Elbenbiss /
mich auf eine Art an, die mir das Gefühl gab, das auch ohne diese komischen Windbeutel zu können.
»Und den
nicht
menschlichen Wesen«, sie warf Wolf und Wladimir einen freundlichen Blick zu, während mein Kiefer geräuschlos hinunterklappte, »wird nach dem Genuss ihres Silimantia ein unausgesprochener Herzenswunsch erfüllt.«
Ach, das ist aber schön, dachte ich, schloss die Augen und überlegte, wann ich das letzte Mal, abgesehen von den letzten beiden Nächten, so viel Unsinn auf einmal gehört hatte. Ob der Professor wusste, was seine Kollegin hier aufführte?
»Dann wollen wir also beginnen«, sagte Rose unbekümmert.
Die nächste Viertelstunde verbrachten wir damit, die einzelnen Zutaten streng nach ihrer Vorschrift zusammenzumischen. Kein überflüssiges Wort wurde gesprochen. Dann kam der große Moment. Wir durften unsere Teigmasse in je eine kleine, feuerfeste Form füllen. Dann drehte Rose den Verschluss ihrer Phiole auf und führte mit einer graziösen Bewegung eine zierliche Pipette ein. Offenbar erwischte sie gleich, was sie suchte, obwohl ich nichts erkennen konnte. Sie drückte die Pipette über Elanors Form aus. Die Teigmasse erstrahlte in allen Regenbogenfarben, und ein heller, seltsam sphärischer Ton erklang. Das Schauspiel wiederholte sich viermal in exakt derselben Weise.
»Jetzt haucht ihr euren Odem auf euer zukünftiges Silimantia und stellt das Schälchen mit bloßen Händen in den Ofen auf das Blech. Keine Handschuhe, Michael, das ist wichtig«, sagte sie mit einem Augenzwinkern.
Danke. Jetzt fühlte ich mich endgültig wie ein kleines Kind.
Die Backzeit betrug exakt vier Minuten zweiunddreißig Sekunden. Danach holte Rose das Blech aus dem Ofen und stellte es auf die Ablagefläche.
Ich war enttäuscht. Die Dinger waren nicht etwa aufgegangen, nein, sie waren geschrumpft und hatten nun die Größe von – Windbeuteln.
Im Raum herrschte absolute Stille. Alle starrten auf die unnatürlich runden, pulsierenden Dinger. Gruselig.
»Unser Gast hat die Ehre, sein Silimantia als Erster zu genießen.«
Ehre? Da war ich mir nicht so sicher. Zögerlich machte ich einen Schritt in Richtung Blech.
»Muss es nicht noch etwas auskühlen?«, fragte ich vorsichtshalber.
Rose und Elanor schüttelten die Köpfe.
Ich streckte meinen Arm aus.
»Du musst dich vor deinem Silimantia verneigen, Michael«, gebot mir Rose. »Danach darfst du es anfassen.«
Ja klar, natürlich, wie konnte ich nur. Ich spürte Ungeduld in mir aufkommen. Es wurde Zeit, dass dieser Spuk ein Ende fand. Seufzend und vermutlich ziemlich unelegant verbeugte ich mich vor dem bescheuerten Backblech. Dann langte ich nach meinem Windbeutel und steckte ihn in den Mund. In dem Moment, als er meine Zunge und meinen Gaumen berührte, löste er sich in einer stillen Geschmacksexplosion auf und rieselte als unbeschreibliche Köstlichkeit durch meine Kehle. Ich schluckte und schaute mich verwundert um. Das war’s. Sonst passierte nichts. Ja klar, die Wirkung würde ja mein ganzes Leben über anhalten. Schön. Weiter jetzt. Ich war müde und wollte ins Bett.
Als Nächste verneigten sich Rose und Elanor vor dem Backblech und schluckten ihre Silimantia. Nichts passierte. Na ja, was sollte auch?
Dann war Wolf dran. Er verneigte sich, ohne zu zögern, schluckte sein Silimantia – und fiel im nächsten Augenblick vor Elanor auf die Knie. Erstaunlich zart ergriff er ihre Hände und drückte sie sich an die Stirn. »Ich – liebe dich, Elanor«, flüsterte er heiser.
Elanors Gesicht erstrahlte und ihre Wangen röteten sich. Sie warf Rose einen Blick zu, der von der Erfüllung all ihrer Träume zeugte, und zog dann Wolf auf die Füße. Die beiden verloren sich in einem nicht mehr enden wollenden Kuss.
Ich starrte auf den Boden, als ich sah, dass Rose mich anstrahlte, und versuchte, mir einzureden, dass auch damit die angebliche Wunderwirkung der Windbeutel noch lange nicht bewiesen war. Nicht für einen kritisch denkenden Menschen wie mich.
Als Wolf und Elanor wieder voneinander lassen konnten, wandte sich unsere Aufmerksamkeit Wladimir zu, der bisher ruhig und bleich wie immer dagestanden hatte. Jetzt drehte er sich uns zu. Auf seinem Gesicht lag ein seltsam ruhiger, fast zufriedener Ausdruck. Rose nickte ihm aufmunternd zu. Er verneigte sich ohne ein Wort – erst vor uns, dann vor seinem Silimantia. Mit einer geschmeidigen Bewegung griff er danach und schob es sich in den Mund. Das war der Moment, in dem mir auffiel, dass ich ihn
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