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Elben Drachen Schatten

Elben Drachen Schatten

Titel: Elben Drachen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Die durchscheinende Gestalt von Brass Elimbor war wie aus dem Nichts erschienen. Aber diesmal war es keine Spiegelung der eigenen Seele. Diesmal war es tatsächlich der Eldran, zu dem der ehemalige Obere des elbischen Schamanenordens geworden war. Andir spürte die Aura, die ihn umflorte, und musste unwillkürlich schlucken.
    »Sieh selbst!«, sagte Brass Elimbor und streckte die durchscheinende Geisterhand in Richtung der schroffen Felswand aus. Dort erschienen Bilder und bewegte Szenen, die zuvor bereits immer wieder Andirs Geist heimgesucht hatten. Er sah den Elbenturm und eine Schar von fast tausend Katzenkriegern, die auf Riesenfledertieren ritten. Schlaglichtartig sah er Szenen aus der Schlacht, die gegenwärtig um den Elbenturm tobte. Und er erkannte, dass die Schlacht in einem Gemetzel umzuschlagen drohte. Die kleine Schar von Verteidigern hatte nicht den Hauch einer Chance. Der Flammenspeer versagte, und Thamandor der Waffenmeister stellte sich, den Leichten Tod in der Hand, neben seinen König, um sich gemeinsam mit ihm gegen die unerbittlichen Angriffe der anderen Seite zu wehren. Keandir ließ Schicksalbezwinger kreisen und konnte sich noch am besten der Feuerwesen erwehren, die den Fackeln der Katzenkrieger entsprangen.
    »Ich hätte meine Sinne öffnen müssen, dann hätte ich die Gefahr kommen sehen und hätte mich rechtzeitig zum Elbenturm begeben können, um meinem Vater beizustehen«, sagte Andir mit belegter Stimme. »So gibt es nichts, was ich noch tun könnte.«
    »Du weißt, dass dies eine Ausrede ist«, widersprach Brass Elimbor. » Ich kann nichts tun, da ich in der Welt der Diesseitigen nicht eingreifen kann. Aber du kannst es durchaus.«
    »Der Elbenturm liegt fast fünfhundert Meilen vom Horn von Eldrana entfernt«, erwiderte Andir. »Auch meine Magie ist nicht mächtig genug, um über eine so große Distanz den Invasoren Einhalt zu gebieten.«
    »Alle Beschränkungen der Zeit und des Raums sind Illusion.«
    »Ein Axiom des Schamanenordens«, murmelte Andir.
    »… der seit dem Aufbruch aus Athranor ein bisschen in Vergessenheit geraten ist, wie ich fürchte«, fügte Brass Elimbor hinzu.
    »Was soll ich tun, Brass Elimbor?«
    »Was du tun kannst, Elbenmagier, weißt du selbst. Ich kann dir nur helfen, an den Ort des Geschehens zu gelangen.«
    »Es ist lange her, dass ich gekämpft habe.«
    »Du fürchtest, es verlernt zu haben?«
    »Ist der Gedanke so abwegig?«
    »Es stimmt, dass du es für eine gewisse Zeit vorgezogen hast, dich mit dir selbst zu beschäftigen und dich den Schatten deiner Seele zu stellen, die du so lange verleugnet hast. Aber das ist jetzt vorbei, Andir. Du müsstest die neue Kraft doch in dir spüren!«
    »Das tue ich, aber …«
    »Erinnere dich an die Schlacht an der Aratanischen Mauer!«
    »Damals war ich nicht allein. Ich hatte die spirituelle Unterstützung der gesamten Magiergilde und aller elbischen Schamanen, um Riboldirs Zauber durchzuführen, die Aratanische Mauer zu errichten und Felsbrocken auf das Heer des Eisenfürsten Comrrm niederregnen zu lassen. Wenn du mich noch vor dem Ende des Gemetzels zum Elbenturm bringen würdest, wäre das erstaunlich genug angesichts der Passivität, die wir inzwischen von den Eldran gewohnt sind. Aber ich glaube kaum, dass du es vermagst, hundert Elbenmagier dort rechtzeitig zu versammeln, sodass sie ihren Geist zusammenschließen können. Doch genau das wäre notwendig.«
    »Rede nicht schlecht über die Eldran«, wies Brass Elimbor den Königssohn zurecht. »Du wärst selbst fast einer geworden, hättest du dich nicht deinen Seelenschatten gestellt und wärst nicht auf dem Weg der Verklärung fortgeschritten. Und deine Passivität und Teilnahmslosigkeit ist weitaus beklagenswerter als die der Eldran, denn immerhin gehörst du noch der diesseitigen Welt an.« Deutlich war der Ärger aus Brass Elimbors Stimme herauszuhören. Er seufzte. »Vielleicht hätte ich mich doch an all die anderen Magier und Schamanen wenden sollen, auch wenn deren spirituelle Schwäche inzwischen so weit fortgeschritten ist, dass es vermutlich gar keinen Sinn machen würde, sie am Elbenturm zusammenzurufen, da ihre Kräfte für Riboldirs Zauber oder irgendeine andere mächtige Hexerei gar nicht mehr ausreichen.«
    Die Gestalt des ehemaligen Oberhaupts des Schamanenordens wurde blass und durchscheinend. Er wandte sich ab und schritt hinein in das Felsgestein des Steilhangs, das von dem Leuchten seiner geisterhaften Erscheinung durchdringen wurde.

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