Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
behütet und abseits vom Dorf aufgewachsen. Du hattest keinen Kontakt zu Männern. Du hast also noch nie erlebt, wie rücksichtslos und gewalttätig Männer sein können. Du verstehst, was ich damit sagen will, nicht wahr?!“, sprach die Frau eindringlich auf Elea ein. „Ähm… ich denke schon,…“, begann das Mädchen, etwas verunsichert zu stammeln. „Du meinst... meine Unerfahrenheit mit Männern?“ Breanna verdrehte die Augen und atmete tief durch. „Ja. Die natürlich auch. Aber mir geht es um dein... Unberührtheit.“
„ Ja und? Was ist mit der?“, fragte Elea etwas ungehalten und lauter als beabsichtigt. Dieses Thema hat mir gerade noch gefehlt. Breanna forderte sie mit dem Finger auf den Lippen auf, die Stimme zu senken. „Du sollst auf dich Acht geben! Verberge deine Weiblichkeit weiterhin so wie immer! Und denk daran, dich nicht so freizügig zu zeigen, wie du es bei uns gewohnt bist! Und vergiss nicht, dich in Anwesenheit von Männern unauffällig und zurückhaltend zu verhalten. Die meisten Männer mögen es nicht, wenn man sich als Frau in alles einmischt oder alles besser weiß. Verstehst du, worauf ich hinaus will!“ sagte Breanna mit warnendem Blick. „Ich habe nicht vor mich in die Gesellschaft von Männern zu begeben. Ich will einfach nur in den Wald gehen und mich vor meinen Verfolgern verstecken, bis sie wieder verschwinden“, flüsterte Elea der Frau zu, da die Männer bereits das Haus betraten. „Man weiß nie. In deiner Situation musst du auf alles gefasst sein.“ Dann umarmte Breanna sie ein letztes Mal mit Tränen in den Augen, belud sie mit ihrem Reisegepäck und schob sie aus dem Schlafzimmer. Louan wurde von Breanna sogleich aufgefordert, sich zu waschen und schlafen zu gehen. Albin betrachtete ein letztes Mal zusammen mit dem noch immer grimmig dreinblickenden Kellen die Landkarte. Elea hätte Louan und die beiden Männer gerne noch einmal in den Arm genommen, aber damit hätte sie Misstrauen erregt. Deshalb gab sie, wie geplant, Müdigkeit vor, wünschte allgemein eine gute Nacht und ging mit schweren Schritten und einem Ziehen im Magen die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Dort angekommen vergewisserte sie sich als erstes, dass Kaitlyn auch tief schlief. Dann überlegte sie kurz, wie sie vorgehen sollte. Sie öffnete ihren Schrank und holte Unterwäsche, Strümpfe, ein paar Hemden und zwei Hosen zum Wechseln heraus. Dann ergriff sie die Reisetasche und musste zu ihrem Erstaunen feststellen, dass es ein geräumiger Lederrucksack war. Neben dem Proviant und dem Wasserschlauch fand sie darin noch eine kleine Umhängetasche. Sie enthielt, wie Elea richtig vermutet hatte, die verschiedenen Heilmittel in beschrifteten Fläschchen oder Stoffsäckchen sowie Verbandsmaterial und – sie wollte ihren Augen nicht trauen - ein scharfes zierliches Messer, eine ebenso zierliche Zange und Nadel und Faden. In ihrem Hals wuchs ein riesiger Kloß heran, als sie die chirurgischen Utensilien in der Hand hielt. Sie wollte gar nicht an den Moment denken, wenn sie gezwungen wäre, sie zu benutzen. Breanna hat tatsächlich alle Eventualitäten berücksichtigt. Außerdem waren da noch ein Kamm, ein Stück Seife und ein Stapel kleiner, fein zusammengelegter Tücher. Nach ihrer Bestandsaufnahme stopfte sie rasch die zusammengerollten Kleidungsstücke, die sie ausgewählt hatte, in den Rucksack, dann die Umhängetasche und zum Schluss den Proviant und den Wasserschlauch. Anschließend ging sie zum Tisch, auf dem die Schatulle mit dem Steinauge stand. Sie nahm den merkwürdigen Stab heraus und steckte ihn in ein Innenfach des Rucksacks. Den Lederriemen mit dem tropfenförmigen Stein legte sie sich um den Hals. Übrig blieb das Stück Pergament mit der Prophezeiung. Was sollte sie damit tun? Es einfach hier lassen, erschien ihr nicht richtig. Sie wollte es mitnehmen, aber es durfte niemand Ungebetenem in die Hände fallen. Sie untersuchte den Rucksack nach einer Art Geheimfach. So wie sie Breanna kannte, hatte sie auch an so etwas gedacht. Und in der Tat, sie wurde fündig, als sie die Klappe, mit der der Rucksack geschlossen wurde, genauer betrachtete. An seine Unterseite hatte Breanna noch ein zweites Stück Leder genäht, das an einer Seite - kaum sichtbar - offen war. Perfekt! Sie faltete das Schriftstück und wollte es gerade in das Geheimfach stecken, als sie bemerkte, dass bereits etwas darin steckte. Sie holte den Inhalt heraus. Bei dem Anblick dessen, was zum Vorschein kam, schossen ihr sofort
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