Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elbenbiss /

Elbenbiss /

Titel: Elbenbiss / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonja Züllig
Vom Netzwerk:
ausmachen, Wladimir? Sie stört mich beim Fahren.« Ich warf dem noch immer blassen Gesellen einen Blick im Rückspiegel zu.
    »Aber ich habe solche Angst im Dunkeln«, flüsterte der.
    Irgendetwas in seiner Stimme machte mich butterweich. »Dann lass sie eben an, aber achte darauf, dass du mich nicht blendest, ja?«, hörte ich mich sagen und warf erneut einen Blick in den Rückspiegel.
    Da war es bereits passiert.
    Wolf stieß einen kehligen Laut aus, und Elanor schrie auf. Im selben Moment prallte etwas von rechts gegen den Wagen und wurde kurz darauf vom Hinterrad überrollt. Das Geräusch splitternder Knochen war ekelerregend. Ich stieg voll auf die Klötze. Wolf krachte wuchtig gegen die Abdeckung des Handschuhfachs und die Windschutzscheibe.
    »Scheiße!«, stieß ich hervor. »Was war das?«
    »Ein Katze! Hast du sie denn nicht gesehen?«
    »Glaubst du, ich hätte sie überfahren, wenn ich sie gesehen hätte?«, zischte ich ungehalten und drehte mich um. Elanor stopfte gerade eine Haarsträhne unter ihre verrutschte Mütze. Im seltsamen Licht von Wladimirs kleiner Lampe schimmerte sie golden.
    Okay, Ruhe bewahren.
    »Ist jemand verletzt?«, fragte ich in die Runde. Allgemeines Kopfschütteln war die Antwort. Auf Wolfs Stirn spannte sich die Haut und glänzte verdächtig. Er hatte sich eine schöne Beule eingehandelt, aber sonst schien ihm nichts zu fehlen. Glück gehabt. Der hätte sich ja anschnallen können.
    Ich lenkte den Wagen in die Wiese neben der Straße und schaltete die Warnblinker ein. »Kommst du mit nachschauen?«, fragte ich Wolf, aber der schüttelte den Kopf und wandte sich ab.
    Na dann nicht, Angsthase.
    Im Schein meiner Hightech-Taschenlampe fand ich das traurige Häufchen, das vor kurzem noch eine Katze gewesen war, sofort. Ich hatte sie voll erwischt, da war definitiv nichts mehr zu machen. Ich wollte bereits zurückgehen, als ich ein dünnes Piepen hörte. Eigentlich eher ein hohes Fiepen, das ich nicht einordnen konnte. Meine Taschenlampe malte Lichtlinien in die Wiese, und dann fand ich sie. Zwei niedliche, kleine Kätzchen, ein schwarzes und ein getigertes Knäulchen.
    Was zum Teufel machen die denn hier?, zuckte es durch meine Hirnwindungen, und im nächsten Moment wurde mir klar, dass ich soeben ihre Mutter flachgefahren hatte.
    »Wir können sie nicht hierlassen, Michael.«
    Ich stieß einen Schrei aus und fuhr herum. Wie schaffte es diese Frau bloß, mit solchen Stiefeln geräuschlos zu gehen? Das war doch gar nicht möglich! Oder war ich so auf die Kätzchen konzentriert gewesen, dass ich Elanor schlicht nicht gehört hatte?
    »Wir müssen sie mitnehmen, Michael«, sagte sie eindringlich. »Ich spüre es. Die Ahnen wollen es, wegen Wolf.« Sie langte mit einer graziösen Bewegung nach den beiden Tierchen, die sofort verstummten und sich vertrauensvoll an sie kuschelten. Ich schüttelte derweil verwirrt den Kopf. Die Ahnen? Wegen Wolf?
    Als ich mich wieder hinter das Steuer setzte, starrte der mich an, als ob ich der Leibhaftige wäre.
    Ich starrte zurück. Mit seiner Stirn stimmte etwas nicht, aber mir wollte nicht einfallen, was. Er war kreideweiß und zitterte. Schweiß rann ihm über das Gesicht in den Bart, und seine Augen glänzten fiebrig.
    »Was hast du?«, fragte ich und befürchtete, dass er sich doch ernsthaft verletzt hatte.
    Dann begriff ich. »Wolf, die beiden Kätzchen sind winzig. Du könntest sie mit zwei Fingern zerquetschen.«
    »Wage das ja nicht!«, zischte Elanor hinter mir.
    Alle Beschwichtigungsversuche nützten nichts. Der arme Kerl atmete schwer, schwitzte weiter, öffnete und schloss pausenlos seine riesigen Pranken und starrte aus dem Fenster. Jedes Mal wenn eines der Kätzchen fiepte, zuckte er zusammen.
    Auf einem Weg – mitten in einem Wald – ließ mich Elanor anhalten. Wolf sprang aus dem Wagen, kaum dass dieser stillstand, und eilte davon. Ich fluchte leise und wollte ihm folgen, aber Wladimir, der erstaunlich schnell an meiner Seite war, hielt mich zurück.
    »Der findet uns wieder, aber du würdest dich in der Dunkelheit verirren.«
    Die Nacht war mild, die Umgebung voller fremdartiger Geräusche. Der dünne Lichtstrahl von Wladimirs Taschenlampe war mir mit einem Mal überhaupt nicht mehr unangenehm, sondern tröstlich. Wir lehnten an der noch warmen Motorhaube, während Elanor mit den Kätzchen im Wagen sitzen geblieben war.
    »Du siehst immer noch bleich aus«, sagte ich und schaute Wladimir von der Seite an. »Bist du sicher, dass es dir

Weitere Kostenlose Bücher