Elenium-Triologie
unangenehme Dinge an den Kopf werfen.«
»War das nicht ein bißchen gefährlich?«
»Sehr sogar«, gab sie zu.
»Wird der Erwachsene eine Gefährtin finden?« fragte Tynian Flöte mit einem Zittern in der Stimme. »Ich hätte nicht gern, daß die Welt von Suchern wimmelt.«
»Er wird keine Gefährtin finden«, versicherte sie ihm. »Er ist der einzige seiner Art und er hat keinen Mund mehr und kann sich deshalb nicht ernähren. Er wird etwa eine Woche in verzweifelter Suche umherschwirren.«
»Und dann?«
»Und dann? Dann wird er verenden.« Sie sagte es in kühlem, gleichmütigem Ton.
20
Sie zerrten die leere Hülle des Suchers von der Straße und kehrten zwischen die Bäume zurück, um auf Ghwerig zu warten. »Wo ist er jetzt?« fragte Sperber Flöte.
»Nicht weit von der Nordspitze des Sees. Zur Zeit bewegt er sich nicht. Ich nehme an, daß die Leibeigenen, nun da der Nebel sich aufgelöst hat, zum Arbeiten auf die Felder gegangen sind. Wahrscheinlich sind so viele Leute unterwegs, daß er sich verstecken muß.«
»Das würde bedeuten, daß er erst am Abend, nach Anbruch der Dunkelheit hier vorbeikommen wird, nicht wahr?«
»Wahrscheinlich.«
»Ich bin nicht sehr begeistert davon, einem Troll im Dunkeln zu begegnen.«
»Ich kann Licht machen, Sperber – wenigstens genug für unsere Zwecke.«
»Da bin ich aber froh.« Er runzelte die Stirn. »Warum hast du den Sucher nicht schon früher zum Kampf gestellt, wo du doch die Macht hast, ihn zu besiegen?«
»Es war nie genug Zeit. Er kam immer unerwartet, und es dauerte eine Weile, diesen Zauber vorzubereiten. Mußt du wirklich so viel reden, Sperber? Ich versuche, mich auf den Bhelliom zu konzentrieren.«
»Entschuldige. Ich werde mich mit Ulath unterhalten. Ich möchte mir genau erklären lassen, wie man am besten gegen einen Troll kämpft.«
Er fand den hünenhaften genidianischen Ritter unter einem Baum dösend vor. »Was tut sich?« Ulath öffnete ein Auge.
»Flöte sagt, daß Ghwerig sich momentan offenbar irgendwo versteckt hat. Jedenfalls bewegt er sich nicht von der Stelle. Hierher wird er wahrscheinlich erst am Abend kommen.«
Ulath nickte. »Trolle treiben sich am liebsten im Dunkeln herum. Sie sind nächtliche Jäger.«
»Wie kann man am besten gegen ihn vorgehen?«
»Möglicherweise mit Lanzen – wenn wir alle gleichzeitig auf ihn einstürmen. Vielleicht gelingt einem von uns ein tödlicher Stoß.«
»Meint Ihr nicht auch, daß es etwas zu gefährlich ist, sich nur auf das Glück zu verlassen?«
»Einen Versuch ist es jedenfalls wert. Aber Ihr habt recht, es ist gefährlich, und wir werden wahrscheinlich doch zu unseren Schwertern und Streitäxten greifen und sehr vorsichtig sein müssen, daß wir nicht in Reichweite seiner Arme kommen. Sie sind sehr lang; außerdem sind Trolle viel behender, als sie aussehen.«
»Ihr wißt offenbar eine Menge über sie. Habt Ihr je gegen einen Troll gekämpft?«
»Ein paarmal, ja. Aber das sollte man sich wahrhaftig nicht zur Gewohnheit machen. Hat Berit noch seinen Bogen?«
»Ich glaube schon.«
»Gut. Es hat sich bewährt, einen Troll erst mit ein paar Pfeilen zu spicken, bevor man sich auf einen Nahkampf mit ihm einläßt.«
»Wird auch er bewaffnet sein?«
»Mit einer hölzernen Keule wahrscheinlich. Für Schmiedearbeiten haben Trolle keine Begabung.«
»Wie habt Ihr eigentlich ihre Sprache gelernt?«
»Wir hatten einen zahmen Troll in unserem Ordenshaus in Heid. Fanden ihn als Kleinkind, und Trolle beherrschen von Geburt an ihre Sprache. Er war ein verschmuster kleiner Racker – anfangs wenigstens. Später hat er sich dann so allerhand geleistet. Ich habe die Sprache von ihm gelernt, während er aufwuchs.«
»Was meint Ihr damit, daß er sich allerhand geleistet hat?«
»Es war eigentlich nicht seine Schuld, Sperber. Wenn ein Troll erwachsen wird, bekommt er gewisse Bedürfnisse, und wir hatten keine Zeit, ein Weibchen für ihn zu suchen. Und dann wurde es immer schlimmer mit seinem Appetit. Er fraß in der Woche zwei Kühe oder ein Pferd.«
»Was ist aus ihm geworden?«
»Einer unserer Brüder ging hinaus, um ihn zu füttern, da hat der Troll sich auf ihn gestürzt. Das konnten die Brüder nicht hinnehmen und so beschlossen wir, ihn zu erschlagen. Dazu bedurfte es fünf von uns, und die meisten mußten danach mindestens eine Woche das Bett hüten.«
»Ulath«, Sperber blickte ihn mißtrauisch an, »wollt Ihr mich auf den Arm nehmen?«
»Ritter Sperber, ich bitte Euch!
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