Elegie - Herr der Dunkelheit
Helm der Schatten zerschlagen wird, dann sollen die Fjeltrolle fallen und die Wehre geschlagen werden, noch ehe sie sich erheben. Der Weltenspalter wird nicht mehr sein, die Souma wird wieder strahlen, die Gespaltene Welt wird wieder eins und Haomanes Kinder werden überleben.‹«
Es dauerte ihn, das zu sagen, als ob die Fjeltrolle ihn irgendwie dafür verantwortlich machen würden. Und tatsächlich, wenn er damals das Kind getötet hätte … wenn er das Kind getötet hätte. Dann wäre die Linie des Hauses Altorus damals erloschen, und die Prophezeiung hätte es nicht gegeben.
Blaue Augen, milchig und fragend. Rotgoldenes Haar weich um den feuchten Kopf.
Er hatte es nicht tun können. Der Säugling, das Kind jener Verbindung, mit der man ihm Hörner aufgesetzt hatte, war nach Roscus der nächste Herrscher des Hauses Altorus geworden.
»Ja«, sagte Hyrgolf und nickte. »So habe ich es auch gehört. Die Gespaltene Welt wird wieder eins, aber wir werden darüber das Leben verlieren. Nun ja, diese Hochzeit ist ja nur ein Teil davon. Es muss noch wesentlich mehr geschehen, bis sich diese Prophezeiung erfüllt, und bei der Hälfte dieser Dinge weiß doch kaum jemand, was sie bedeuten.«
»Der Fürst weiß es«, sagte Tanaros. »Und Malthus.«
Sie tauschten einen Blick, Mensch und Fjel, als der Name ihres gemeinsamen Feindes fiel.
»Malthus«, grollte Hyrgolf aus tiefer Brust. Der weise Gesandte, Träger eines Soumanië, des Letzten der drei, der letzten großen Schöpfung Haomanes. »Ja, Malthus, Heerführer, das will ich nicht leugnen. Aber er ist jetzt nur noch allein, während wir die Drei in unseren Reihen haben.«
Tanaros, Vorax, Uschahin.
»Bete darum, dass wir genügen«, sagte Tanaros.
»Das tue ich, Heerführer«, sagte der Fjeltroll. »Das tue ich.«
Tanaros Schwarzschwert, Heerführer der Truppen von Finsterflucht, ging allein in sein Quartier, und ein Stein von der Größe eines Eis lag in seiner Tasche.
Gelegentlich berührte er ihn, wenn er des Gefühls von Sicherheit bedurfte.
Anderswo im Lande Urulat brannten niedrige Flammen in den Lampen der Archive von Meronil im Hause Ingolins. Eine ältliche Gestalt in den Gewändern eines Gelehrten hatte sich über einen ledergebundenen Folianten gebeugt und murmelte vor sich hin. Das karge Licht der Lampe beschien den grauen, verworrenen Bart des Mannes, legte Schatten auf die tiefen Runzeln seines Gesichts und ließ seine Züge hart hervortreten. Um ihn herum türmten sich die großartigen Schätze, die in diesem Archiv sicher verwahrt wurden.
Langsame und gesetzte Schritte, von den eleganten Teppichen gedämpft, näherten sich.
»Alter Freund«, sagte Ingolin, der letzte Fürst der Ellylon. »Du solltest dich ausruhen.«
Der Kopf mit der scharf geschnittenen Nase und den harten Augen unter dichten Brauen hob sich. »Du weißt, wieso ich das nicht kann.«
»Es ist ein Freudentag, alter Freund«, erinnerte ihn der Ellyl.
Malthus der Gesandte lachte freudlos. »Kannst du mir verraten, wie man das Feuermark verlöschen lässt, weiser Ingolin? Kannst du das Unbekannte bekannt werden lassen?«
»Du weißt, dass ich es nicht kann.« Schicksalsergebene Ruhe lag in der Antwort des Ellyl. Nach der Art seines Volkes hatte sein Leben schon lange Jahre gedauert, und ihm waren die Grenzen seines eigenen Wissens bewusst. »Dennoch, Cerelinde hat sich endlich gefügt, und Aracus Altorus hat dem alten Stolz seines Hauses entsagt. Wie es scheint, haben beide die Liebe gefunden. Ein Stück der Prophezeiung wird sich erfüllen, und der Fortbestand der Riverlorn ist gesichert. Dürfen wir uns darüber nicht freuen?«
»Es genügt nicht.«
»Nein.« Ingolins Blick wanderte unwillkürlich nach Westen, wo Dergails Soumanië am Himmel stand. »Alter Freund«, sagte er fragend, und zum ersten Mal seit Jahrhunderten zitterte seine Stimme. »Hast du die Antworten zu jenen Fragen, die du mir stellst?«
»Vielleicht«, sagte Malthus der Gesandte langsam und rieb sich die Nasenwurzel; dann sah er den Fürsten der Ellylon mit Raubvogelblick an. »Vielleicht. Aber der Weg dorthin wird lang und schwer sein, und es gibt noch viele Dinge, bei denen ich unsicher bin.«
Ingolin breitete die Hände aus. »Die Hilfe der Riverlorn sei dir gewährt, Malthus. Sag uns, wie wir dir dienen können.«
»Gar nicht«, sagte Malthus der Gesandte. »Das ist es ja gerade.«
In einem anderen Flügel von Ingolins Haus war das Feuer im großen Kamin beinahe heruntergebrannt.
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