Elantris
hier in Elantris abzulegen.«
»Das ist gut gelaufen«, sagte Eondel, den Blick auf ihren Führer gerichtet, der wieder in Elantris verschwand.
»Ihr seid gut dabei weggekommen«, stimmte Shuden ihm zu. »Die Dinge, die sie verlangt haben, lassen sich ohne größere Ausgaben auftreiben.«
Sarene nickte kaum merklich. Sie strich mit den Fingern an der Seite des Holzkarrens entlang. »Ich hasse es nur, mit solchen Leuten zu verhandeln.«
»Vielleicht urteilt Ihr zu streng«, sagte Shuden. »Sie haben gar nicht so sehr wie Tyrannen gewirkt, sondern vielmehr wie Leute, die das Beste aus einem sehr schwierigen Leben zu machen versuchen.«
Sarene schüttelte den Kopf. »Ihr solltet ein paar der Geschichten hören, die Ashe mir erzählt hat, Shuden. Die Wachen sagen, wenn neue Elantrier in die Stadt geworfen werden, stürzen sich die Banden wie Haifische auf sie. Die wenigen Nahrungsmittel, die in die Stadt gelangen, enden bei den Bandenanführern, die die übrigen Menschen einfach hungern lassen.«
Shuden zog eine Augenbraue empor und blickte zu den elantrischen Stadtwächtern hinüber, die Sarenes Hauptinformationsquelle darstellten. Die Männer lehnten träge auf ihre Speere gestützt und sahen desinteressiert zu, wie die Adeligen anfingen, den Karren zu entladen.
»Na gut«, räumte Sarene ein. Sie kletterte auf den Karren und reichte Shuden eine Kiste mit Gemüse. »Vielleicht ist das nicht die zuverlässigste Quelle, aber wir haben den Beweis vor Augen.« Sie machte eine ausholende Geste in Richtung der ausgemergelten Gestalten, die sich in den Seitenstraßen dräng ten. »Seht Euch ihre tief liegenden Augen an und die ängstliche Art, wie sie sich bewegen. Das sind Menschen, die in Angst leben, Shuden. Ich habe das bereits in Fjorden, Hrovell und einem halben Dutzend anderer Länder mit angesehen. Ich weiß, wie ein unterdrücktes Volk aussieht.«
»Stimmt«, gab Shuden zu und nahm Sarene die Kiste ab, »aber die so genannten Anführer sahen mir nicht viel besser aus. Vielleicht sind sie keine Unterdrücker, sondern gehören selbst zu den Unterdrückten.«
»Vielleicht«, sagte Sarene.
»Mylady«, protestierte Eondel, als Sarene eine weitere Kiste emporhob und an Shuden weiterreichte. »Ich wünschte, Ihr würdet beiseite treten und uns die Kisten tragen lassen. Es ziemt sich einfach nicht.«
»Das schaffe ich schon, Eondel«, sagte Sarene und reichte ihm eine Kiste. »Es gibt einen guten Grund, weswegen ich keine Dienstboten mitgebracht habe: Ich wollte, dass wir alle Hand anlegen. Euch eingeschlossen, Mylord«, fügte Sarene hinzu und nickte Ahan zu, der einen schattigen Ruheplatz in der Nähe des Tores gefunden hatte.
Ahan erhob sich seufzend und watschelte in den Sonnenschein. Für einen Tag so nahe am Frühlingsanfang war es außergewöhnlich heiß geworden, und die Sonne brannte auf sie herab. Allerdings hatte nicht einmal diese Hitze es vermocht, den allgegenwärtigen elantrischen Schmutz zu trocknen.
»Ich hoffe, Ihr wisst mein Opfer zu schätzen, Sarene«, rief Ahan. »Dieser Schleim ruiniert mir völlig den Umhang!«
»Geschieht Euch recht.« Sarene reichte dem Grafen eine Kiste mit gekochten Kartoffeln. »Ich habe Euch doch gesagt, Ihr sollt keine teuren Sachen anziehen.«
»Ich besitze nur teure Sachen, meine Liebe«, sagte Ahan und nahm die Kiste mit verdrossener Miene entgegen.
»Wollt Ihr damit etwa sagen, dass Ihr tatsächlich Geld für das Gewand gezahlt habt, das Ihr zu Neodens Hochzeit getragen habt?«, fragte Roial, der lachend zu ihnen trat. »Bis dahin war mir nicht klar gewesen, dass es so einen Orangeton überhaupt gibt, Ahan.«
Die Miene des Grafen verdüsterte sich, und er schleppte seine Kiste zur Vorderseite des Karrens. Sarene reichte Roial keine Kiste, und er machte auch keine Anstalten, eine entgegenzunehmen. Als jemand vor ein paar Tagen bemerkt hatte, dass der Herzog humpelte, hatte der ganze Hof von nichts anderem gesprochen. Es gingen Gerüchte um, er sei eines Morgens beim Aufstehen gestürzt. Bei Roials lebhafter Art vergaß man allzu leicht, dass er in Wirklichkeit ein sehr alter Mann war.
Sarene verfiel in einen gewissen Rhythmus und reichte eine Kiste nach der anderen an Hände weiter, die sich ihr entgegenstreckten. Deshalb merkte sie zuerst auch nicht, dass sich eine neue Gestalt zu ihnen gesellt hatte. Bei einer der letzten Kisten sah sie zufälligerweise zu dem Mann auf, der die Last entgegennahm. Beinahe hätte sie erschrocken die Kiste fallen lassen, als sie sein Gesicht
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