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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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„ich habe mit dem VPKA Wolmirstedt telefoniert. Man will den Vorgang ablegen. Version illegaler Grenzübertritt!“
    Rüttig mustert ihn fragend: „Na, und?“
    „Ich habe mir den Vorgang angesehen. Kurz gesagt, schludrige Arbeit, nichts ist richtig ausermittelt worden.“
    „Sie müssen doch nicht hinter jeder Vermißtensache gleich einen Mord vermuten“, beschwichtigt ihn der Dezernent, „es hauen doch wohl mehr Menschen nach der BRD ab, als wir Tötungsdelikte in der Republik haben?!“
    „Das mag ja sein, aber die melden sich doch dann irgendwie. Der Einbecker ist seit dem 8. März verschwunden und hat sich, wenn er sich schon mit seiner Frau nicht verstanden hat, nicht mal bei seiner Mutter in Werdau gemeldet, zu der er immer ein gutes Verhältnis hatte.“
    „Nach meiner Kenntnis haben die Genossen in Wolmirstedt umfangreiche Ermittlungen geführt. Das illegale Verlassen ist doch begründet. Mir fällt keine bessere Version ein! Oder haben wir irgendwo eine passende Leiche gefunden?“
    Der Oberstleutnant hat beim letzten Satz die Stimme etwas angehoben. Es lag in ihr eine kleine Dosis Arroganz, die Förster nur provoziert: „Das sind doch ganz schlappe Vernehmungen. Den Maßnahmen fehlte es doch an genügender Breite und Tiefgründigkeit, alles konzentriert sich von Anfang an einseitig auf das illegale Verlassen der DDR. Das ist doch an den Haaren herbeigezogen!“
    „Was wollen Sie denn noch mehr: Der Einbecker wurde letztmalig hinter Klötze gesehen, das ist doch nicht zu bestreiten. Ganz in der Nähe der Staatsgrenze. Er hatte seinen Wehrdienst bei den Grenztruppen geleistet, ist also vertraut mit dem Grenzregime und den Sicherungsanlagen. Außerdem hat die Ehefrau durchblicken lassen, daß ihr Mann durchaus auch abgedampft sein kann!“
    „Ich meine, es sind zu viele Lücken in den Ermittlungen. Aber wenn es so entschieden wurde …“, resigniert der Kriminalist. „Genosse Förster“, bricht der Oberstleutnant den Dialog ab, „denken Sie doch bloß mal ein bißchen politisch! Die Entscheidung der Genossen in Wolmirstedt ist fundiert. Wir haben die Einstellung schon nach Berlin gemeldet. Also, der Vorgang kommt zur Ablage. Basta!“ Er holt Luft, dann wird seine Stimme streng: „Sie können wegtreten!“
    Förster nimmt die Akte und das Aufzeichnungsheft, geht, innerlich kochend, wortlos zur Tür, dreht sich demonstrativ um, verharrt einen Augenblick in der gleichen starren Haltung wie die eherne Miniausgabe des großen historischen Vorbilds auf dem Schreibtisch seines Chefs. Sein Mißmut drückt sich in dem betont militärischen Gebaren aus. „Genosse Oberstleutnant, ich melde mich ab!“
    „Verschwinden Sie schon!“ ruft dieser ihm fast versöhnlich nach.
    Wolmirstedt, Dienstag, den 8. Juli 1975, ein wolkendichter, sonnenloser, schwüler Sommertag
.
    Marianne Einbecker, 36, hat Schwierigkeiten, die Ausgangstür der KONSUM-Kaufhalle zu öffnen. In jeder Hand schleppt sie einen prallgefüllten Beutel: Lebensmittel für die nächsten Tage, jede Menge Flaschen Bier und eine große Flasche Weinbrand für den Abend.
    Eine Frau aus der Nachbarschaft hält die Tür auf: „Tag, Frau Einbecker. – Was ich Sie schon längst fragen wollte: Haben Sie schon Nachricht von Ihrem Mann?“
    „Nee“, entgegnet sie, „soll er doch bleiben, wo der Pfeffer wächst. Ich denke, er ist in den Westen abgehauen. Die VP sagt das auch.“
    „Und nicht mal geschrieben hat er nach all den Monaten? Wo Sie doch eine so große Tochter haben?“
    Marianne Einbecker hat die schweren Beutel behutsam abgestellt: „Wissen Sie, die Antje ist ja nicht seine Tochter, sie ist aus meiner ersten Ehe. Er soll sie nur in Ruhe lassen, der Suffkopp!“ „Ist doch zu komisch“, resümiert die Nachbarin, „so mir-nichts-dir-nichts zu verschwinden.“
    „So gut war unsere Ehe nicht, daß ich dem Kerl eine Träne nachweinen würde. Jetzt, nachdem die Polizei die Ermittlungen eingestellt hat, reiche ich sowieso die Scheidung ein.“
    „Haben Sie denn noch Sachen von Ihrem Mann, die sie nicht mehr wollen. Ich meine, Sie verkaufen sie doch?“ wechselt die Nachbarin zaghaft das Thema.
    „Tut mir leid, ich habe alles schon weggegeben“, entgegnet sie. Noch ehe sich die Frauen trennen, wirft die Nachbarin einen auffällig nebensächlichen, aber neugierigen Blick in den Beutel mit den geistigen Getränken: „Da haben Sie sich ja was vorgenommen“, bemerkt sie scherzhaft.
    „Wir haben heute eine kleine Feier“, reagiert

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