Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
Riesenfledertiers.“
„O doch“, widersprach Caladir. „Vor allem, weil mein erster längerer Flug mit meinem Himmelsschiff vollkommen chaotisch verlaufen ist. Ich gebe es ja ungern zu, aber ich war überhaupt nicht Herr der Lage. Ihr könnt mir ruhig glauben, dass ich nicht einen Augenblick Zeit hatte, um die Aussicht zu genießen.“
„Du hattest ja anscheinend noch nicht einmal Gelegenheit, zu sehen, wohin du eigentlich fliegst“, entgegnete Daron mit leichtem Spott.
Aber Caladir widersprach ihm in diesem Punkt gar nicht. „Das ist leider wahr. Doch eins kann ich euch versprechen: Das nächste Himmelsschiff, das ich baue, wird besser und sich auch hoffentlich vernünftig manövrieren lassen. Wenn ihr wollt, besuche ich euch dann in Elbenhaven, und wir machen einen gemeinsamen Flug.“
„Auf keinen Fall an Bord deines Schiffes“, lehnte Sarwen strickt ab.
„Komisch, ich habe immer gedacht, dass die Enkel des Elbenkönigs etwas mutiger wären.“
Endlich erreichten sie die Grenze nach Estorien. Die war sehr genau zu erkennen, denn keine der urtümlichen Pflanzen des Wilderlandes wuchs noch auf der estorischen Seite, weder die Riesenfarne noch die Dornensträucher. Und selbst die Grasarten beider Länder unterschieden sich. Jedenfalls hatten sie jenseits der Grenze eine andere Grünfärbung.
In der Ferne sah Daron einen Schwarm von Vögeln, die alle unwahrscheinlich langsam flogen. Sie bewegten kaum die Flügel und zogen so schwerfällig dahin, dass man sich nur wundern konnte.
„Das liegt an der langsamer verstreichenden Zeit“, dachte Sarwen, als auch sie die Vögel bemerkte. „Noch befinden wir uns auf der wilderländischen Seite der Grenze, aber wenn wir in Estorien sind, müssten sich die Vögel mit normaler Geschwindigkeit bewegen.“
„Warten wir es ab“, gab Daron laut zurück.
„Warten wir vor allem mal ab, was Rarax tut und ob der Trank der Furchtlosigkeit auch wirkt.“
„Jedenfalls hört sich der Herzschlag eures Ungeheuers ganz normal an“, mischte sich Caladir ein.
Sie überflogen die Grenze, und Rarax blieb ganz ruhig. Nathranwens Zauber schien zu funktioniert.
Gespannt warteten die Elbenkinder ab, ob sich vielleicht die gefürchtete Nebenwirkung der Tollkühnheit einstellte und Rarax irgendwelche waghalsigen Flugmanöver durchführen würde. Aber auch das war nicht der Fall. Es schien tatsächlich alles glattzulaufen.
Zunächst bemerkte Daron keinerlei Veränderung, nachdem sie die Grenze hinter sich gelassen hatten. Allerdings schoss nun der Vogelschwarm, den er zuvor beobachtet hatte, geradezu durch die Luft, und andersherum schien eine Herde von Riesenmammuts, die zuvor gemächlich über die Ebene des Wilderlandes getrampelt war, völlig erstarrt zu sein.
Sie flogen über sanfte Hügel und kleinere Waldgebiete. Auf manchen der Hügel standen leuchtende Gestalten.
„Eldran!“ , erkannte Daron.
Sie waren sehr unterschiedlich. Manche waren von lebendigen Elben kaum zu unterscheiden, und man musste schon sehr genau hinsehen, um zu bemerken, dass es sich um Totengeister handelte. Man erkannte es eigentlich nur daran, dass sie aus ihrem Inneren heraus auf eine ganz eigentümliche Weise leuchteten.
Andere hingegen waren ganz durchscheinend und blass, sodass man sie kaum ausmachen konnte. Wieder andere bildeten Gestalten, die fast nur aus reinem weißem Licht zu bestehen schienen und jeden blendeten, der sie direkt ansah.
Bei dieser letzten Gruppen von Eldran waren oft nicht einmal Gesichter zu erkennen. Aber man spürte ihre sehr starken Gedanken. Daron ertappte sich ein ums andere dabei, dass er ihnen einfach innerlich folgte und sich von ihnen treiben ließ.
„Ein seltsames Reich, in dem ihr lebt, Caladir“, sagte Daron, der inzwischen Rarax den Befehl gegeben hatte, etwas langsamer zu fliegen. Das hatte er nicht nur deswegen getan, weil er sich alles ansehen wollte, was es hier zu entdecken gab, sondern auch, weil ja niemand ausschließen konnte, dass Rarax nicht doch noch plötzlich von einem Anfall von Tollkühnheit heimgesucht wurde, und das würde dann für alle drei Reiter des Riesenfledertiers sehr gefährlich werden.
„In der alten Zeit in Athranor war es selbstverständlich, dass die Elben in Verbindung mit ihren Toten standen“, sagte Caladir. „Und während der großen Seereise auch. Nur ihr in König Keandirs Reich habt euch das abgewöhnt. Darum kommt es euch seltsam vor. Aber hier in Estorien kennt man es nicht anders. Die Lebenden sind eine
Weitere Kostenlose Bücher