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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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nicht geschehen«, entgegnete Thamandor zuversichtlich. »Mein König, das wird niemals geschehen, denn dazu ist Elbiana zu sehr Sinnbild unserer Sehnsucht geworden!«
    »Denkt an den Traum von Bathranor, an dem wir so lange festgehalten haben, und Ihr seht, was aus solchen Sinnbildern werden kann«, erwiderte Keandir. »Die Gestade der Erfüllten Hoffnung wurden zu einer gestaltlosen Chimäre.«
    »Mit Elbenhaven kann das nicht geschehen!«, war Thamandor überzeugt. »Es ist jetzt schon greifbar. So greifbar, wie die Mechanismen und Maschinen, die ich entwickle.« Und mit diesen Worten umfasste er die nach vorn gerichteten Griffe seiner Einhandarmbrüste.
    »Es ist immer die Zeit, die den entscheidenden Faktor darstellt. Und es war immer unser Fehler, dass wir glaubten, diesen Faktor nicht beachten zu müssen, da wir so langlebig sind«, entgegnete Keandir. »Aber das war ein Irrtum. Die Zeit macht irgendwann aus jedem greifbaren Traum eine Chimäre, von der niemand mehr wirklich weiß, welche Gestalt sie eigentlich besitzt und ob es überhaupt noch erstrebenswert ist, ihr zu folgen.«
    Keandir war in seinen jungen Jahren von Seelenmeister Maéndir nicht nur in geistiger Disziplin unterrichtet worden, dieser uralte Lehrer hatte ihn auch mit dem Inhalt der wichtigsten überlieferten elbischen Schriften vertraut gemacht. Dass es sich dabei nur um einen kleinen Bruchteil des überlieferten Elbenwissens handelte, war dem jungen König natürlich durchaus bewusst gewesen. Aber es reichte aus, um selbst eine Orientierung für die Zukunft zu finden und dem Volk der Elben als König die Richtung weisen zu können.
    Immer wieder war in diesen Überlieferungen von Anführern die Rede, die erst als große Retter gefeiert worden waren, später aber von ihren Anhängern verflucht wurden.
    »Ihr geht mit einer Ungeduld zu Werke, als stünde Euch nur ein Menschenleben zur Verfügung, um Elbiana aufzubauen«, sagte Prinz Sandrilas einmal zu seinem König.
    »Die Vegetation gibt Hinweise darauf, dass wir in diesem Land mit einem Wechsel der Jahreszeiten zu rechnen haben«, erwiderte Keandir.
    »Das ist richtig, doch bis zum Einbruch des Winters werden wir die Stadt niemals errichten können«, war Sandrilas überzeugt. »So sehr wir uns auch anstrengen mögen, es ist einfach nicht zu schaffen.«
    »Nein, das ist wahr«, stimmte Keandir zu. »Und gewiss werden meine Kinder noch in einem Zeltlager zur Welt kommen. Das ist nicht weiter schlimm – aber wenn bis dahin nicht wenigstens zu erahnen ist, wie Elbenhaven einst aussehen wird, dann wird unter dem grauen, kalten Winterhimmel der Schwermut wieder Überhang nehmen.«
    Sandrilas verzog das Gesicht. »Viel Vertrauen habt Ihr nicht in das Durchhaltevermögen Eures Volkes.«
    »Wurde er denn je wirklich geprüft, werter Sandrilas?«
    »Nicht so, wie es jetzt der Fall ist, das mag sein.«

    Tag um Tag gingen die Arbeiten voran. Tage sammelten sich zu Wochen und Monaten. Und zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wurden Wochen und Monate bei den Elben überhaupt wieder gezählt. Als sich die Flotte im Nebelmeer verloren hatte, war jeglicher Bezug zur Zeit unwichtig geworden, und man hatte daher ihre Messung auch nahezu vollkommen aufgegeben. Die kleineren Einheiten waren dabei als erste bedeutungslos geworden. Was war ein Herzschlag, wenn eine Ewigkeit verging? Kam es da auf Stunden, Tage oder Wochen an?
    Doch jetzt beobachtete man wieder den Lauf der Zeit. Alte Sonnen-, Sand- und Wasseruhren wurden wieder in Betrieb genommen, um das Verrinnen der Zeit genauer verfolgen zu können.
    Neben dem Fortschritt beim Bau der Hauptstadt legte Keandir auch großes Gewicht auf die Erforschung des umliegenden Landes. Falls dort bisher verborgen gebliebene Feinde lauerten, so wollte er dies frühzeitig wissen. Außerdem hatte er in seiner Vorstellung die Entwicklung Elbianas bereits weit vorweggenommen. Er dachte daran, dass die Elben sich ausbreiteten und weitere Städte, Burgen und Häfen errichteten, sodass schließlich ein Reich entstand, das diese Bezeichnung auch verdiente.
    Von Natur aus waren Elben eigentlich nicht für das Leben in drangvoller Enge geschaffen, und manch ein Heiler vermutete in der Missachtung dieser Tatsache auch die Ursache dafür, dass die Krankheit des Lebensüberdrusses während der großen Seereise um so vieles häufiger aufgetreten war als in all den Epochen davor. So war es ohnehin nur eine Frage der Zeit, wann neue Kolonien gegründet werden würden.
    Keandir wollte

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