Elchmus (German Edition)
natürlich sein“, sagt sie und fügt hinzu, „er landet auf einem Grabmal in Westminster Abbey. Ganz in der Linie der königlichen Tradition“. Frau Rottenmeier hat sich in Elke eingeschlichen. Vielleicht sollte sie ihm noch erklären, dass der Brautstrauß neben Maiglöckchen, Hyazinthe und Myrte auch noch aus Bartnelken besteht, die auf Englisch „Sweet William“ heißen. Also „süßer William“.
Nein, denkt sie sich, dass auch der Brautstrauß für eine Liebeserklärung stehen kann, versteht ein Mann eh nicht. Schon gar nicht einer, der auf dieser Hochzeit so rumalbert.
Andererseits sollte man am Anfang der Beziehung zumindest noch Hoffnung auf Verständnis haben. Daher redet sie weiter „Der Brautstrauß ist der Begleiter für den schönsten Tag des Lebens. Myrte verspricht Liebe. Williams Oma hat mal einen Strauß mit Myrte von Albert in Gotha bekommen und...“
„Du redest, als ob du sie persönlich kennst“, wirft Holger entnervt ein. Persönliche Nachhilfestunde in Sachen Königspalast ist daher hiermit doch abgebrochen. Und er hat ja Recht. Sie klingt ja wirklich fürchterlich.
Und der Tag geht weiter im Programm.
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............Besser gesagt, die Hochzeit geht noch weiter. Aber leider hinter den Kulissen. Ohne Zuschauer. Und auch nur in Elkes Gedanken. Holger und Ralf haben mit der Feierlichkeit schon lange abgeschlossen.
William und Kate wollen Spenden. Geschenke brauchen sie nicht. Wünsche erfüllen sie sich einfach. Vasen und Gl äser haben sie eh schon mehr als genug. Aber den ganzen königlichen Nippes, den man extra für sie angefertigt hat, kann man echt nur belächeln. Und das tun Holger und Ralf und Elke gerade und sind sich zur Abwechslung heute mal einig. Sie weinen und lachen und schnappen nach Luft. Alles zeitgleich.
William und Kates Heile-Welt-Nippes. Ihre Mutter wird ihre beste Freundin und wird sie von nun an immer verstehen, denkt Elke und kauft den schönsten Zierteller mit Goldrand. Einen von denen, die auch die Mikrowellen mit Blitzlichtgewitter begrüßen. Aristokratischer Kitsch ist kein königlicher Kitsch. Steht man drauf, braucht man für die komplette Sammlung einen Kredit. Plus Hypothek für ein weiteres Haus, denn irgendwo muss man das ja alles lagern.
Dekoriert werden in England die Häuser sowieso nur, wenn man die Wände streicht oder tapeziert. Aristokratischer Kitsch scheint in London zurzeit die durchschlagende Geschäftsidee zu sein. Nach den Vorbildern von Lady Di und Charles. Die haben es sogar auf Teller geschafft, die ihre Scheidung verkünden. Aber die Scheidung hat hier heute nichts zu suchen. Die Kombinationen aus Tassen und Tellern kommen und kamen schon immer hundertprozentig an. Das ist sicher bei dieser Menge an Sammelsurium. Und alle werden ein Andenken kaufen.
Der harte Konkurrenzkampf der heutigen Zeit hat aber noch ganz anderen königlichen Nippes entstehen lassen. Die Cash-Cow schlechthin sind Tischtücher in royalen Farben. Schöne dicke schwere neumodische Stofftischtücher, die auch noch gebügelt werden müssen. Und damit sich der ganze Aufwand auch lohnt, gibt es Kate und William Hochzeitsfigürchen, die man an die Decke hängen kann. Gibt es versilbert oder in Plastik. Ist wirklich was für jeden Geldbeutel was dabei.
„Ausstellungsstücke“ steht auf einem Schild bei einem Stand. „Verkauf direkt aus Kisten“ darunter. Er hat so einen vollen Tisch noch nie gesehen. Da sind die üblichen Gläser und Verdächtigen. Vasen mit der Gravur von William und Kate, Bücher. Da ist die typische englische Teekanne und der zugehörige Warmhalter. Handgestrickt ist er ein wenig teuer. Das sieht sogar ein Mann. Da sind die Teelichthalter und die nach Kate riechenden Paraffin-Lampen. Prince William lächelt uns in ‚Echtgröße“ als Pappfigur an. Und sieht dabei noch besser aus als sonst. Das Gesicht strahlt über beide Ohren. Seine Hände zeigen auf den Tisch, als wolle er die Ware persönlich anpreisen. Und das kommt an bei den Leuten.
Der Kaufrausch hat hier alle im Griff. William und Kate auf Geschirrtüchern. Da macht sogar das Abtrocknen nach dem Spülen wieder Spaß. Ein T-Shirt dezent mit dem Label W und K und andere mit Fotos drauf. Digitale Bilderrahmen (Die Royals gehören zur Familie). Und noch viel mehr.
„Scheiße, was für eine Scheiße“ , brüllt Holger. „Wir können nur hoffen, dass wir den schlechten Geschmack unserer Eltern nicht im Blut haben und der irgendwann mal raus will“, sagt nun auch Elke
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