Elea: Die Träne des Drachen (Band 1) (German Edition)
Fell befreie ich euch schon mal. Und du Jadora, du kümmerst dich um unser Abendmahl!“
Daraufhin verließen die beiden Männer eine mehr als erstaunte junge Frau. Elea konnte nicht umhin zu denken, dass Maél sich die ganze Zeit über lustig über sie und ihren desolaten Zustand gemacht hatte. Aber das konnte sie eher verschmerzen, als seine hasserfüllten Worte und Erniedrigungen.
Es war nicht einfach, sich verdeckt unter dem Umhang zu waschen, sodass sie nur teilweise mit dem Ergebnis zufrieden war. Richtig sauber fühlte sie sich nicht, aber zumindest hatte sie dank Breannas Lavendel-Rosen-Seife den ekelerregenden Gestank der Felle von ihrem Körper weitgehend loswerden können. Nun saß sie da, frische und trockene Kleider am Leib und knabberte ein paar Haferkekse, die sie mit heißem Kräutertee, den ihr Jadora gebracht hatte, hinunterspülte.
Es hatte aufgehört zu regnen. Der Himmel wölbte sich jedoch immer noch grau über sie. Elea beobachtete die Männer bei ihren Beschäftigungen. Einer drehte die beiden aufgespießten Kaninchen über dem Feuer. Drei würfelten. Der, der sie für eine Hexe hielt, reinigte seine Waffen. Dieser Anblick erinnerte sie unwillkürlich an Albin, der dies häufig abends nach dem Essen mit einer für sie nicht nachvollziehbaren Hingabe zu tun pflegte. Ihre Gedanken hörten nicht auf, um ihre Familie zu kreisen. Vor allem an Kellen, der tot im Nirgendwo lag, musste sie unablässig denken. Sie hoffte, dass Albin sich auf die Suche nach ihm gemacht und seine Leiche gefunden hatte, sodass er ihn wenigstens nach Hause bringen und die Familie ihn beerdigen konnte. Arme Breanna! Dieser verdammte Mistkerl! Wenn er glaubt, dass er mich ihm gegenüber mit seinem fürsorglichen Verhalten milder stimmt, dann hat er sich getäuscht! Die Vorstellung, wie ihre Familie um Kellen trauerte, schmerzte sie so sehr, dass sie still vor sich hin zu weinen begann. Ihr tränenverhangener Blick schweifte hin und her, bis sie Jadora und Maél bei den Pferden entdeckte. Jadora redete ununterbrochen, während Maél nur gelegentlich mürrisch etwas zu dem Gespräch beitrug. Dieser Mann gab ihr Rätsel auf. Seitdem sie erwacht war, hatte er sie kein einziges Mal hasserfüllt angeknurrt oder respektlos behandelt. Was hat ihn wohl zu diesem Sinneswandel bewogen? Und warum trägt er auf einmal nicht mehr seine Maske? Und was mich noch mehr interessieren würde, warum trägt er überhaupt eine? Bisher hatte sie es noch nicht gewagt, sein Gesicht aus der Nähe zu mustern. Aber was sie auf den ersten flüchtigen Blick erkennen konnte, konnte man auf gar keinen Fall als hässlich oder abstoßend bezeichnen. Im Gegenteil, sie kam sogar zu dem Schluss, dass er überdurchschnittlich gut aussah, wenn man ihn mit den anderen Kriegern verglich. Viele Vergleiche konnte sie nicht ziehen, da sie bisher noch nicht vielen Männern in ihrem behüteten Leben begegnet war. Kellen empfand sie immer als außerordentlich gutaussehend. Einen Makel hatte sie jedoch in seinem Gesicht entdeckt, sofern man seine zweierlei Augen nicht ebenfalls als ein Makel betrachtete: Er hatte auf der rechten Wange, in der Gesichtshälfte mit dem blauen Auge, eine kreisrunde Brandnarbe, ähnlich wie jene, die sie bereits auf seiner Brust und auf seinem Rücken entdeckt hatte. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass Maél sie ebenfalls anstarrte. Ertappt sah sie schnell weg und trank ihren Becher mit Tee leer. Dann wickelte sie sich in ihren Fellumhang ein und tat so, als schliefe sie.
Man konnte deutlich spüren, dass der Herbst den Sommer nun doch endgültig vertrieben hatte. Das Tageslicht war beinahe vollkommen zugunsten der abendlichen Dunkelheit gewichen, als sich alle zum Essen am Lagerfeuer versammelten. Auch Elea gesellte sich auf Jadoras Bitte zu ihnen. Der Hauptmann saß zu ihrer Linken und versorgte sie ständig mit den besten Fleischstücken. Alle kauten und schmatzten genüsslich vor sich hin, was kein Wunder war. Die Abendmahlzeit schien die Hauptmahlzeit der Männer zu sein. Daran musste sich Elea erst gewöhnen.
Die von dem orangeroten flackernden Feuerschein angestrahlten Gesichter der neunköpfigen Gruppe glühten mit Eleas rot leuchtendem Haar um die Wette. Ihr fiel auf, dass die Krieger heute Abend beim Essen auffallend schweigsam waren, wohingegen sie am Abend zuvor ihr Essen noch in ausgelassener Stimmung zu sich genommen hatten, während sie leidend am Baum hing. Sie warfen nur ab und zu verstohlene Blicke zu ihr hinüber. Nach
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