Elantris
auf arelischem Boden gesprochen hatte.
Der Arteth zuckte zusammen, als sei er überrascht, dass sein berühmter Gast letztendlich doch noch Laute von sich gab. »Ja, Mylord«, sagte er und bedeutete der Menschenansammlung, sich aufzulösen.
Dies dauerte ärgerlich lange, aber Hrathen ertrug es mit ausdrucksloser Miene. Sobald die Leute fort waren, trat er auf die Priester zu, wobei die Schritte seiner gepanzerten Füße laut auf dem Steinboden der Kapelle widerhallten. Als er schließlich zu sprechen ansetzte, waren seine Worte an Fjon gerichtet.
»Arteth«, sagte er, indem er den derethischen Titel des Mannes benutzte, »das Schiff, das mich hierher gebracht hat, wird in einer Stunde wieder nach Fjorden aufbrechen. Mit Euch an Bord.«
Erschrocken riss Fjon den Mund auf. »Wa-«
»Sprecht fjordellisch, Mensch!«, führ Hrathen ihn an. »Zehn Jahre inmitten der arelischen Heiden können Euch doch wohl nicht so sehr korrumpiert haben, dass Ihr Eure Muttersprache vergessen habt, oder?«
»Nein, nein, Euer Gnaden«, erwiderte Fjon, wobei er von Aonisch zu Fjordellisch wechselte. »Aber ich ...«
»Genug«, unterbrach Hrathen ihn erneut. »Ich habe Befehle vom Wyrn persönlich. Ihr habt viel zu viel Zeit in der arelischen Kultur verbracht - Ihr habt Eure heilige Berufung vergessen und seid nicht in der Lage, für das Wachstum von Jaddeths Reich zu sorgen. Diese Menschen brauchen keinen Freund; sie brauchen einen Priester. Einen derethischen Priester. Man könnte glauben, Ihr wärt korathisch, wenn man Euch zusieht, wie Ihr Euch beim Volk anbiedert. Wir sind nicht hier, um die Menschen zu lieben; wir sind hier, um ihnen zu helfen. Ihr werdet also abreisen.«
Fjon sank mit aufgerissenen Augen und kraftlosen Gliedern gegen einen der Pfeiler des Saales. »Aber wer wird in meiner Abwesenheit der Oberarteth der Kapelle sein, Mylord? Die anderen Artethen verfügen über so wenig Erfahrung.«
»Wir befinden uns an einem historischen Wendepunkt, Arleth«, sagte Hrathen. »Ich werde persönlich in Arelon bleiben, um unser Werk hier voranzutreiben. Möge Jaddeth mir Erfolg gewähren.«
Fr hatte auf ein Arbeitszimmer mit schönerer Aussicht gehofft, doch die Kapelle, so majestätisch sie auch sein mochte, besaß nur ein Stockwerk. Glücklicherweise waren die Anlagen gepflegt, und von seinem - ehemals Fjons - Arbeitszimmer sah man auf adrett gestutzte Hecken und sorgfältig angelegte Blumenbeete hinaus. Nachdem er die Wände von den Gemälden - hauptsächlich bäuerlichen Idyllen - befreit und Fjons umfangreiche persönliche Habe entfernt hatte, war der Raum nun beinahe so würdevoll und ordentlich, wie es einem derethischen Gyorn angemessen war. Jetzt fehlten nur noch ein paar Gobelins und vielleicht ein oder zwei Schilde.
Vor sich hin nickend wandte Hrathen seine Aufmerksamkeit wieder der Schriftrolle auf seinem Schreibtisch zu. Seine Befehle. Er wagte kaum, sie in seinen Händen zu halten. Wieder und wieder las er still die Worte und prägte seiner Seele sowohl ihre physische Gestalt als auch ihre theologische Bedeutung ein.
»Mylord ... Euer Gnaden?«, fragte eine leise Stimme auf Fjordellisch.
Hrathen hob den Blick. Fjon betrat das Zimmer und kauerte sich dann demütig nieder, die Stirn am Boden. Hrathen gestattete sich ein Lächeln, da er wusste, dass der reuige Arteth sein Gesicht nicht sehen konnte. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung für Fjon.
»Sprecht«, sagte Hrathen.
»Ich habe gefehlt, Mylord. Ich habe den Plänen unseres Herrn Jaddeth zuwidergehandelt.«
»Eure Sünde war die Selbstgefälligkeit, Arteth. Zufriedenheit hat mehr Nationen zerstört als jedes Heer, und sie hat die Seelen von mehr Menschen gefordert als selbst die elantrischen Ketzereien.«
»Sehr wohl, Mylord.«
»Ihr müsst dennoch abreisen, Arteth«, sagte Hrathen.
Der Mann ließ die Schultern leicht hängen. »Gibt es für mich denn keinerlei Hoffnung, Mylord?«
»Aus Euch spricht arelische Torheit, Arteth, nicht fjordellischer Stolz.« Hrathen griff nach unten und packte den Mann an der Schulter. »Erhebt Euch, mein Bruder!«, befahl er.
Fjon blickte empor, und in seine Augen kehrte Hoffnung zurück.
»Euer Geist mag von arelischem Gedankengut befleckt worden sein, aber Eure Seele ist immer noch fjordellisch. Ihr gehört Jaddeths auserwähltem Volk an - es gibt für alle Fjordeller einen Platz in seinem Reich, um ihm zu dienen. Kehrt in unsere Heimat zurück und begebt Euch in ein Kloster, um Euch wieder mit den Dingen vertraut zu machen, die Ihr
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