Elenium-Triologie
erklärte ihm Vanion.
»Und alles übrige aufgeben?« rief Nashan erschrocken. »Meine Herren, wir sprechen über die größte – und reichste – Stadt der Welt!«
»Wir haben keine Wahl, Ritter Nashan«, versicherte ihm Abriel. »Die Mauern der Altstadt wurden im Altertum erbaut. Sie sind viel höher und trutziger als die äußere Stadtmauer. Wir können die Altstadt verteidigen – eine Zeitlang zumindest –, aber unmöglich die ganze Stadt halten.«
»Dann müssen wir einige sehr harte und unangenehme Entscheidungen treffen«, stellte Hochmeister Darellon fest. »Wenn wir uns in die Altstadt zurückziehen, bleibt uns nichts anderes übrig, als die Bevölkerung auszuschließen. Wir haben nicht genügend Vorräte für so viele Personen.«
»Wir können jedoch nichts tun, ehe wir nicht den Befehl über die Kirchensoldaten haben«, sagte Vanion. »Vierhundert Ordensritter allein sind nicht in der Lage, Martels Armee standzuhalten.«
»Vielleicht kann ich da helfen«, warf Patriarch Emban ein. Er hatte sich in einem riesigen Sessel ausgestreckt und die Hände auf dem Faßbauch verschränkt. »Es hängt jedoch davon ab, wie selbstherrlich Makova sich morgen früh fühlen wird.« Emban war direkten Antworten ausgewichen, als Sperber ihn gefragt hatte, welchen Auftrag er Kurik und Berit erteilt hatte.
»Wir werden einen taktischen Vorteil haben«, sagte Komier nachdenklich. »Martels Truppen sind Söldner. Sobald sie in der Neustadt sind, werden sie sich erst einmal viel Zeit zum Plündern nehmen. Und das wiederum gibt uns mehr Zeit.«
Emban grinste. »Es wird auch einen beachtlichen Prozentsatz der Hierokratie ablenken. Viele meiner Mitpatriarchen haben prunkvolle Häuser außerhalb der Altstadtmauer. Ich könnte mir vorstellen, daß sie das Plündern in der Neustadt mit blutendem Herzen beobachten. Es könnte ihre Begeisterung für die Kandidatur des Primas von Cimmura sehr dämpfen. Mein Haus dagegen befindet sich hier in der Altstadt. Ich werde also völlig klar denken können, und Ihr auch, Dolmant, nicht wahr?«
»Ihr seid ein schlimmer Mann, Emban«, rügte Dolmant.
»Aber Gott freut sich über meine Bemühungen, Dolmant, ganz gleich wie hinterlistig sie auch sein mögen. Wir alle leben, um zu dienen – jeder auf seine eigene, besondere Weise.«
Er hielt inne und runzelte die Stirn. »Ortzel ist unser Kandidat«, fuhr er dann fort. »Ich persönlich hätte einen anderen ausgesucht, aber momentan hat eine Welle von Konservativismus die Kirche überspült, und Ortzel ist so konservativ, daß er nicht einmal an Feuer glaubt. Wir müssen ihn vielleicht ein bißchen bearbeiten, Dolmant. So, wie er jetzt ist, kann man ihn nicht gerade als liebenswert bezeichnen.«
»Das ist unser Problem, Emban – Eures und meines«, erklärte Dolmant. »Aber jetzt sollten wir uns alle mit militärischen Fragen beschäftigen.«
»Unser nächster Schritt wird wohl sein, geeignete Rückzugsrouten festzulegen«, meinte Abriel. »Wenn es der Patriarch von Uzera fertigbringt, die Kirchensoldaten unserem Befehl zu unterstellen, werden wir sie rasch in die Altstadt verlegen müssen, ehe die Bevölkerung ahnt, was wir tun, wenn wir nicht Scharen von Flüchtlingen bei uns haben wollen.«
»Das ist rücksichtslos, meine Herren!« tadelte Sephrenia. »Ihr gebt Unschuldige einer Horde von Wilden preis. Martels Männer werden sich nicht mit Plündern allein zufriedengeben. Ganz gewiß werden schreckliche Greuel geschehen.«
Dolmant seufzte. »Krieg ist nie zivilisiert, kleine Mutter. Ach ja, noch etwas anderes. Ab sofort werdet Ihr stets mit uns zur Basilika kommen. Ich will Euch an einem Ort haben, an dem wir Euch beschützen können.«
»Wie Ihr meint, Lieber.«
Talen machte eine Leidensmiene. »Ich kann Euch wohl nicht dazu überreden, mich aus der Altstadt hinauszulassen, bevor Ihr die Tore schließt?« fragte er Sperber.
»Nein«, antwortete Sperber. »Aber warum möchtest du das denn?«
»Natürlich, um mir einen Anteil an der Beute zu beschaffen. Das ist eine einmalige Gelegenheit!«
»Du würdest doch nicht bei der Plünderung der Häuser mitmachen, Talen?« sagte Bevier entsetzt.
»Selbstverständlich nicht, Ritter Bevier. Das überlasse ich Martels Soldaten. Erst wenn sie mit den Armen voll Beute auf die Straßen herauskommen, werden die Diebe von Chyrellos eingreifen und sie ausnehmen. Ich könnte mir vorstellen, daß Martel in den nächsten Tagen ziemlich viele Männer verlieren wird. Unter seinen Leuten wird eine
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