Elchtest - Liebe ohne Grenzen (Junge Liebe)
„Das glaubst du doch selber nicht oder?“
„Aber natürlich“, ruft sie jetzt fast schon verzweifelt aus, „überleg doch mal, Benny. Wir haben zusammen doch schon so schwere Zeiten überstanden. Da wäre alles, was noch kommen würde, doch einfach nur ein Kinderspiel für uns, oder? Wir schaffen alles, wenn wir nur zusammen halten.“ Sanft legt sie ihre Hand auf meinen Arm.
Just in diesem Moment klingelt mein Handy in der Hosentasche. Der Ton sagt mir, dass Lucas am anderen Ende der Leitung ist. Aber mit dem will ich mich jetzt beim besten Willen nicht auseinandersetzen. Somit lasse ich es einfach klingeln. Was meine Mutter anscheinend nicht gefällt. „Mein Gott, Junge, nun geh doch endlich ran!“
Ich gehe auf ihren Einwurf in keiner Weise ein. Stattdessen stelle ich ihr nur eine einzige Frage.
„Du meinst die Sache von eben tatsächlich ernst, oder?“
„Aber ja doch“, meint sie voller Inbrunst und spielt dann ihren letzten Trumpf aus, in der Hoffnung, dass der mich zur Besinnung bringt, „und außerdem hätte Papa das sicherlich auch so gewollt!“
Wenn ich jetzt in mein Gesicht sehen könnte, dann würden sich dort sicherlich sämtliche Emotionen widerspiegeln. Von Trauer und Ärger über Abscheu und ein wenig Verachtung. Dass meine Mutter solch verquere Ansichten hat, kann ich beim besten Willen nicht verstehen. Dass sie nun aber auch noch Papa mit ins Spiel bringt …
Wortlos drehe ich mich um und gehe langsam die Treppe hoch.
„Benny, Junge, so bleib doch hier. Lass uns über alles reden. Abendessen ist auch gleich fertig. Und ich kann dir schnell einen Schokoladenpudding kochen. Den isst du doch so gerne, wenn er noch warm ist“, versucht sie mich aufzuhalten. Doch ich reagiere überhaupt nicht auf sie.
In meinem Zimmer bleibe ich stehen und sehe mich zum ersten Mal ganz bewusst um. Und bemerke, dass sie selbst hier immer gegenwärtig ist. Viele Fotos hängen an der Wand. Auf einigen bin ich mit Papa zu sehen, aber auf den meisten eben mit meiner Mutter. Bilder von meiner Konfirmation, vom Schulwechsel, Klassenausflügen, Abschlussball in der Tanzschule und, und, und. Und immer ist meine Mutter an meiner Seite. Komischerweise kann ich sie selbst in meinen Gedanken nicht mehr Mama nennen.
Auf manchen dieser Fotos stehen wir in solch innigen Umarmungen, dass man uns für ein Paar halten könnte.
Merkwürdigerweise gibt es nur sehr wenige Bilder, auf denen ich mit Lucas zusammen zu sehen bin.
Lucas!
Der Einzige, bei dem ich aus vollem Herzen lachen kann.
Der Einzige, bei dem ich meine Tränen laufen lassen kann.
Der Einzige, mit dem ich auch einfach nur mal dasitzen und schweigen kann.
Der Einzige, bei dem ich einfach nur ich selbst sein kann.
Der Einzige, der mich auch ohne Worte versteht.
Der Einzige, den ich von ganzem Herzen liebe!
Aber auch der Einzige, der mich mit ein paar unbedachten Witzen in einen tiefen Abgrund stürzen lässt!
Seufzend gehe ich zu meinem Bett und lasse mich darauf fallen. Die Arme unterm Kopf verschränkt, liege ich da und denke über meine Zukunft nach.
Schon mit meinem Zwischenzeugnis habe ich mich bei einigen ausländischen Universitäten beworben. Und von zwei habe ich auch schon eine positive Antwort erhalten. Im Moment liegt die Wahl zwischen England und Schweden. Bei den deutschen Unis brauche ich mir gar keine Gedanken machen, sagt auf jeden Fall mein Professor.
Aber ganz egal, für welche der Anstalten ich mich entscheide. Ich werde auf jeden Fall das Land verlassen.
Mein Direx ist in die Sache voll involviert und steht hinter mir. Von ihm habe ich auch die Erlaubnis, dass die Post an die Schule geschickt wird und nicht zu mir nach Hause.
Denn irgendwie hatte ich damals schon das Gefühl, dass meine Mutter das alles nicht so gut aufnehmen würde. Und nachdem, was heute geschehen ist, fühle ich mich in meiner Annahme bestätigt. Mit ihrer krassen Reaktion hat sie mich ganz schön erschreckt.
Sie ist tatsächlich der Meinung, dass ich hier zusammen mit ihr und Frauchen und Kindchen in unserem schönen Häuschen wohnen werde. Dazu noch ein Hündchen, ein schniekes Wägelchen und immer ein Lächeln für die Nachbarn.
Die perfekte, heile Welt. So wie im Fernsehen.
Aber das ist etwas, was es bei mir nicht geben wird. Kein Frauchen und vor allen Dingen kein Mütterchen, das nur darauf wartet, dass ich von der Arbeit komme, damit sie mir den neusten Tratsch aus der Nachbarschaft erzählen kann.
Ich habe mich dazu entschlossen, ihr erst
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