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Elbenbiss /

Elbenbiss /

Titel: Elbenbiss / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tonja Züllig
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ihnen auf die Suche zu machen. Einer der Patienten habe ihm die Nachricht vorlesen können.
    »Wer denn?« Das interessierte mich. Wer Elbisch lesen konnte, hatte definitiv einen Schaden. Ob er deshalb gleich in Behandlung gehörte, war fraglich. Tolkien-Fans gab es schließlich viele.
    »Elanor. Sie ist wegen ihrer Hypersexualität in Behandlung.«
    Elanor, natürlich. Ich verdrehte die Augen. Ein weiteres Beispiel dafür, was Eltern mit der Namensgebung anrichten konnten. Elanor hieß in der Sprache der Grau-Elben ›Sonnenstern‹. Kein Wunder, dass die Arme Elbisch lernte. Ich kannte mal ein Mädchen, das Swetlana hieß. Sie studierte später Russisch, obwohl ihre Familie so viel mit Russland zu tun hatte wie Vögel mit Pressluftbohrern.
    »Und wie geht’s jetzt weiter?«, fragte ich skeptisch.
    Der Professor leerte seine Espressotasse und legte fünf Hunderter auf den Küchentisch. »Die drei sind auf deinen Wagen angewiesen. Elanor meinte, Rose könne bereits weit weggebracht worden sein. Das ist für deine Auslagen. Kauf Verpflegung und Schlafsäcke. Meine Patienten sind etwas eigen. Ich glaube nicht, dass du sie dazu bringst, in Motels zu übernachten. Und wie lange es dauert, bis ihr Rose gefunden habt, weiß ich nicht. Die drei kommen heute Abend gegen neun her, und Elanor wird dir sagen, wohin du fahren sollst.«
    Ich stutzte. Der Kerl hatte bereits alles arrangiert und war vom Erfolg seiner Mission überzeugt gewesen, bevor er mich gefragt hatte. Ich starrte ihn düster an. »Wieso erst so spät?«
    »Wladimir, der Depressive, kann nicht früher«, antwortete er lapidar, tätschelte meinen Arm und verabschiedete sich mit einem, wie mir schien, sonderbaren Lächeln. Die Hand auf der Türklinke, wandte er sich noch einmal um. »Der dritte Patient heißt übrigens Wolf und ist Ailurophobiker. Und, Michael, ich fliege morgen Früh nach Neuseeland zu einer Konferenz, sonst hätte ich die drei selbst begleitet. Sei bitte nett zu ihnen, ja? Wenn ich die Nachricht aus Valinor richtig verstanden habe, müssen die drei auf der Reise erst zu sich finden, ihre wahre Natur akzeptieren und ihre Traumata überwinden. Glaube mir, da haben sie einiges zu bewältigen.«
    Dann war er weg. Ich starrte die geschlossene Tür an und schüttelte den Kopf, während ich mir das Gesagte noch einmal durch den Kopf gehen ließ. War ja klar, was ich als Nächstes tat. Ailurophobie googlen. Fast wäre ich am darauffolgenden Lachkrampf erstickt. Der Typ hatte Schiss vor Katzen!
    Der späte Aufbruch hatte den Vorteil, dass ich ausreichend Zeit hatte, sämtliche Vorbereitungen für eine mehrtägige Abwesenheit zu treffen, und den Nachteil, dass ich mir endlos Gedanken über die sexsüchtige Elanor, den depressiven Wladimir, den Angsthasen Wolf und die Situation insgesamt machen konnte. Gegen Abend war ich davon überzeugt, dass die Polizei hier wirklich nichts ausrichten konnte, verdächtigte jedoch den Professor, die Chose eingefädelt zu haben. Die Nachricht auf Elbisch war ein netter Versuch, mein Interesse zu wecken. Aber weshalb? Er hätte mich doch einfach fragen können, ob ich die drei Irren bei ihrem Selbstfindungstripp mit integrierter Schnitzeljagd herumchauffiere.

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Kapitel 2
    M ein Schädel wird sich für immer an die erste Begegnung mit den Patienten des Professors erinnern. Ich stieß ihn blutig, als ich mich vor Schreck über ihr plötzliches, lautloses Auftauchen überstürzt aufrichtete und mit der Kante des Kofferraumdeckels kollidierte.
    Benommen presste ich die Hand auf den, wie sich herausstellte, harmlosen, aber stark blutenden Schwartenriss, kniff die Augen zusammen und versuchte, trotz des stechenden Schmerzes nicht lauthals zu fluchen.
    Ich hockte mich auf die Stufen zu meiner Wohnungstür. Elanor verband mir den Kopf, und ich war froh, dass ich saß. Sie stand unmittelbar vor mir und roch betörend nach Blumen. Ich blickte, ob ich wollte oder nicht –, und ich wollte unbedingt – direkt auf ihre wohlgeformten Schenkel. Ihr grüner Rock endete, bevor man das Wort fertig ausgesprochen hatte.
    Ich schloss die Augen.
    Als ich sie wieder öffnete, schwebte ein engelsgleiches Gesicht vor mir. Mandelförmige, grüngolden schimmernde Augen, umrahmt von überirdisch langen Wimpern, schauten mich besorgt an.
    »Es geht mir gut«, hauchte ich. Etwas anderes wäre in meiner Situation frevelhaft gewesen. Dieser Mund, diese ungehörig geschwungenen Lippen … Sämtliches Blut, eben noch wie wild in meinem Kopf

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