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Elantris

Elantris

Titel: Elantris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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sie bisher zu Gesicht bekom men hatte. Allerdings wusste sie nicht, ob das bedeutete, dass er früher hellhäutig gewesen war, oder ob es einfach darauf schließen ließ, dass er kürzere Zeit als die Übrigen in Elantris verbracht hatte. Sein ovales Gesicht war vielleicht einmal schön gewesen, bevor die Shaod es zerstört hatte. Er war kein Diener; dazu war sein Gang zu stolz. Sarene nahm an, dass er zwar den einfachen Boten mimte, in Wirklichkeit jedoch ein getreuer Gefolgsmann eines der elantrischen Bandenanführer war.
    »Wie heißt Ihr?«, fragte sie in bewusst nichts sagendem Tonfall. Er gehörte einer der drei Gruppen an, die laut Ashes Quellen wie Kriegsherren über die Stadt herrschten und die Menschen versklavten, die neu in die Stadt geworfen wurden.
    Der Mann antwortete nicht sofort. »Man nennt mich Lebensgeist«, sagte er schließlich.
Ein seltsamer Name, dachte Sarene, für einen Mann, der nur mehr ein Schatten dessen ist, was er einmal gewesen sein muss.
    Sie näherten sich einem gewaltigen Bauwerk, das dem Mann namens Lebensgeist zufolge früher einmal die Universität von Elantris gewesen war. Sarene betrachtete das Gebäude mit kritischem Blick. Es war von der gleichen eigenartigen, bräunlich grünen Schmutzschicht überzogen, die auch die restliche Stadt bedeckte, und selbst wenn das Bauwerk früher einmal prachtvoll gewesen sein mochte, war es nun nichts weiter als eine Ruine unter vielen. Sarene zögerte, als ihr Führer das Gebäude betrat. Ihrer Einschätzung nach würde das obere Stockwerk in nicht allzu ferner Zukunft einstürzen.
    Sie warf Eondel einen Blick zu. Der ältere Mann war besorgt und rieb sich nachdenklich das Kinn. Dann zuckte er mit den Schultern und nickte Sarene zu. Wenn wir schon einmal so weit gekommen sind ..., schien er ihr bedeuten zu wollen.
Daraufhin führte Sarene die Gruppe aus Freunden und Soldaten in das Gebäude, wobei sie sich redlich Mühe gab, nicht an die durchhängende Decke zu denken. Glücklicherweise mussten sie sich nicht weit vorwagen. An der Rückwand des ersten Raumes stand eine Gruppe Elantrier, deren dunkelhäutige Gesichter in dem trüben Licht kaum zu erkennen waren. Zwei standen auf etwas, was wie die Trümmer eines umgestürzten Tisches aussah, sodass sie die anderen um einen guten Kopf überragten.
    »Aanden?«, fragte Sarene.
»Und Karata«, erwiderte die zweite Gestalt, bei der es sich anscheinend um eine Frau handelte, obwohl sie sich aufgrund des kahlen Schädels und der runzeligen Haut
    kaum von einem Mann unterscheiden ließ. »Was wollt Ihr?«
»Soviel ich weiß, seid Ihr verfeindet«, argwöhnte Sarene.
»Uns sind kürzlich die Vorteile eines Bündnisses klar geworden«, sagte Aanden. Er
    war ein kleiner Mann mit wachsamen Augen. Sein schmales, verschrumpeltes Gesicht erinnerte an ein Nagetier. Das wichtigtuerische Gehabe des Mannes überraschte Sarene nicht weiter.
    »Und der Mann namens Shaor?«, erkundigte sich Sarene.
Karata lächelte. »Einer der eben erwähnten Vorteile.«
»Tot?«
Aanden nickte. »Wir herrschen jetzt über Elantris, Prinzessin. Was wollt Ihr?« Sarene antwortete nicht sofort. Sie hatte vorgehabt, die drei verschiedenen
Bandenanführer gegeneinander auszuspielen. Einem vereinten Feind würde sie anders gegenübertreten müssen. »Ich möchte Euch bestechen«, sagte sie freimütig.
    Die Frau hob interessiert eine Augenbraue, doch der kleine Mann schnaubte nur verächtlich. »Wozu brauchen wir schon Eure Bestechungsgelder, Weib?«
Sarene hatte dieses Spielchen schon viel zu oft gespielt. Aanden wirkte desinteressiert, offensichtlich ein Mann, der nicht an ernsthafte politische Verhandlungen gewöhnt war. Im Laufe ihrer Arbeit beim diplomatischen Korps ihres Vaters war sie Dutzende Male Männern wie ihm begegnet - und sie war sie gründlich leid.
»Seht mal«, sagte Sarene, »reden wir doch einfach offen miteinander. Offensichtlich seid Ihr nicht sehr gut im Verhandeln, also wäre es reine Zeitverschwendung, lange herumzudiskutieren. Ich möchte den Einwohnern von Elantris Nahrungsmittel bringen, und Ihr werdet Euch mir widersetzen, weil Ihr denkt, das würde Eure Machtposition schwächen. In diesem Augenblick überlegt Ihr Euch wahrscheinlich gerade, wie Ihr es anstellen könnt, zu kontrollieren, wer von meinen Gaben profitiert und wer nicht.«
Der Mann wand sich unbehaglich, und Sarene lächelte. »Deshalb werde ich Euch bestechen. Was wollt Ihr dafür, dass Ihr die Leute ungehindert herkommen und Essen holen

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