Elenium-Triologie
noch Atem in mir ist!« erklärte Bevier heftig und legte die Lanze ein.
»Haltet Euch zurück, Bevier!« warnte Kurik. »Die beiden wissen schon, was sie tun! Auch wenn keiner von uns eine Ahnung hat.«
»Und du tändelssst immer noch mit diesssen elenischen Kindern, Sssephrenia?« höhnte Azashs Stimme. »Wenn du einen ssso ungeheuren Appetit hassst, dann komm zu mir, ich werde dich befriedigen.«
»Dazu bist du nicht mehr imstande, Azash! Du hast doch nicht etwa deine Entmannung vergessen? Du bist ein Scheusal in den Augen aller Götter, deshalb haben sie dich vertrieben, kastriert und dich an deinen Ort ewiger Qual und endloser Reue verbannt.«
Das Ungeheuer auf dem erschöpften Pferd zischte vor Wut, und Sephrenia nickte Flöte zu. Die Kleine hob die Syrinx an die Lippen und begann zu spielen. Ihre Melodie war eine rasche Folge an- und abschwellender Mißklänge, und der Sucher wich zurück. »Esss wird dir nichtsss nützzzen, Sssephrenia!« schrillte Azashs Stimme. »Die Zzzeit issst noch nicht gekommen!«
»Glaubst du das wirklich, mächtiger Azash?« sagte sie spöttisch. »Dann haben die endlosen Jahrhunderte deiner Verbannung dich außer deiner Männlichkeit auch den Verstand gekostet.«
Der Sucher stieß ein Kreischen rasender Wut aus.
»Impotentes Göttlein«, setzte Sephrenia ihr Sticheln fort, »kehr nach dem gräßlichen Zemoch zurück und nage an deiner Seele in nutzlosem Verlangen nach all den Freuden, die dir für ewig versagt sind!«
Azash heulte, und Flötes Weise wurde schneller.
Etwas geschah mit dem Sucher. Sein Körper schien sich unter der schwarzen Vermummung zu winden, und grauenvolle, unverständliche Laute quollen unter seiner Kapuze hervor. Mit schrecklich ruckhaften Bewegungen kletterte er von dem sterbenden Pferd und taumelte mit ausgestreckten Scheren vorwärts.
Mit klirrenden Waffen näherten sich die Ordensritter Sephrenia und dem kleinen Mädchen, um sie zu beschützen.
»Zurück mit euch!« fauchte Sephrenia. »Er kann jetzt nicht mehr aufhalten, was geschieht.«
Der Sucher fiel zuckend auf die Straße und riß sich das schwarze Gewand vom Leib. In Sperber stieg Übelkeit auf. Der Sucher hatte einen langen, dünnen Körper, der in der Mitte geteilt war, wie bei einer Wespe, und er war mit einem schimmernden, eiterähnlichen Schleim bedeckt. Seine dünnen Gliedmaßen hatten ungezählte Gelenke, aber er besaß kein eigentliches Gesicht, sondern nur zwei Augen wie Beulen und einen klaffenden Rachen mit spitzen Zähnen, die den Fängen eines Raubtiers ähnelten.
Azash schrie Flöte kreischend etwas zu. Sperber erkannte zwar, daß es styrisch war, aber er verstand die Worte nicht – und er war dankbar dafür.
Und dann barst der Sucher mit einem gräßlich reißenden Geräusch auf. Es war etwas in seinem Innern, etwas, das zuckte und sich wand und herauszukommen versuchte.
Der Riß im Körper des Suchers wurde weiter und das, was in ihm war, drang allmählich heraus. Es war naß und glänzend schwarz. Durchscheinende Flügel hingen von seinen Schultern. Es hatte zwei große, vorstehende Augen, feine Fühler und keinen Mund. Es zitterte und plagte sich, sich aus der jetzt zusammengefallenen Hülle des Suchers zu befreien. Dann, als es schließlich frei war, kauerte es im Schmutz der Straße und flatterte mit den Flügeln, um die Feuchtigkeit darauf zu vertreiben. Als die Flügel trocken und mit etwas Rotem durchzogen waren, das Blut sein mochte, schwirrten sie so schnell, daß sie vor den Augen zu verschwimmen schienen; und die Kreatur, die auf so scheußliche Weise vor ihren Augen entstanden war, hob sich in die Lüfte und flog ostwärts davon.
»Haltet es auf!« brüllte Bevier. »Laßt es nicht entkommen!«
»Es ist jetzt harmlos«, beruhigte Flöte ihn und senkte ihre Syrinx.
»Was hast du getan?« fragte Bevier mit geradezu ehrfürchtigem Staunen.
»Der Zauber hat nur das Heranreifen der Kreatur beschleunigt«, erklärte sie. »Meine Schwester hatte recht, und es war gut, daß sie mich diese Zauberformel gelehrt hat. Es ist jetzt erwachsen, und alle seine Instinkte sind auf Paarung ausgerichtet. Nicht einmal Azash kann es jetzt von seiner verzweifelten Suche nach einer Gefährtin abhalten.«
»Was war eigentlich der Zweck dieses Austausches von Beleidigungen?« fragte Kalten Sephrenia.
»Azash mußte so wütend gemacht werden, daß er die Kontrolle über den Sucher verlor, damit Flötes Zauber wirken konnte«, antwortete sie. »Deshalb mußte ich ihm ein paar
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