Elben Drachen Schatten
»Leb wohl, Andir. Ich habe mich offenbar in dir getäuscht …«
»Warte!«, rief der ältere Zwillingssohn König Keandirs.
Die durchscheinende, schon beinahe völlig im Stein verschwundene Geistergestalt Brass Elimbors drehte sich noch einmal um. »Ich habe die Zeit, die einem Eldran in der Welt der Diesseitigen gestattet ist, lange überschritten, und es hat mich schon einen Großteil meiner Kraft gekostet, mit dir überhaupt in Verbindung zu treten, Prinz Andir.«
»In den Träumen … Warst du das auch?«
»In den Träume der Lebenden zu erscheinen, ist eine kräftesparende Möglichkeit der Eldran, mit den Diesseitigen in Kontakt zu treten«, erklärte die Geistergestalt.
»Ich hielt diese Erscheinungen für Widerspiegelungen meiner eigenen Seele, denen ich im Geist eine Gestalt verlieh.«
»Spielt das eine Rolle, Andir?«, fragte die Geistergestalt, und milder Tadel schwang in ihrer Stimme mit. »Spielt es eine Rolle, wer die Wahrheit sagt? Ist es nicht viel wichtiger, was die Wahrheit ist?«
Brass Elimbor wandte Andir wieder den Rücken zu. Seine Erscheinung war fast nicht mehr zu sehen und bereits auf die Größe einer Armlänge geschrumpft, als würde der Elbenprinz ihn aus großer Entfernung sehen.
»Bring mich zum Elbenturm, falls du dies vermagst!«, rief Andir, kurz bevor die Gestalt des Eldran völlig verschwunden wäre.
Brass Elimbor drehte sich noch einmal herum. »Es gibt eine Abkürzung dorthin - durch die Zwischenwelt.« Er streckte die Hand aus. »Komm!«
»Da ist nur Gestein! Eine Felswand!«
»Da ist eine Wand in deinem Kopf, Andir. Nichts weiter.«
»Aber …«
»Komm einfach!«
Und Andir trat auf Brass Elimbor zu – vorsichtig, tastend. Aber vom Felsgestein war nichts zu spüren.
Die Schlacht um den Elbenturm tobte. Überall wurde inzwischen gekämpft. Ein Drittel der Elben, die sich innerhalb der Mauern der Manufaktur befanden, waren bereits dahingemetzelt, die meisten Werkstattgehilfen und ihre Familie nicht mehr am Leben; grausam waren viele von den Feuerwesen zerstückelt worden, und diejenigen, die es geschafft hatten, ihnen zu entkommen, waren den Katzenkriegern zum Opfer gefallen.
Die Flammenwesen drangen in die Gebäude ein, brannten sich mit ihren glühenden Feuerklingen durch die schweren hölzernen Türen oder Fensterläden, und das Glas platzte bereits bei der ersten Berührung mit dem magischen Feuer.
Die Angehörigen der elbischen Wachmannschaften konnten die Erbarmungswürdigen nicht schützen; wenn sie Glück hatten, schafften sie es gerade, ihre eigene Haut zu retten, indem sie die angreifenden Feuerwesen solange auf Distanz hielten, bis diese ihre Kraft verloren und verloschen.
Der blinde Rhiagon war in seinem Gästegemach zurückgeblieben. Nur der Heiler Piandolas war bei ihm, als ein Katzenkrieger mit wuchtigem Tritt die Tür zur Seite schmetterte. Ein fauchender Laut kam aus dem tierhaften Maul, von dessen langen Eckzähnen Speichel troff, der zischend auf den Steinboden traf und sich dort hineinätzte.
Er trug einen dunklen, metallisch schimmernden Harnisch, auf dem ein verschnörkeltes rotgoldenes Zeichen prangte, das Flammen symbolisieren sollte. In der Rechten hielt er ein Rapier, das im Wesentlichen jenen Rapieren glich, wie auch Elben und Halblinge sie benutzten und die neuerdings sogar unter Elbareanern und anderen Elben-Rhagar beliebt geworden waren. Es handelte sich um ein Schwert mit zweischneidiger Klinge, die in der Mitte perforiert war, um ihren Besitzer im Kampf beweglicher zu machen.
In der Linken hielt er eine keulenförmige Fackel, deren Kopf mit einer pechartigen Substanz bestrichen war. Das Feuer flackerte unruhig.
»Es ist jemand im Raum!«, stellte Rhiagon fest. Er erhob sich von seinem Lager. Das Schwert hatte er neben sich gelegt, sodass er genau wusste, wo sich die Klinge befand. Doch er griff nicht zum Schwert, sondern zur Einhandarmbrust, die auf dem Tischchen neben dem Bett lag. Ein Bolzen mit magischem Gift war bereits eingespannt.
Piandolas hingegen murmelte einen magischen Abwehrzauber, der dem Katzenkrieger irgendwie unangenehm zu sein schien, denn er wich laut fauchend einen Schritt zurück.
Ein weiterer Katzenkrieger trat in den Raum, wie der erste bewaffnet mit einem Rapier und einer Fackel. Nur war dieser Katzenkrieger ungefähr einen Kopf größer als sein Kampfgefährte.
Piandolas murmelte noch einmal den Abwehrzauber, woraufhin beide Katzenartigen wütend fauchten.
Der Größere entließ den Feuerdämon von
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