Elben Drachen Schatten
jedoch, dass die Verbindung untereinander gehalten wurde und es nicht etwa zu einer Verstreuung der Elben kam. Die künftige Expansion, an die außer dem König im Moment noch kaum einer jener Elben dachte, da sie genug damit zu tun hatten, Elbenhaven zu errichten, musste gut vorbereitet werden. Expeditionen zur See und zu Lande waren dafür unerlässlich.
Zunächst schickte König Keandir Kundschaftertrupps in die Umgebung von Elbenhaven aus. Der junge Elbenkrieger Branagorn meldete sich freiwillig, um an diesen Erkundungen teilzunehmen. Während der Lebensüberdruss bei den anderen Betroffenen selbst in schweren Fällen durch dieses neue, so völlig andere Leben zumindest gedämpft wurde, zeigte sich bei seiner geliebten Cherenwen keinerlei Verbesserung ihres Zustands. Alle Bemühungen der Heilerin Nathranwen schienen vergebens. Allenfalls zeitweise war eine Linderung der Symptome und eine leichte Aufhellung der Stimmung zu verzeichnen. Aber zu einem durchschlagenden Erfolg führte dies nicht.
Und so hoffte Branagorn in den Weiten des Landes, das er erkunden sollte, vielleicht bisher unbekannte Pflanzen oder Heilkräuter zu finden. Nathranwen unterwies ihn darin, solche Pflanzen zu erkennen, von denen es in den alten Schriften teilweise sehr detaillierte Abbildungen verbunden mit genauesten Beschreibungen gab. »Allerdings bedenkt, dass dies alles Kräuter und Heilmittel aus Athranor waren«, sagte die Heilerin zu dem jungen Krieger. »Es ist nicht gesagt, dass dieselben Pflanzenarten auch hier in Elbiana wachsen. Und darüber hinaus fehlt uns bei vielen dieser Gewächse inzwischen die Erfahrung bei der Dosierung und das genaue Wissen um die Wirkung.«
Während der elbischen Seereise hatten die Heiler Unmengen an Essenzen und Konzentraten mitgeführt, um für alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Doch dieser Vorrat war inzwischen zu großen Teilen aufgebraucht. So hatten schon bei der Durchquerung des Nebelmeeres viele Heilmittel gar nicht mehr zur Verfügung gestanden und andere lediglich in so geringen Mengen, dass man sie nur in sehr schweren Fällen, bei denen man aber dennoch die Möglichkeit einer Heilung sah, verwendete.
»Ich sagte ja schon, dass Ihr Euch nicht zu große Hoffungen machen dürft«, setzte Nathranwen noch hinzu, die sehr wohl registrierte, wie sehr Branagorn darunter litt, dass es offenbar nichts gab, was er tun konnte, um seiner Liebsten zu helfen.
»Wenn ich ehrlich bin, dann ist es nicht nur die Hoffnung für Cherenwen, die mich hinaus in dieses Land treibt«, gestand er, »sondern auch die Aussicht, meinem Kummer zumindest für eine gewisse Zeit zurücklassen zu können.«
»Das ist nur allzu verständlich«, erwiderte Nathranwen mit nachsichtigem Lächeln, doch in ihren Zügen war Besorgnis zu lesen.
So erforschte Branagorn und ein Trupp von fünfzig Elbenkriegern nach und nach das Hochland, das sich an die Küste anschloss. Hoch-Elbiana würde dieses Gebiet schon bald genannt werden.
Die Erforschung dieses Landes ging recht langsam von statten, da die Elben nur die eigenen Füße als Transportmittel blieben und das Gebiet recht unwegsam war. Erst als sie nach und nach die Hügel- und Grasländer von Mittel-Elbiana erreichten, stießen sie auf Herden wilder Pferde.
In der Alten Zeit hatten die Elben Pferde gezüchtet und sie wie kein anders Volk zu zähmen gewusst. Aber auf die Seereise hatte man sie nicht mitnehmen können. Obwohl die Pferde aus den elbischen Züchtungen viel älter wurden als jene in freier Natur oder gar die grobschlächtigen Exemplare, auf denen die legendären Menschen angeblich zu reiten pflegten, war ihre Lebensspanne noch immer so verschwindend kurz, dass sie schon in der ersten Phase der Seereise eingegangen wären. Und an eine Züchtung und vor allem Ausbildung von Pferden während einer Seereise, deren Ende unabsehbar war, war überhaupt nicht zu denken gewesen. Nicht einmal die feinfühligsten elbischen Pferdeausbilder hatten sich dieses zugetraut. So hatte man auf die Mitnahme von Pferden notgedrungen verzichtet, die Bestände an hochwertigen Zuchttieren wieder ausgewildert und darauf vertraut, dass es in der neuen Heimat entweder landeseigene Pferderassen gab, die sich durch Zucht zu brauchbaren Reittieren machen ließen, oder die Erfindungsgabe der Elben sie über kurz oder lang andere mechanische oder magische Transportmittel entwickeln ließen.
Branagorn und seinen Begleitern gelang es nach einigen Mühen, ein paar der wilden Pferde
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