Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
der Schulter fest. „Was hast du vor?“, zischte er ihn an. „Ich muss mir noch über zwei Dinge Gewissheit verschaffen“, knurrte er den Hauptmann an und betrat das Haus. Im selben Moment öffnete Breanna gerade das Tuch um Eleas Kopf und stieß einen Schrei aus, als das kurz geschnittene Haar zum Vorschein kam. „Hat er das getan?“, fragte sie schockiert. Elea kam nicht mehr dazu zu antworten. Ihr nächtlicher Verfolger stand bereits neben ihr, riss Breanna das Tuch aus der Hand und warf es auf den Boden. „Nein. Er hat es nicht getan. Sie hat sie sich selbst abgeschnitten“, antwortete Maél verächtlich an Eleas Stelle. „Das Tuch braucht sie jetzt nicht mehr.“ Elea schaute ihn eiskalt, aber mit wild schlagendem Herzen in die Augen, während ihre Pflegemutter losfauchte. „Und ob sie es brauchen wird! Oder wollt ihr, dass ihr rot glühendes Haar nachts, wenn ihr schlaft, unliebsame Gäste anlockt?!“ Maél musste der Frau insgeheim Recht geben. Vielleicht kämen sie das eine oder andere Mal tatsächlich in eine Situation, in der sie gezwungen wären, nachts unentdeckt zu bleiben. „Also gut, dann holt ein frisches Tuch. Das hier ist voller Blut.“
Breanna hatte sich gerade umgedreht, um aus ihrem Schlafzimmer ein anderes Kopftuch zu holen, als der ganz in schwarz gekleidete Mann Elea grob vom Stuhl hochzog und sie bauchlings auf den Tisch drückte, vor den Augen von Albin, Kellen und Louan, der die durch das laute Poltern am Tisch erwachende Kaitlyn noch immer im Arm hielt. Elea traf dieser neuerliche Angriff ihres Peinigers so unvorbereitet, dass sie gar nicht dazu kam, darauf in irgendeiner Form zu reagieren. Es ging alles viel zu schnell. Kaum lag sie auf dem Tisch, schob Maél ihre Jacke nach oben und den Bund ihrer Hose soweit nach unten, bis er das gefunden hatte, was er suchte. Das Mal sieht tatsächlich wie eine Rosenknospe aus. Er ließ das Mädchen sofort wieder los, während Albin seine ganze Kraft aufbringen musste, um Kellen am Aufstehen zu hindern. Er stand kurz vor dem Ausbruch blinder Raserei. Elea schluckte ihre eigene erneut auflodernde Wut hinunter und ignorierte diese Demütigung. Sie erhob sich vom Tisch und begegnete der Maske mit einem gelassenen und ungerührten Blick. Sie rief sich rasch Erinnerungen an schöne Erlebnisse ins Gedächtnis, spürte wie Gefühle des Glücks und der Freude sie durchströmten und ließ diese Energie auf Kellen überfließen. Es schien zu funktionieren. Sein Atem kam nicht mehr stoßweise und Albin musste nicht mehr so sehr an ihm herumzerren. Der maskierte Mann stand stumm mit verschränkten Armen daneben und beobachtete die Szene. Er fand offensichtlich ein krankhaftes Vergnügen daran, die Gefühlswelt anderer in Aufruhr zu bringen. Breanna wickelte unterdessen Elea das frische Tuch um den Kopf und wollte gerade ansetzen, dem schwarzen Krieger eine Beleidigung ins Gesicht zu schleudern, als Elea ihr mit Kopfschütteln andeutete, es zu unterlassen. Hätte Maél nicht seine Maske getragen, dann hätte jeder Anwesende unschwer erkennen können, wie enttäuscht und verärgert er über das defensive Verhalten Eleas gewesen war und erst recht darüber, dass sie diesen wutschnaubenden Jüngling allem Anschein nach unter Kontrolle hatte. Aber er hatte ja noch einen Trumpf in der Hand und den würde er jetzt genussvoll ausspielen. Mal sehen, wie sie damit klar kommt! Er brach das beklommene Schweigen und sagte betont langsam: „Eine einzige Angelegenheit bleibt jetzt noch zu klären, bevor wir verschwinden.“ Jeder in der Wohnstube Anwesende konnte hören, wie Jadora bei diesen Worten scharf die Luft durch die Nase einzog. „Maél, bitte tu das nicht!“, zischte er dem jüngeren Mann zu. Elea spürte deutlich eine Anspannung in ihr anwachsen – in Erwartung dessen, was sie jetzt noch ertragen musste. Diese Anspannung wurde so groß, dass sie nicht einmal bemerkte, dass der ältere Krieger gerade ihren Peiniger mit seinem Namen angesprochen hatte. Unbeeindruckt von der Bitte des Kriegers baute Maél sich vor Elea auf und fragte sie: „Seid Ihr noch unberührt?“ Herausfordernd blickte er in Kellens Richtung. Dieser konnte sich plötzlich mit unbändiger Kraft aus der Umklammerung seines Vaters befreien und wäre über den Tisch gesprungen, um sich auf ihn zu stürzen, hätten ihn nicht seine Mutter und sein Vater mit vereinten Kräften daran gehindert. So kam er nur dazu, ihm entgegen zu schreien: „Das geht dich einen feuchten Dreck an, du
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