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Eiszeit

Eiszeit

Titel: Eiszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ich das also richtig verstanden? Sind wir gerade unter einem Loch in der Mitte des Eisbergs hinweggeglitten?«
    Der Techniker hielt das Endlospapier auf der Walze unter Beobachtung, um sofort Meldung machen zu können, sollte die Höhe zur Unterseite des Eisbergs über ihnen unter die Fünfzig-Fuß-Marke fallen. »Ja. Ich glaube schon. Alle Anzeichen deuten auf ein Loch. Etwa in der Mitte.«
    »Ein trichterförmiges Loch.«
    »Ja, Herr Kapitän. Wir nahmen es zuerst als umgedrehte Schüssel wahr. Doch als wir uns direkt darunter befanden, verengten sich die oberen beiden Drittel des Hohlraums drastisch.«
    »Und die Öffnung erstreckt sich bis zur Spitze des Eisbergs?« fragte Gorow mit wachsender Aufregung.
    »Das kann ich nicht sagen, Herr Kapitän. Aber sie geht mindestens bis auf den Meeresspiegel hinauf.«
    Das Oberflächen-Echolot konnte über dem Meeresspiegel natürlich keine Messungen mehr vornehmen.
    »Ein Loch«, sagte Gorow nachdenklich. »Wie in Gottes Namen ist es dorthin gekommen?«
    Niemand hatte eine Antwort darauf.
    Gorow zuckte mit den Achseln. »Vielleicht weiß es einer der Edgeway-Wissenschaftler. Sie haben das Eis ja studiert. Wichtig ist nur, daß es vorhanden ist, ganz gleich, wie es entstanden sein könnte.«
    »Warum ist dieses Loch so wichtig?« fragte Schukow.
    Gorow hatte den Kern einer Idee, den Keim eines ungeheuerlichen gewagten Plans zur Rettung der Edgeway-Leute. Wenn das Loch ...
    »Freies Wasser«, meldete der Techniker. »Kein Eis über uns.«
    Emil Schukow drückte auf ein paar Knöpfe auf der Konsole des Kommandostands. Dann schaute er zu dem Computermonitor zu seiner Rechten empor. »Das haut hin. Wenn wir die südliche Strömung und unsere Geschwindigkeit in Betracht ziehen, müßten wir den Eisberg endgültig passiert haben. Jetzt liegt er wirklich hinter uns.«
    »Freies Wasser«, wiederholte der Techniker.
    Gorow schaute auf seine Uhr: 22 Uhr 02. Es blieben ihnen keine zwei Stunden mehr, bis die sechzig Sprengladungen den Eisberg zerstören würden. In dieser Zeit konnte der Besatzung der Pogodin auf keinen Fall ein konventioneller Rettungsversuch gelingen. Der unorthodoxe Plan, den der Kapitän im Sinn hatte, mochte zwar geradewegs an den offenen Wahnsinn grenzen, hatte jedoch den Vorteil, daß er in der ihnen zur Verfügung stehenden begrenzten Zeit gelingen konnte.
    Schukow räusperte sich. Der Erste Offizier hatte zweifellos ein lebhaftes Bild des Wasser absondernden Schotts im Torpedoraum vor Augen und wartete nun auf den Befehl, das Schiff auf eine weniger gefährliche Tiefe zu bringen.
    Gorow zog das Mikrofon an der Stahlfeder hinab. »Kapitän an Torpedoraum«, sagte er. »Wie sieht es bei euch aus?«
    Aus dem Lautsprecher: »Es sondert noch immer Wasser ab, Herr Kapitän. Es ist nicht besser geworden, aber auch nicht schlimmer.«
    »Halten Sie die Stelle weiterhin unter Beobachtung. Und bleiben Sie ruhig.« Gorow ließ das Mikrofon los und kehrte zum Kommandostand zurück. »Maschinen auf halbe Kraft. Volles linkes Ruder.«
    Das Erstaunen ließ Emil Schukows langes, schmales Gesicht noch länger wirken. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, brachte aber keinen Ton über die Lippen. Er schluckte schwer. Sein zweiter Versuch gelang. »Sie meinen, wir steigen nicht auf?« »Nicht sofort«, sagte Gorow. »Wir werden noch einmal unter diesem Koloß herfahren. Ich will mir dieses Loch in der Mitte des Eisbergs noch mal ansehen.«
     
    Die Lautstärke des Kurzwellensenders war auf die höchste Stufe eingestellt, so daß sie den russischen Kommunikationsoffizier an Bord der Pogodin über dem Tosen des Sturmungeheuers verstehen konnten, das vor dem Eingang der Höhle und auf dem Dach der ineinander verschränkten Eisplatten umherstrich. Hartes Rauschen und das Kreischen von Interferenzen hallte von den Eiswänden wider und klang wie ein gewaltig verstärktes Schrillen von Fingernägeln, die man über eine Schiefertafel zog.
    Die anderen waren zu Harry und Pete in die Höhle gekommen, um die erstaunliche Nachricht aus erster Hand zu vernehmen. Sie drängten sich an der Rückwand zusammen.
    Nachdem Leutnant Timoschenko das Loch und die große Fläche des dramatisch ausgebogenen Eises auf der Unterseite ihres treibenden Gefängnisses beschrieben hatte, hatte Harry ihm die wahrscheinliche Ursache dafür erklärt. Der Eisberg war von einem Tsunami von der Eisdecke abgerissen worden, und der Tsunami war von einem Seebeben fast direkt unter ihnen ausgelöst worden. In diesem

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