Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
würden.
    »Ist dir die Windrichtung aufgefallen?« fragte Pete, als sie an dem Funkgerät hantierten.
    Sie mußten noch immer lauter sprechen, um sich verständlich zu machen, aber wenigstens nicht mehr schreien. »Vor fünfzehn Minuten wehte er aus einem anderen Viertel des Kompasses«, sagte Harry.
    »Der Eisberg hat erneut die Richtung geändert.«
    »Was schließt du daraus?«
    »Ich kann mir keinen Reim darauf machen.«
    »Du bist doch der Sprengstoffexperte. Könnte der Torpedo so eine Sprengkraft gehabt haben, daß er den ganzen Berg zeitweilig von seinem Kurs gebracht hat?«
    Pete schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Auf keinen Fall«, sagte er.
    »Ich glaube es eigentlich auch nicht.«
    Plötzlich war Harry entsetzlich müde. Das Gefühl völliger Hilflosigkeit legte sich auf ihn. Es hatte den Anschein, als habe Mutter Natur persönlich es auf sie abgesehen. Ihre Überlebenschancen sanken von einer Minute zur anderen und würden bald gleich null sein — wenn sie das nicht schon längst waren. Trotz der Vaseline, die sein Gesicht beschichtete, und der gestrickten Schneemaske, die normalerweise so wirksam war, trotz der isolierenden Schichten aus Gore-Tex und Thermolite, trotz der Tatsache, daß sie einen Teil der Nacht über in der Höhle und einen anderen in der verhältnismäßigen Wärme der beheizten Schneemobil-Kabinen Schutz gefunden hatten, erlag er langsam der unnachgiebigen, gnadenlosen, unbeschreiblichen Kälte. Seine Gelenke schmerzten. Selbst in den Handschuhen fühlten seine Hände sich so kalt an, als habe er seit einer halben Stunde Gegenstände in einem Kühlschrank umgeräumt. Und in seine Füße schlich allmählich eine gefährliche Taubheit. Wenn das Benzin in den Tanks der Schlitten ausging und sie sich nicht mehr gelegentlich in der zehn Grad warmen Luft der Kabinen aufwärmen konnten, nahm die Gefahr von Erfrierungen im Gesicht zu, und die geringe Kraft, die ihnen noch geblieben war, würde ihnen schnell entzogen werden, bis sie zu schwach waren, um sich entweder auf den Füßen oder auch nur wach zu halten und sie den Russen nicht mehr auf halbem Wege entgegenkommen konnten.
    Doch ganz gleich, wie schwer die Müdigkeit und Niedergeschlagenheit auf ihm lastete, er durfte nicht aufgeben, denn er mußte an Rita denken. Er war für sie verantwortlich, denn sie fühlte sich auf dem Eis nicht so wohl wie er; sie hatte sogar eine teuflische Angst davor. Was auch geschehen mochte, er war entschlossen, für sie da zu sein, wenn sie ihn brauchte, bis zur letzten Minute ihres Lebens. Und wegen ihr hatte er auch etwas, wofür es sich zu leben lohnte: die Aussicht auf weitere gemeinsame Jahre, mehr Gelächter und Liebe. Daran konnte er sich nun festhalten, ganz gleich, wie heftig der Sturm noch werden sollte.
    »Die einzige andere Erklärung wäre«, sagte Harry, als er das Funkgerät einschaltete und die Lautstärke lauter stellte, »daß der Eisberg vielleicht von einer neuen Strömung erfaßt wurde, die viel stärker ist als die, die ihn von seinem bisherigen Kurs abgebracht hat und nach Süden treiben ließ.«
    »Erleichtert oder erschwert es das den Russen, hier hinaufzusteigen und uns zu holen?«
    »Es erschwert es ihnen, befürchte ich. Wenn der Eisberg nach Süden treibt und der Wind ziemlich genau aus dem Norden kommt, ist die einzige windgeschützte Seite nun der Bug. Und sie können keine Männer auf das Eis bringen, wenn er sich genau auf sie zubewegt.«
    »Und es ist kurz vor zehn.«
    »Genau«, sagte Harry.
    »Werden wir es lebend überstehen, wenn sie uns nicht rechtzeitig runterholen können und wir bis Mitternacht hierbleiben müssen? Jetzt erzähl mir ja keinen Unsinn. Was ist deine ehrliche Meinung?«
    »Ich sollte dir diese Frage stellen. Du bist der Mann, der diese Bomben entworfen hat. Du weißt besser als ich, welchen Schaden sie anrichten werden.«
    Pete schaute grimmig drein. »Ich glaube ... die Schockwellen werden den Großteil des Eises, auf dem wir stehen, zusammenbrechen lassen. Hundertfünfzig bis zweihundert Meter des Eisbergs werden vielleicht zusammenhalten, aber nicht die gesamte Länge von seinem Bug bis zur ersten Bombe. Und du weißt, was passieren wird, wenn nur hundertfünfzig oder zweihundert Meter übrigbleiben?«
    Harry wußte es nur allzu gut. »Der Eisberg wird zweihundert Meter lang und zweihundertfünfzig Meter hoch sein.«
    »Und auf diese Weise kann er nicht treiben.«
    »Keine Minute lang. Er hat dann einen ganz anderen Schwerpunkt. Er wird

Weitere Kostenlose Bücher