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Ekel / Leichensache Kollbeck

Ekel / Leichensache Kollbeck

Titel: Ekel / Leichensache Kollbeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Girod
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Marianne Einbecker, „jetzt muß ich aber los!“ Sie keucht mit ihrem Einkaufsgut einige Straßen weiter und biegt in den Plantweg ein. Ein fünfstöckiger, grauer Neubaublock mit mehreren Hauseingängen ist ihr Ziel. Dort liegt in der Nr. 13 ihre kleine, saubere 3-Zimmer-Wohnung mit Balkon, den Blick freigebend auf einen spärlich begrünten Platz, eingerahmt von anderen Häuserblocks gleichen Typs. Alles wirkt wie ein großer Hinterhof.
    Zufrieden verstaut sie die Getränke im Kühlschrank, bindet sich eine Schürze um und bereitet den Kartoffelsalat für den Abend vor. Sie rechnet damit, daß Falk Scheuner, mit dem sie heute seinen 18. Geburtstag feiern will, in den späten Nachmittagsstunden von der Arbeit kommen wird. Bis dahin muß sie die Vorbereitungen beendet haben. Sie braucht auch noch Zeit, sich für ihn besonders hübsch zu machen.
    Der Gedanke, daß sie einen wichtigen Entschluß gefaßt hatte, der für Falk eine Überraschung bedeutet, versetzt sie in eine wohlige Erregung. Sie stellt sich vor, wie gelöst sie ihn heute Abend lieben kann, ohne den inneren Druck, daß er noch nicht 18 Jahre alt ist. Wenn Falk sie streichelt, schwinden ihr vor Glück die Sinne. Nie hätte sie sich vorstellen können, einen so viel jüngeren Mann zu lieben.
    Kurz nach 17 Uhr kommt Falk Scheuner von der Arbeit. Lächelnd, ein wenig beschwipst, doch keineswegs erschöpft. Marianne Einbecker empfängt ihn an der Wohnungstür, obwohl er selbst Schlüssel hat. Ihr roter Minirock, die weiße Bluse mit dem wie zufällig geöffneten oberen Knopf und der leichtherbe Duft ihres Körpers, üben einen solchen Sog auf ihn aus, daß er sie auf der Stelle küssen muß. Sie erwidert seine Umarmung und haucht: „Herzlichen Glückwunsch, mein großer Junge!“
    Falk Scheuner fühlt sich sauwohl. Er genießt es, von Marianne verwöhnt zu werden. Das ist ein Zuhause, wie er es sich immer gewünscht hat.
    In der Küche reicht sie ihm ein Gläschen Weinbrand und stößt auf sein Wohl an, ihren Körper dicht an den seinen geschmiegt: „Ich habe mir überlegt, ich will mich nun doch scheiden lassen! Die Polizei hat die Ermittlungen eingestellt. Jetzt kannst du mich ganz haben!“
    Falk Scheuner ist freudig überrascht. Damit hat er nicht gerechnet. Seit Monaten, schon zu einer Zeit, als ihr Mann noch im Hause wohnte, hatte er sie ständig bedrängt, sich scheiden zu lassen. Aber sie hatte abgewehrt. Zweimal geschieden – das sei ihr zuviel. Ihr jetziger Entschluß befriedigte ihn. „Dann können wir ja doch heiraten?“
    Er umarmt sie erneut. „Feiern wir heute unsere Verlobung?“
    „Ja, heiraten wir“, flüstert sie, „dann fahren wir nach Bulgarien an den Goldstrand!“
    Doch sie hält plötzlich inne. Ihre Knie werden weich. Sie muß sich setzen. So schwindelig wird es ihr: „Hoffentlich geht alles gut“, seufzt sie, vor sich hinstarrend.
    Falk Scheuner verschließt mit dem Zeigefinder zärtlich ihren Mund: „Psst, was soll denn noch schief gehen“, beschwichtigt er sie, doch nicht ohne ihren eben geäußerten Gedanken weiter nachzuhängen.
    Eine knappe Stunde später kommt die 15jährige Antje Führbringer, Marianne Einbeckers Tochter aus erster Ehe, nach Hause. Sie gratuliert Scheuner zum Geburtstag, der sie zu einem Gläschen Schnaps einladen will. Doch sie lehnt ab. Die Mutter nimmt sie zur Seite: „Kannst du ruhig mal trinken. Wir haben uns nämlich verlobt!“
    Doch das stille, scheue Mädchen will nicht bleiben. Sie zieht sich in ihr Zimmer zurück. Sie denkt an den Stiefvater, den sie eigentlich nicht besonders mochte, der aber niemals wiederkehren würde. Sie denkt an Falk, der nur wenige Jahre älter ist als sie und ihr Freund sein könnte. Soll der mein Stiefvater werden? In ihr rumort es. Aber sie denkt auch an ihren Vater, an den sie sich nur noch schemenhaft erinnern kann und der sich längst nicht mehr um sie kümmert.
    Und wie so oft in letzter Zeit überfällt sie eine schreckliche Schwermut. Wieder muß sie weinen. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als daß dieses letzte halbe Jahr nur ein böser Alptraum gewesen wäre.
    Sie ahnt nicht, daß das alles noch nicht vorbei ist.
    Es ist Sonntag, der 22. November 1975, am späten Nachmittag
.
    Die Wochenendgeruhsamkeit in der Wachstube des Betriebsschutzes im Schiffshebewerk Rothensee in Magdeburg wird jäh unterbrochen. Drei Jugendliche sind erschienen und berichten dem Wachhabenden aufgeregt, sie hätten in der Nähe des Barleber Sees zwischen den Sträuchern

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