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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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Elantrier, oder er hatte bloß seinen ersten Hassausbruch überwunden und war nun zu einer geduldigeren, schwelenden Form des Abscheus übergegangen. »Gewöhnlich passiert es über Nacht. Beim Erwachen ist der ganze Körper des Verfluchten mit dunklen Flecken übersät. Der Rest der Haut nimmt mit der Zeit eine gräulich braune Farbe an, wie bei diesem hier.«
»Wie die Haut eines einbalsamierten Leichnams«, stellte Hrathen fest. Ab und an hatte er der Universität in Svorden einen Besuch abgestattet und wusste von den Leichen, die man dort zu Studienzwecken aufbewahrte.
»Sehr ähnlich«, pflichtete Dilaf ihm leise bei. »Die Haut ist nicht das einzige Symptom, mein Hroden. Ihre Eingeweide sind ebenfalls verfault.«
»Woher willst du das wissen?«
»Ihr Herz schlägt nicht mehr«, sagte Dilaf. »Und ihr Verstand funktioniert nicht mehr. Man erzählt sich Geschichten von der Anfangszeit vor zehn Jahren, bevor man sie alle in diese Stadt gesperrt hat. Binnen weniger Monate werden sie vollkommen träge und sind kaum mehr in der Lage, sich zu bewegen. Sie stöhnen dann nur noch über ihre Schmerzen.«
»Schmerzen?«
»Die Schmerzen, weil ihre Seele in Lord Jaddeths Feuer verbrennt«, erklärte Dilaf. »Es lodert in ihnen, bis es ihr Bewusstsein verzehrt hat. Das ist ihre Strafe.«
Hrathen nickte und wandte sich von dem Elantrier ab.
»Ihr hättet ihn nicht berühren sollen, mein Hroden«, sagte Dilaf.
»Ich dachte, du seist der Auffassung, Lord Jaddeth würde seine Gläubigen beschützen«, sagte Hrathen. »Warum sollte ich mir also Sorgen machen?«
»Ihr habt das Böse in die Kapelle eingeladen, mein Hroden.«
Hrathen schnaubte verächtlich. »Dieses Gebäude hat nichts Heiliges an sich, Dilaf, das weißt du ganz genau. In einem Land, das sich nicht mit dem Shu-Dereth verbündet hat, kann es keinen heiligen Boden geben.«
»Natürlich«, sagte Dilaf. Aus irgendeinem Grund war ein begieriges Leuchten in seine Augen getreten.
Dilafs Blick bereitete Hrathen Unbehagen. Vielleicht sollte er den Artethen so wenig Zeit wie möglich im gleichen Zimmer mit dem Elantrier verbringen lassen.
»Ich habe dich gerufen, weil du die Vorbereitungen für die Abendpredigt treffen musst«, sagte Hrathen. »Ich selbst kann es nicht tun, denn ich möchte ein wenig Zeit dazu haben, diesen Elantrier zu befragen.«
»Wie Ihr befehlt, mein Hroden«, sagte Dilaf, der den Elantrier immer noch beäugte.
»Du darfst dich zurückziehen, Arteth«, sagte Hrathen mit Nachdruck.
Dilaf stieß ein leises Knurren aus und huschte dann aus dem Zimmer, um zu tun, was Hrathen von ihm verlangt hatte.
Hrathen drehte sich wieder zu dem Elantrier um. Das Geschöpf wirkte nicht, als würde sein Verstand nicht funktionieren, wie Dilaf es ausgedrückt hatte. Der Hauptmann der Wache, der den Elantrier hergebracht hatte, hatte sogar den Namen des Geschöpfes erwähnt. Das ließ darauf schließen, dass es sprechen konnte.
»Kannst du mich verstehen, Elantrier?«, fragte Hrathen auf Aonisch.
Nach kurzem Zögern nickte Diren.
»Faszinierend«, meinte Hrathen in Gedanken versunken.
»Was habt Ihr mit mir vor?«, wollte der Elantrier wissen.
»Bloß ein paar Fragen.« Hrathen trat an seinen Schreibtisch zurück und setzte sich. Er musterte das Geschöpf weiterhin voller Neugier. Bei all seinen unterschiedlichen Reisen war ihm noch nie eine derartige Krankheit untergekommen.
»Habt Ihr ... etwas zu essen?«, fragte der Elantrier. Bei dem
Wort »essen« trat der Hauch eines wilden Funkeins in seine Augen.
»Wenn du meine Fragen beantwortest, verspreche ich dir, dich mit einem großen Korb voll Brot und Käse zurück nach Elantris zu schicken.«
Damit hatte er die volle Aufmerksamkeit des Wesens. Der Elantrier nickte eifrig.
So hungrig, dachte Hrathen fasziniert. Und was hatte Dilaf doch gleich gesagt? Kein Herzschlag? Vielleicht greift die Krankheit den Stoffwechsel an - lässt das Herz so schnell schlagen, dass es schwer ist, den Puls zu fühlen, und steigert auf irgendeine Weise das Hungergefühl?
»Was bist du gewesen, bevor man dich in die Stadt geworfen hat, Diren?«, fragte Hrathen.
»Bauer, Mylord. Ich habe auf den Feldern der Aorplantage gearbeitet.«
»Und wie lange bist du nun schon Elantrier?«
»Ich bin im Laufe des Herbstes hineingeworfen worden«, sagte Diren. »Sieben Monate? Acht? Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren ...«
Demnach war Dilafs andere Annahme, dass Elantrier nach wenigen Monaten völlig träge wurden und sich kaum mehr bewegen konnten,

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