Elbenkinder - Die ganze Saga (1-7)
kleine Minderheit zwischen unzähligen Geistern aus der Vergangenheit.“
„Ich weiß nicht, ob das ein Ort wäre, an dem ich leben wollte“, meinte Daron.
„Wie gesagt, es ist eine Frage der Gewohnheit. Aber ich kann dich gut verstehen.“
„So?“
„Ich möchte hier auch nicht ewig leben“, erklärte Caladir.
„Versuchst du deswegen, Himmelsschiffe zu bauen?“, fragte Sarwen.
„Natürlich. Eines Tages werde ich ein Himmelsschiff schaffen, das genauso funktioniert, wie es soll. Damit werde ich in ferne Länder aufbrechen, in denen zuvor noch niemand gewesen ist.“
„Und was sagt Fürst Bolandor dazu?“, wollte Daron wissen. „Ich nehme mal an, dass dein Vater eigentlich erwartet, dass du sein Nachfolger wirst.“
Caladirs Miene wurde sehr ernst, und auf seiner ansonsten sehr glatten Stirn bildete sich eine tiefe Unmutsfalte.
„Vielleicht hätte ich euch das gar nicht erzählen sollen“, meinte er. „Ihr tut mir doch sicher den Gefallen und erwähnt dieses Thema gegenüber meinem Vater nicht.“
„Warum sollten wir?“, fragte Daron.
„Ich glaube, insgeheim ahnt er, dass ich nicht sein Nachfolger werden kann. Ich würde mich auch gar nicht dazu eignen. Hyrandil wäre vielleicht ein guter Fürst geworden, aber ich nicht. Außerdem dauert es wahrscheinlich sowieso noch ein paar Ewigkeiten, bis sich mein Vater von seinem Amt zurückzieht und jemand anderen Estorien regieren lässt. Er ist zwar einer der ältesten Elben überhaupt, aber je älter er wird, desto überzeugter ist er davon, dass er alles am besten kann.“ Caladir lachte. „Soll er Hyrandil nehmen. Der ist ein Eldran, und die Geister stellen immerhin die Mehrheit in diesem Land.“
Je weiter sie in das Land der Geister vordrangen, desto zahlreicher wurden die Eldran. Auffällig war, dass sie sich tatsächlich zumeist auf den Hügeln in Gruppen zusammengefunden hatten. Aber es gab auch ausgedehnte Weiden, auf denen die Geister von Elbenpferden umherliefen.
„Wo sind die Reiter dieser Pferde?“, fragte Daron an Caladir gerichtet.
„Das kommt darauf an“, antwortete der Sohn von Fürst Bolandor. „Es gibt ehemalige Elbenkrieger, die nicht mehr auf ihren Pferden reiten wollen, weil sie das Kriegshandwerk leid sind. Sie legen ihre Waffen ab und alles, was sie sonst noch an ihr früheres Dasein erinnert. Andere Eldran-Pferde werden von ihren Reitern einfach von Zeit zu Zeit freigelassen, damit sie genügend Auslauf haben und hinterher wieder bereitwilliger Gedankenbefehle annehmen.“
„Es sieht aus, als würden sie Gras fressen“, wunderte sich Sarwen.
„Sie tun nur so, als ob“, erklärte Caladir. „Auch die Geister von Elbenpferden erinnern sich an ihr früheres Leben und versuchen all das zu tun, was ihnen damals angenehm war.“
Schließlich tauchten vor ihnen die Zinnen einer Burg auf, die von einer Stadt umgeben war. Die bestand aus einer Unzahl von Kuppeln und Türmen und lag an einer lang gezogenen Meeresbucht.
Die Stadt hatte keine Umgrenzungsmauer, und auch die Mauer der Burg war keineswegs mit den Befestigungsanlagen von Elbenhaven oder irgendeiner anderen Stadt in Elbiana zu vergleichen. Die Bewohner schienen überhaupt nicht damit zu rechnen, dass dieser Ort jemals angegriffen werden könnte.
Die Formen mancher Gebäude waren so verschnörkelt, dass man schon auf den ersten Blick erkennen konnte, dass sie unmöglich aus richtigem Stein oder einem anderen Baumaterial bestehen konnten.
Es waren Gebäude aus purer Magie.
„Anscheinend erneuern sie aber ständig die Zaubersprüche“, stellte Sarwen fest.
„Natürlich“, sagte Caladir. „Andernfalls befänden sich bald dort, wo jetzt noch die drei Städte von Estorien liegen, nur noch Trümmerwüsten. Dies ist übrigens Estanor, unsere Hauptstadt. Seht ihr die große, messingfarbene Kuppel mit dem spitzen Turm darauf?“
„Ist nicht zu übersehen“, fand Sarwen.
„Dort hält Fürst Bolandor Hof.“
„Ich dachte, dein Vater regiert von der Burg aus“, wunderte sich Daron.
„Die Burg?“ Caladir lachte. „Die Burg war eines der ersten Gebäude, die von den Elben in Estorien errichtet wurden, aber heute wohnt dort niemand mehr. Ihre Mauern werden lediglich mit Zauberei aufrechterhalten, weil das Gemäuer und die Gebäude mit zu vielen Erinnerungen behaftet sind, um sie einfach verfallen zu lassen.“
Daron ließ Rarax zunächst über der Stadt und der Bucht kreisen, um sich alles in Ruhe anzusehen. Die meisten Eldran, die überall
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