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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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einem Achselzucken. »Wenn du etwas dagegen hast, hättest du dich nicht so unersetzlich machen sollen. Kolo?«
»Du hast ja recht«, sagte Raoden mit einem Seufzen. »Komm schon.«
Sie verfielen in Schweigen, als sie sich weiter voranpirschten. Galladon hatte stundenlang protestiert, als Raoden ihm sein Vorhaben eröffnet hatte, zu Shaor zu schleichen und ihm gegenüberzutreten. Der Dula hatte den Plan als tollkühn, unsinnig und einfach nur dumm bezeichnet. Er war jedoch nicht bereit gewesen, Raoden allein losziehen zu lassen.
Raoden wusste, dass der Plan wahrscheinlich tollkühn, unsinnig und all die anderen Dinge war, die Galladon erwähnt hatte. Shaors Männer würden sie ohne viel nachzudenken in Stücke reißen - wahrscheinlich würden sie gar nicht erst nachdenken, wenn man ihre geistige Verfassung bedachte. Doch im Laufe der vergangenen Woche hatten Shaors Männer drei weitere Male versucht, den Garten zu erobern. Saolins Wächter hatten noch mehr Wunden einstecken müssen, während Shaors Leute barbarischer und wilder zu werden schienen.
Raoden schüttelte den Kopf. Zwar stießen immer mehr Mitglieder zu seiner Truppe, doch die meisten seiner Anhänger waren körperlich schwach. Shaors Männer hingegen waren beängstigend stark, und jeder Einzelne war ein Krieger. Ihre Wut gab ihnen Kraft, und Raodens Anhänger würden nicht viel länger gegen sie bestehen können.
Raoden musste Shaor finden. Wenn er nur mit dem Mann reden konnte, würden sie sich gewiss auf einen Kompromiss einigen können. Es hieß, Shaor selbst würde sich nie an den Raubzügen beteiligen. Alle bezeichneten die Bande als »Shaors Barbaren«, aber niemand konnte sich entsinnen, jemals Shaor persönlich gesehen zu haben. Es war gut möglich, dass er bloß ein weiterer Wahnsinniger war, der sich nicht von den anderen unterscheiden ließ. Ebenso möglich war es, dass Shaor sich längst den Hoed angeschlossen hatte und die Truppe ohne Anführer weitermachte.
Doch irgendwie ahnte Raoden, dass Shaor am Leben war. Oder vielleicht wollte Raoden dies einfach glauben. Er brauchte einen Gegner, dem er gegenübertreten konnte. Die Barbaren waren zu verstreut, als dass sie sich wirkungsvoll besiegen lassen würden, und sie waren Raodens Soldaten zahlenmäßig bei Weitem überlegen. Raodens Truppe würde nur dann nicht in eine ausweglose Zwangslage geraten, wenn Shaor tatsächlich existierte, wenn er sich überzeugen ließe und wenn er seine Männer unter Kontrolle hatte.
»Wir sind jetzt nahe dran«, flüsterte Galladon, als sie sich einer letzten Straße näherten. Nicht weit von ihnen entfernt bewegte sich jemand, und sie warteten ängstlich, bis die Geräusche verklungen waren.
»Die Bank.« Galladon nickte in Richtung eines gewaltigen Gebäudes auf der anderen Straßenseite. Es war groß und rechteckig, und die Mauern wirkten selbst im Vergleich zu dem allgegenwärtigen Schmutz dunkel. »Die Elantrier haben die Bank für die ansässigen Kaufleute betrieben, die dort ihren
Reichtum lagerten. Eine Bank in Elantris galt als viel sicherer als eine in Kae.«
Raoden nickte. Manche Kaufleute wie sein Vater hatten den Elantriern nicht vertraut. Letzten Endes hatte sich ihr Starrsinn als klug erwiesen. »Und du glaubst, dass Shaor dort drinnen ist?«
Galladon zuckte die Achseln. »Wenn ich mir ein Hauptquartier aussuchen würde, dann das dort. Riesengroß, gut zu verteidigen, imposant. Ideal für einen Kriegsherrn.«
Raoden nickte. »Dann los!«
Die Bank war zweifellos besetzt. Die schleimige Schmutzschicht vor der Eingangstür war von unzähligen Füßen aufgewühlt, und sie vernahmen Stimmen aus dem hinteren Teil des Gebäudes. Galladon sah Raoden forschend an. Auf dessen Nicken hin betraten sie die Bank.
Das Innere des Gebäudes war genauso trist wie die Fassade: düster und muffig, selbst für die Verhältnisse im gefallenen Elantris. Die Tür zur Schatzkammer - ein großer Kreis, in den dick das Aon Edo eingeritzt war - stand offen, und die Stimmen kamen aus dem Inneren. Raoden holte tief Luft. Er war bereit, dem letzten Bandenanführer gegenüberzutreten.
»Bringt mir etwas zu essen!«, jammerte eine hohe Stimme.
Raoden erstarrte. Er reckte den Hals und lugte in die Schatzkammer. Dann fuhr er überrascht zurück. Am hinteren Ende des Raumes saß ein junges Mädchen in einem unverdorbenen, sauberen rosafarbenen Kleid auf einem Haufen, der aus Goldbarren zu bestehen schien. Sie hatte langes blondes Haar, doch ihre Haut war schwarz und grau wie die

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