Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
auf jeden Fall erfahren, was oder wer du bist. Da bin ich mir ganz sicher.“ Er wandte sich von ihr ab, um aus dem Zelt zu kriechen, als ihre Stimme nochmals erklang. „Mir wäre es bedeutend lieber, nie zu erfahren, was oder wer ich bin, wenn ich dafür immer mit dir zusammen sein könnte.“
Um die Tagesmitte erreichten sie den Akrachón, der sich mit seinen steilen, hohen Gipfeln wie das Gebiss eines Raubtieres in das Blau des Himmels hineinfraß. Der Schnee auf den Felswänden glitzerte unter der Sonne. Während die Krieger sich um Jadora niedergelassen hatten, um ihre Ration Essen in Empfang zu nehmen, stapften Maél, Finlay und Elea durch den Schnee noch näher an das niedrigere Vorgebirge, das teilweise auch noch bewaldet war. Maél trug schon den ganzen Tag seine Maske, die er jetzt in dem Halbschatten abnehmen konnte. Finlay durchbrach schließlich das Schweigen: „Und was nun? Was sagt dein Stein, Elea?“ Während Elea ihren eingeschüchterten Blick nicht von den Bergspitzen wenden konnte, haftete Maéls Blick unablässig auf dem Boden. Von Zeit zu Zeit ging er auf die Knie und ließ seine Nase dicht über den Schnee entlanggleiten, als erschnüffelte er eine bestimmte Duftspur. Finlay wurde schon ungeduldig, weil ihm keiner Aufmerksamkeit schenkte. Schließlich schaute Elea ihn böse an: „Sprechen tut er schon gar nicht!“ Sie streifte ihre Fäustlinge ab und zog unter den vielen Kleiderschichten das Lederband hervor. Der Stein zeigte keine Reaktion. Elea wusste nicht, ob sie sich darüber freuen oder enttäuscht sein sollte. „Was machen wir jetzt? Er leuchtet nicht“, sprach sie zu Maél gewandt, der sich mit besorgtem Gesichtsausdruck aus der Hocke erhob. „Wir sind wahrscheinlich noch nicht weit genug im Gebirge. - Ich rieche Wölfe. Ihre Duftspur ist intensiv, sehr intensiv, das heißt, dass sie vor nicht allzu langer Zeit durch dieses Gebiet gestriffen sind. Wir gehen zurück zu den anderen, essen etwas und suchen uns einen Weg in das Vorgebirge. Wir müssen uns nach einem geeigneten Lagerplatz umsehen, von dem aus wir uns bei ihrem Angriff angemessen verteidigen können.“ Elea entging nicht der vielsagende Blick, den er Finlay zuwarf. Sie machten sich eilig auf den Rückweg.
„ Ich hoffe nur, dass sich der Drache nicht in den hohen Bergen aufhält, Maél. Es wäre unmöglich, bei den gegenwärtigen Wetterverhältnissen dorthin zu gelangen, geschweige denn sich bei der bitteren Kälte dort länger als einen Tag aufzuhalten. Die Pferde müssten wir auch zurücklassen. Es wird schon hier für sie anstrengend genug werden“, gab Finlay zu bedenken. Elea schaute sofort ängstlich zu Maél, als Finlay von den Pferden sprach. Er nahm ihre Hand und drückte sie beruhigend. Dann schnauzte er Finlay gereizt an: „Wie wäre es, Finlay, wenn wir uns mit den Problemen auseinandersetzen, wenn wir unmittelbar vor ihnen stehen und nicht schon vorher, ohne dass sie überhaupt zum jetzigen Zeitpunkt ein Problem darstellen. Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen. Außerdem vergisst du, dass bei der Suche Magie im Spiel sein wird, die uns den vermeintlich schwierigen Weg zum Drachen möglicherweise leichter gestalten wird als es auf dem ersten Blick erscheint. Also halte dich mit deiner Schwarzseherei zurück, wenn du nicht riskieren willst, dass ich dich zum Schweigen bringe.“ Auf Maels Drohung hin formte sich auf Finlays Stirn sofort eine steile Falte. Er wollte schon zu einer bissigen Erwiderung ansetzen, als Elea ihm zuvorkam. „Finlay, Maél hat recht. Wir können uns nicht jetzt schon über mögliche Schwierigkeiten den Kopf zerbrechen, wo wir offensichtlich einem anderen Problem bereits gegenüberstehen: die kommende Nacht und die Wölfe.“ Finlay brummte etwas Unverständliches in seinen Bart und setzte seinen Weg schweigend fort.
Bei den anderen angekommen, musste Elea auf Jadoras dringlicher Aufforderung hin gleich etwas essen. Er hatte für jeden der drei bereits drei Schalen bereitgestellt. Während sie aß, stubste Shona sie immer wieder von hinten mit ihrem Maul zärtlich an. Dies brachte Elea von seiten der sechs Krieger befremdliche Blicke ein. Die drei anderen Männer grinsten sie nur amüsiert an, worüber Elea mindestens genauso empört gewesen war.
Maél berichtete Jadora von seiner Entdeckung und über die weitere Vorgehensweise. Für Jadora stand daraufhin fest, dass in der kommenden Nacht auf jeden Fall eine Wache aufgestellt werden musste, schon der Pferde wegen.
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