige. Keine düsteren Entdeckungen. Keine Hinweise.
    Er erhob sich von der Holzkiste und ging zum anderen Ende des Raums. Diese Entfernung von den aufgebrochenen Schränken ließ ihn sich zwar nicht weniger schuldig fühlen, doch zumindest war er nun der Ansicht, daß er seine Pfeife stopfen und anzünden konnte. Schon bald füllte sich die Luft mit dem schweren Aroma des nach Kirsche riechenden Tabaks.
    Er schloß die Augen, lehnte sich gegen die Wand und dachte über die zahlreichen Gegenstände nach, die er aus den Schließfächern geholt hatte. Auf den ersten Blick hatte an diesen persönlichen Besitztümern nichts ungewöhnlich gewirkt. Aber es war ja möglich, daß die Hinweise, falls es sie denn gab, nicht offensichtlich waren. Vielleicht kam er nur durch Nachdenken dahinter. Daher rief er sich alles in Erinnerung zurück, was er in den Schränken gefunden hatte, und ließ es vor seinem inneren Auge Revue passieren. Er suchte nach irgendeiner Abnormalität, die er übersehen hatte, als er den richtigen Gegenstand in den Händen gehalten hatte.
    Roger Breskin.
    Franz Fischer.
    George Lin.
    Claude Jobert.
    Pete Johnson.
    Nichts.
    Wenn einer dieser Männer geistig unausgeglichen und ein potentieller Mörder war, mußte er verdammt clever sein. Er hielt seinen Wahn so gut verborgen, daß man nicht einmal unter seinen persönlichsten, privatesten Besitztümern einen Hinweis darauf fand.
    Frustriert klopfte Gunvald seine Pfeife in einen mit Sand gefüllten Abfalleimer aus, steckte sie dann in seine Westentasche und kehrte zu den Schränken zurück. Der Boden war mit dem kostbaren Schutt von fünf Menschenleben übersät. Als er die Gegenstände einsammelte und dorthin zurücklegte, wo er sie gefunden hatte, wich sein Schuldgefühl der Scham darüber, daß er diese Verletzung der Intimsphäre begangen hatte, obwohl die Ereignisse des Tages es erfordert hatten.
    Und dann sah er den Umschlag. Fünfundzwanzig mal dreißig Zentimeter groß. Etwa drei Zentimeter dick. Ganz hinten in dem Fach, an der Rückwand.
    In seiner Eile hatte er ihn übersehen, hauptsächlich, weil er von einem ähnlichen Grau war, wie das Metall es aufwies, an dem er klebte, und weil er sich im tiefsten Fach des Schrankes befand, auf Fußhöhe, ganz hinten an der Rückwand eines dreißig Zentimeter hohen Zwischenraums unter dem untersten Regalbrett. Eigentlich überraschte es ihn sogar, daß er ihn überhaupt gefunden hatte. In dem Augenblick, in dem er den Umschlag erblickte, überkam ihn die lebhafte Vorahnung, daß er die vernichtenden Beweise enthielt, nach denen er gesucht hatte.
    Er war an der Schrankwand befestigt. Als er ihn losriß, sah er, daß er mit sechs Streifen Klebeband an Ort und Stelle gehalten wurde. Also war er mit voller Absicht dort versteckt worden, und in der Hoffnung, daß er auch dann übersehen wurde, falls man den Schrank gewaltsam öffnen sollte.
    Die Klappe wurde lediglich von einer Metallklammer verschlossen, und Gunvald öffnete sie. Der Umschlag enthielt lediglich ein Notizbuch mit Spiralbindung, zwischen dessen Seiten sich Ausschnitte aus Zeitungen und Zeitschriften zu befinden schienen. Widerstrebend, aber ohne das geringste Zögern, öffnete Gunvald das Notizbuch und blätterte es durch. Der Inhalt erschütterte, schockierte ihn geradezu. Er hatte sich nicht vorstellen können, daß irgendetwas ihn einmal dermaßen schockieren konnte. Schreckliches Zeug. Jede einzelne Seite davon. Er wußte sofort, daß der Mann, der diese Sammlung zusammengetragen hatte, wenn nicht ein völliger Irrer, dann doch auf jeden Fall ein ernsthaft gestörter und gefährlicher Mensch sein mußte.
    Er schlug das Buch zu, zerrte an der Schnur, um das Licht im hinteren Teil des Raums zu löschen, und legte schnell die Jacke und die Stiefel an. Durch Schneewehen stampfend, den Kopf eingezogen, um sein Gesicht vor dem wütenden Wind zu schützen, der mit peitschenden Eisnadeln durchsetzt war, lief er zum Telekommunikations-Schuppen zurück. Er mußte Harry unbedingt

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