Elenium-Triologie
See fehlt und der sanfte Kuß der Gischt auf den Wangen.«
»Bis zum nächsten Salzwasser ist es weit, Maat«, warf ein Mann mit Teerflecken am Kittel mit respektvoller Stimme ein. »Was hat dich hierher verschlagen?«
Mit einem abgrundtiefen Seufzer blickte Kurik zu dem Mann, der in einer Ecke saß. »Hab' mein Schiff versäumt, Maat. Wir haben in Apaiia angelegt, sind von Yosut oben in Thalesien gekommen, und beim Landgang hab' ich wohl ein bißchen zu viel Grog erwischt. Der Käpt'n gehörte nicht zu denen, die auf Nachzügler warten, und schon war ich gestrandet. Aber ich hab' Glück im Unglück gehabt und bin dem Mann da begegnet.« Er klopfte Sperber kameradschaftlich auf die Schulter. »Er hat mich angeheuert, hat gesagt, er will sich ein Boot hier in Venne mieten und braucht jemand, der was von Booten versteht, weil er nicht gern am Grund von dem See da enden möcht'.«
»Ah, so ist das, Maat«, sagte der Mann mit den Teerflecken. Mit zusammengekniffenen Augen erkundigte er sich: »Was würde dein Arbeitgeber denn für ein Boot ausgeben?«
»Wär' bloß für zwei Tage«, erklärte Kurik. Er blickte Sperber an. »Was meint Ihr, Käpt'n? Tät eine halbe Krone Euren Beutel arg leeren?«
»Eine halbe Krone könnte ich mir leisten«, antwortete Sperber und versuchte sein Staunen über Kuriks Schauspielkunst zu verbergen.
»Zwei Tage, sagt ihr?« vergewisserte sich der Mann in der Ecke.
»Hängt vom Wind und vom Wetter ab, Maat, aber so ist's auf dem Wasser immer, nicht wahr?«
»Und ob. Könnt' sein, daß wir ins Geschäft kommen. Ich hab' ein Fischerboot, is' ziemlich groß, und mit dem Fischen war in letzter Zeit nicht viel los. Ich könnt' euch das Boot vermieten und inzwischen meine Netze flicken.«
»Wie wär's, wenn wir uns dein Boot mal ansehen?« schlug Kurik vor. »Könnt' schon sein, daß wir ins Geschäft kommen.«
Der Bootseigner leerte seinen Krug und stand auf. »Also, kommt mit.« Er ging zur Tür.
»Kurik«, sagte Sperber leise und mit gequälter Stimme,»warne mich das nächste Mal, wenn du mit solchen Überraschungen aufwartest. Meine Nerven sind nicht mehr so gut wie früher.«
»Abwechslung läßt keine Langeweile aufkommen, Käpt'n.« Kurik grinste, als sie im Schlepp des Fischers die Schenke verließen.
Das Boot war etwa dreißig Fuß lang und lag tief im Wasser.
»'s hat offenbar ein Leck oder auch mehr, Maat.« Kurik deutete auf das Wasser, das gut einen Fuß hoch im Rumpf stand.
»Wir waren gerade beim Kalfatern«, entschuldigte sich der Bootseigner. »Ist über einen Baumstamm gescharrt, der sich am Grund verfangen hat, da ist ein Spalt aufgesprungen. Die Männer, die für mich arbeiten, wollten nur schnell was essen, bevor sie fertigmachen und ausösen.« Er tätschelte liebevoll die Reling. »Sie ist ein braves Mädchen«, sagte er bescheiden, »gehorcht aufs Ruder und wird mit jedem Wetter fertig, das diesem See einfällt.«
»Und du wirst sie bis morgen zusammengeflickt haben?«
»Kein Problem, Maat.«
»Was meint Ihr, Käpt'n?« fragte Kurik Sperber.
»Sieht nicht schlecht aus«, antwortete Sperber, »aber ich bin kein Fachmann. Dafür habe ich ja Euch gedungen.«
»Also gut, dann versuchen wir's mit ihr, Maat«, versicherte Kurik dem Fischer. »Wir kommen bei Sonnenaufgang und erledigen alles.« Er spuckte in die Hand; dann schlugen er und der Bootseigner einander auf die Handteller.
»Kommt, Käpt'n«, wandte Kurik sich dann an seinen Herrn. »Suchen wir uns was zu essen und einen Grog, und dann ab in die Koje. Wird morgen ein langer Tag.« Mit dem breitbeinigen wiegenden Gang des Seemanns stapfte er das Ufer hinauf.
»Würdest du mir das freundlicherweise alles erklären?« fragte Sperber, als sie außer Hörweite des Bootseigners waren.
»Das ist nicht schwierig, Sperber«, sagte Kurik. »Männer, die auf Seen segeln, haben immer großen Respekt vor richtigen Seeleuten und tun gewöhnlich so ziemlich alles, um ihnen gefällig zu sein.«
»Das ist mir nicht entgangen. Aber wo hast du gelernt, so überzeugend einen Seemann zu spielen?«
»Ich bin wirklich zur See gefahren, als ich sechzehn war. Aber das habe ich dir ja schon mal erzählt.«
»Nicht daß ich wüßte.«
»Ich bin ziemlich sicher, daß ich es dir erzählt hab'.«
»Vielleicht habe ich es nur vergessen. Aber was hat dich zur See getrieben?«
»Aslade.« Kurik lachte. »Sie war damals etwa vierzehn und gerade aufgeblüht. Sie hatte diesen ›heirate-mich-Blick‹, aber ich war noch nicht
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