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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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zu Hrathen empor. Hrathen runzelte die
Stirn. Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, dass er noch nie zuvor einen Bettler in Kae zu Gesicht bekommen hatte.
Ein Jüngling, dessen Kleidung keinen Deut besser als die des Alten war, kam um die Ecke gehumpelt. Der Junge erstarrte lind wurde ganz blass. »Nicht den da, du alter Narr!«, zischte er. Dann sagte er rasch zu Hrathen: »Es tut mir leid, Mylord. Manchmal verliert mein Vater den Verstand und glaubt, ein Kettler zu sein. Bitte vergebt uns.« Er wollte den alten Mann am Arm packen.
Hrathen hob gebieterisch die Hand, und der Jüngling hielt inne, wobei er noch bleicher wurde. Hrathen kniete sich neben den alten Mann nieder, der halb senil vor sich hin grinste. »Sagt mal, Alter«, fragte Hrathen, »warum sehe ich so wenige Bettler hier in der Stadt?«
»Der König verbietet das Betteln in seiner Stadt, werter Herr«, krächzte der Mann. »Es wäre ein schlechtes Zeichen für den Wohlstand, wenn wir uns auf den Straßen herumtrieben. Wenn er uns findet, schickt er uns zurück auf die Güter.«
»Du plapperst zu viel«, warnte der Jüngling, dessen ängstlicher Miene anzusehen war, dass er kurz davor stand, den alten Mann zurückzulassen und das Weite zu suchen.
Doch der ältere Bettler war noch nicht fertig. »Ja, werter Herr, wir dürfen uns nicht von ihm erwischen lassen. Außerhalb der Stadt, da verstecken wir uns.«
»Außerhalb der Stadt?«, bohrte Hrathen.
»Kae ist nicht die einzige Stadt hier, müsst Ihr wissen. Früher gab es vier, alle um Elantris herum, aber die anderen sind ausgestorben. Nicht genug Nahrungsmittel für so viele Menschen auf so engem Raum, haben sie gesagt. Wir verstecken uns in den Ruinen.«
»Gibt es viele von Euch?«, erkundigte sich Hrathen.
»Nein, viele nicht. Bloß die, die es gewagt haben, von den
Gütern wegzulaufen.« In die Augen des alten Mannes trat ein träumerischer Blick. »Ich bin nicht immer ein Bettler gewesen, werter Herr. Hab früher in Elantris gearbeitet. Ich war Schreiner, einer der besten. Ich habe aber keinen allzu guten Bauern abgegeben. Da hatte der König unrecht, werter Herr: Er hat mich auf die Felder geschickt, dabei war ich zu alt für die Arbeit dort. Also bin ich weggelaufen. Bin hierher gekommen. Die Kaufleute in der Stadt, die geben uns manchmal etwas Geld. Aber wir können nur nach Einbruch der Nacht mit dem Betteln anfangen und niemals die hohen Adeligen anbetteln. Nein, Sir, die würden es dem König verraten.«
Der alte Mann blinzelte zu Hrathen empor - als ahnte er zum ersten Mal, warum der Junge so verängstigt war. »Ihr seht mir nicht nach einem Kaufmann aus, werter Herr«, meinte er stockend.
»Ich bin auch keiner«, erwiderte Hrathen und ließ einen Beutel mit Münzen in die Hand des Mannes fallen. »Das ist für Euch.« Dann ließ er einen zweiten Beutel neben den ersten gleiten. »Das ist für die anderen. Gute Nacht, Alter.«
»Vielen Dank, werter Herr!«, rief der Mann.
»Dankt Jaddeth«, sagte Hrathen.
»Wer ist Jaddeth, werter Herr?«
Hrathen beugte den Kopf. »Das werdet Ihr noch früh genug erfahren, Alter. So oder so werdet Ihr es noch erfahren.«
Auf der Mauer von Elantris ging ein böiger, starker Wind, der übermütig an Hrathens Umhang riss. Es war eine kühle Meeresbrise, die den salzigen Geruch nach Ozeanwasser und Meerestieren mit sich brachte. Hrathen lehnte zwischen zwei brennenden Fackeln an der niedrigen Brüstung und blickte auf Kae hinab.
Die Stadt war nicht sehr groß, jedenfalls nicht verglichen mit dem schier überwältigenden Elantris, aber sie ließe sich viel besser befestigen. Seine alte Unzufriedenheit kehrte zurück. Er hasste es, an einem Ort zu sein, der sich nicht selbst schützen konnte. Vielleicht trug das zu der nervlichen Anspannung bei, die ihm bei diesem Auftrag zu schaffen machte.
Lichter glitzerten über ganz Kae verteilt, hauptsächlich Straßenlampen. Eine Reihe davon leuchtete an der Mauer entlang, die die offizielle Stadtgrenze markierte. Die Mauer beschrieb einen vollkommenen Kreis - ja, so vollkommen, dass Hrathen es in jeder anderen Stadt bemerkenswert gefunden hätte. Hier war es lediglich ein weiteres Überbleibsel der Pracht des gefallenen Elantris. Kae hatte sich über jene innere Mauer hinaus ausgebreitet, doch die alte Grenze war geblieben: ein Flammenring, der das Stadtzentrum umgab.
»Es war so viel schöner. Früher«, erklang eine Stimme hinter ihm.
Überrascht wandte Hrathen sich um. Er hatte die Schritte vernommen, die sich ihm genähert

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