Elantris
wird sich der ursprüngliche Hass der Leute auf Elantris stattdessen gegen den Shu-Korath richten. Seine Priester werden vor der Wahl stehen: Entweder nehmen sie unsere Beschuldigung tatenlos hin, oder sie beziehen mit uns gegen Elantris Stellung. Entscheiden sie sich für Ersteres, wird sich das Volk gegen sie wenden. Sollten sie Letzteres tun, haben wir sie theologisch unter Kontrolle gebracht. Danach werden ein paar peinliche Situationen ausreichen, um sie machtlos und unbedeutend erscheinen zu lassen.«
»Ein perfekter Plan«, sagte Dilaf. »Aber wird es schnell genug funktionieren? Die Zeit ist so knapp.«
Hrathen zuckte zusammen und blickte den immer noch lächelnden Artethen an. Wie konnte der Mann von der Frist wissen? Das war unmöglich. Er musste geraten haben.
»Es wird klappen«, sagte Hrathen. »Angesichts der instabilen Monarchie und wankenden Religion wird sich das Volk nach neuen Führern umsehen. Der Shu-Dereth wird wie ein Fels mitten im Treibsand sein.«
»Eine schöner Vergleich, mein Hroden.«
Hrathen war sich nie sicher, ob Dilaf ihn mit derartigen Bemerkungen verspottete oder nicht. »Ich habe eine Aufgabe für dich, Arteth. Ich möchte, dass du die Verbindung in deiner Predigt heute Abend herstellst. Sorge dafür, dass die Menschen sich gegen den Shu-Korath wenden.«
»Wird mein Hroden dies nicht selbst tun?«
»Ich werde als Zweiter sprechen, und meine Rede wird für die nötige Logik sorgen. Du hingegen bist leidenschaftlicher - und die Abscheu gegen den Shu-Korath muss zuerst aus den Herzen der Menschen kommen.«
Dilaf nickte und beugte den Kopf zum Zeichen, dass er sich dem Befehl fügte. Mit einem Wink gab Hrathen ihm zu verstehen, dass das Gespräch beendet sei, woraufhin der Arteth sich zurückzog und die Tür hinter sich schloss.
Dilaf sprach mit der für ihn typischen Inbrunst. Er stand auf einem Podium vor der Kapelle, das Hrathen hatte anfertigen lassen, sobald die Masse der Gläubigen zu groß geworden war, um noch in das Gebäude zu passen. Die warmen Frühlingsnächte waren dieser Art von Veranstaltung dienlich, und das schwächer werdende Licht des Sonnenuntergangs zusammen mit den Fackeln sorgte für die richtige Mischung aus Sichtbarkeit und Schatten.
Die Leute hingen verzückt an Dilafs Lippen, obwohl sich das Meiste, was er sagte, ständig wiederholte. Hrathen verbrachte Stunden mit der Vorbereitung seiner Predigten und achtete sorgsam darauf, dass er manches zur besonderen Betonung wiederholte, dass aber auch immer wieder Neues kam, damit die Predigt interessant blieb. Dilaf sprach einfach nur. Es war gleichgültig, ob er die immer gleiche Verurteilung von Elantris oder sein ständiges Lob auf Jaddeths Reich hervorsprudelte - die Leute hörten ihm sowieso zu. Nachdem Hrathen dem Artethen eine Woche lang beim Predigen zugehört hatte, hatte er gelernt, mit seinem Neid umzugehen; jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt. Er ersetzte ihn einfach durch Stolz.
Während Hrathen dem Artethen lauschte, gratulierte er sich selbst zu dessen durchschlagender Wirkung. Dilaf tat, wie Hrathen ihn geheißen hatte: Er fing mit seinen normalen irren Reden über Elantris an und wechselte dann beherzt zu einer heftigen Anklage gegen den Shu-Korath über. Die Menge folgte ihm und ließ zu, dass er ihre Gefühle in diese neuen Hahnen lenkte. Alles verlief genau nach Hrathens Plan; es bestand also kein Grund, eifersüchtig auf Dilaf zu sein. Der Zorn des Mannes war wie ein Fluss, den Hrathen selbst in Richtung der Menge umgeleitet hatte. Dilaf mochte über das rohe Talent verfügen, aber Hrathen war der Meister, der dahinter stand.
Das sagte er sich bis zu dem Augenblick, in dem Dilaf ihn überraschte. Die Predigt verlief gut, und Dilafs feurige Wut steckte die Menschenmenge mit einem Hass gegenüber allem an, was korathisch war. Doch dann wendete sich das Blatt, als Dilaf seine Aufmerksamkeit erneut auf Elantris richtete. Anfangs dachte Hrathen sich nichts dabei, da Dilaf die unverbesserliche Neigung hatte, im Laufe seiner Predigten abzuschweifen.
»Und nun, sehet!«, befahl Dilaf unvermittelt. »Sehet den Svrakiss! Blickt ihm in die Augen und gebt eurem Hass eine Gestalt! Nährt die Empörung Jaddeths, die in euer aller Brust lodert!«
Hrathen wurde eiskalt. Dilaf deutete auf die eine Seite des Podiums, wo auf einmal zwei Fackeln aufflammten. Dort stand Diren, der Elantrier, den Kopf gesenkt, an einen Pfahl gefesselt. In seinem Gesicht waren Wunden, die er zuvor noch nicht gehabt hatte.
»Sehet
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