Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Bastard!“
Elea hingegen stand wie im Nebel. Nachdem sie Maéls Worte gehört hatte, legte sich ein dichter Schleier um sie, sodass sie von der sich gerade abgespielten Szene nichts wahrgenommen hatte. Dieser verdammte Mistkerl! Er hätte mir jede andere Frage stellen können, die ich ihm, ohne mit der Wimper zu zucken, beantwortet hätte. Aber nicht diese! Wie betäubt starrte sie ihn fassungslos an. Tränen stiegen ihr in die Augen – vor Wut, vor Scham, vor Demütigung...
„ Habt Ihr meine Frage nicht verstanden? Oder hat mein Hieb auf Euren Kopf vielleicht Euer Gehör in Mitleidenschaft gezogen? Soll ich sie wiederholen? - Seid Ihr noch unberührt?“ Elea trug in ihrem Innern einen Kampf gegen einen übermächtig werdenden Hass aus, von dem sie wusste, dass sie ihn nicht gewinnen würde. Wenn kein Wunder geschähe, würde sie sich auf ihn stürzen, ganz egal, was sie damit auslösen würde. Zum Sprechen war sie in ihrem jetzigen Zustand sowieso nicht mehr in der Lage. Ihr gesamter Körper verkrampfte sich. Ihre Hände hatten sich – gefesselt auf ihrem Rücken – zu eisenharten Fäusten geballt. Sie war mit ihrem Plan, ihre Familie zu retten, gescheitert. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie alle ins Unglück stürzen würde.
Es herrschte eine bedrohliche Stille, obwohl sich zehn Personen in dem großen Raum befanden. Alle schienen die Luft angehalten zu haben. Einzig und allein hörte man das schwere Atmen von Elea. Sogar Kellen gab keinen Laut von sich. Alle Augen richteten sich auf Elea und den maskierten Mann. „Nun gut!“, ertönte die selbstgefällige Stimme des Kriegers. „Da ihr nicht reden wollt, werde ich mich persönlich davon überzeugen, und zwar jetzt gleich hier an Ort und Stelle.“ Jetzt war es soweit. Der in Elea brodelnde Vulkan brach aus. Sie wollte sich gerade mit auf den Rücken gebundenen Händen auf ihn stürzen, da umschlangen sie von hinten zwei Arme, die sie mit schier übermenschlicher Kraft zurückhielten. Es waren Breannas rettende Arme. Mit gefasster Stimme sprach sie zu dem Maskenmann: „Sie ist unberührt!“
„ Und das soll ich Euch glauben?! Woher kann ich wissen, dass Ihr die Wahrheit sagt?“ Breanna war immer noch die Ruhe selbst. Sie wusste, was auf dem Spiel stand. „Ich sage es Euch noch einmal. Sie ist unberührt. Dafür verbürge ich mich.“ Jadora schaltete sich jetzt auch beschwichtigend ein. „Maél, ich glaube ihr. Sieh dich um! Sie lebt hier behütet mit ihren Eltern und Geschwistern weit weg vom Dorf. Quäl sie nicht länger, bitte!“ Maél war jedoch noch nicht bereit, es auf sich beruhen zu lassen. Er wandte sich Kellen zu. „Kannst du dich auch dafür verbürgen?“ Endlich brachte Albin ein Wort heraus. „Was soll diese Frage? Sie sind Bruder und Schwester!“
„ Wollt ihr mich für dumm verkaufen!? Das sieht doch ein Blinder, dass das Mädchen nicht Eure leibliche Tochter ist. - Und dass Euer Sohn mehr als nur Bruderliebe für sie empfindet, kann jeder der Anwesenden mit eigenen Augen sehen, oder etwa nicht?“ Er drehte sich Zustimmung erheischend zu den beiden Kriegern um, die rasch nickten. Kellen schaute gequält zu Elea, die immer noch von Breannas Armen gehalten wurde, sich aber inzwischen von ihrem Peiniger abgewandt hatte und an Breannas Brust gelehnt hemmungslos weinte. Jeder konnte sehen, dass sie am Ende ihrer Kräfte war. Der vergangene Tag und die noch nicht lange zurückliegende Nacht hatten deutliche Spuren hinterlassen. Kellen schluckte seinen abgrundtiefen Hass gegenüber diesem grausamen Mann hinunter und sagte – immer noch seinen Blick auf Elea ruhend - mit brüchiger Stimme: „Ich habe sie... nie... angerührt. Das schwöre ich auf das Leben meiner Schwester Kaitlyn... Genügt Euch das jetzt?“ Erst bei den letzten Worten richtete er seine tränenverhangenen Augen auf das maskierte Gesicht. Maél ließ quälend lange Zeit nach diesem ergreifenden Schwur verstreichen. Schließlich gab er den Befehl zum Aufbruch und riss Elea grob aus Breannas Arme. Die junge Frau schrie kurz vor Schmerz auf, sah ihm noch mit resigniertem Blick in die Augen. Dann verlor sie das Bewusstsein. Hätte Maél sie nicht am Arm gehalten, wäre sie hart auf den Boden aufgeschlagen. So schwang er sie sich lässig auf die Arme und trug sie aus dem Haus zu den bereitstehenden Pferden. Alle folgten ihm. Kaitlyn hatte wieder zu weinen angefangen. „Warum ist der Mann so böse zu uns?“ Niemand war in der Lage zu antworten. Jeder setzte sich
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