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Elefantengedaechtnis

Elefantengedaechtnis

Titel: Elefantengedaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: António Lobo Antunes
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tat das Bäuchlein weh, da habe ich ihm das Thermometer unters Ärmchen gesteckt, die Äuglein des Kleinen, das arme Häschen, waren so was von entzündet, das können Sie sich nicht vorstellen, und dann hat er eine Woche lang Hühnerbrühchen bekommen, ich habe schon überlegt, ob ich Ihr Väterchen anrufen sollte, man weiß ja nie, ob in diesem Alter das Köpfchen nicht auch was mit abbekommt, jetzt geht es ihm aber Gott sei Dank wieder besser, der heiligen Philomena habe ich ein Kerzchen versprochen, den Kleinen habe ich im Bettchen sitzen und Empfangsdame spielen lassen, da er es
nicht hier machen kann, tut er so, als würde er dort die Anrufe entgegennehmen, gerade eben noch hat sich der Herr Ingenieur Godinho, dieser etwas kräftige, sehr sympathische Herr, nichts für ungut, gewundert, nicht meinen kleinen Edgar zu hören, er war so an ihn gewöhnt, er hat sogar zu mir gesagt, Wo ist denn der Junge, Dona Delmira? So Gott will, ist er nächste Woche wieder da, Herr Ingenieur, habe ich gesagt, und es ist ja nicht, weil er mein Sohn ist, ich will mich ja nicht selbst loben, aber Sie können sich gar nicht vorstellen, wie begabt er für Kopfhörer ist, Herr Doktor, wenn er groß ist, wird er bestimmt bei der Marconi anfangen, meine Schwester sagt immer, So einen wie Edgar Filipe habe ich noch nie gesehen, sie nennt ihn immer Edgar Filipe, so heißt er nämlich, Edgar hat er vom Vater und Filipe vom Paten, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so gut mit einer Telefonanlage umgehen kann, und das stimmt, meine Schwester ist mit einem Elektriker verheiratet und hat einen Blick für so was, die heilige Muttergottes wird hoffentlich dafür sorgen, daß die Grippe seinen Öhrchen keinen Schaden zufügt. Da mag ich gar nicht dran denken, da wird mir gleich ganz schwindlig, ich nehme nämlich Effortil, der Kassenarzt hat mich gewarnt, Sie müssen mit dem Blutdruck aufpassen, an den Nieren haben Sie nichts, aber passen Sie mit dem Blutdruck auf, und Ihren nächsten kleinen Termin habe ich auf Freitag gelegt, Herr Doktor.
    Dieses Filigrankaravellengerede löst in mir die verwunderte Begeisterung aus, die auch Häkeldeckchen und die Bemalung von Karussells erwecken, dachte der Doktor, Amulette eines Volkes, das in einer Landschaft im Todeskampf liegt, die aus Katzen auf Fensterbänken im Erdgeschoß und unterirdischen Pissoirs besteht. Sogar der Fluß seufzt tief unten in den
Toiletten sein Asthma ohne Größe: Seit das Kap Bojador umschifft wurde, ist das Meer unwiderruflich dick und zahm geworden wie die Hunde der Concierges, die nervtötend unterwürfig ihr kastriertes Hinterteil an unseren Fußknöcheln reiben. Da er eine erneute Beschreibung von gesundheitlichen Unglücksfällen fürchtete, verschwand der Arzt in der Grotte des Warteraums wie ein von einem Krabbenfischer bedrohter Krebs. Dort garantierte ihm ein Stapel missionarischer Zeitschriften neben der schmiedeeisernen Stehlampe, die um sich herum das gedämpfte Licht eines schielenden Auges verbreitete, den unschuldigen Frieden eines Vaterunsers auf Zulu. Während er die Hüften auf dem Sofa aus schwarzem Leder unterbrachte, das von unzähligen, ihm vorangegangenen Kariesfällen abgenutzt war, ein in Form eines Stuhls einbalsamiertes Pferd, das möglicherweise noch drei oder vier ungeschickte Huftritte verteilen konnte, zog er aus dem Stapel der tugendhaften Zeitschriften die Reste einer Wochenpublikation mit einer lachenden, mestizischen Nonne auf dem Deckblatt heraus, worin ein irischer Priester in einem langen, mit Zebras illustrierten Artikel von der fruchtbaren Bekehrung eines Pygmäenstammes erzählte, aus dem zwei, der Diakon M’Fulum und der Unterdiakon T’Loclu, heute in Rom die revolutionäre These vorbereiteten, die die genaue Höhe der Arche Noah anhand der Berechnung der durchschnittlichen Länge der Giraffenhälse festlegte: Die Ethno-Theologie stürzte den Katechismus. Bald schon würde ein Kanonikus aus Saudi-Arabien zeigen, daß Adam ein Kamel war, die Schlange eine Pipeline Gottvaters, eines Scheichs mit Ray-Ban-Brille, der im Paradies Scharen von Eunuchenengeln von seinem sechstürigen Mercedes aus befehligte. Einen Augenblick lang dachte der Psychiater, Aga
Khan sei tatsächlich eine Inkarnation Jesu Christi, der sich für die Qualen auf dem Kalvarienberg rächte, indem er in Begleitung der Miss Filipinas die Schweizer Berge auf Skiern heruntersauste, und die wahren Heiligen seien die gebräunten Kerle, die mit den männlichen Gebärden

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