Elenium-Triologie
Ulesim ist gar nicht so schlimm – solange der Wind nicht gerade von ihm her weht. Wie auch immer, ich ging in Arzium an Land, brandschatzte Coombe und marschierte nach Larium. Ich muß schon sagen, Wargun ließ sich ganz schön Zeit. Als er endlich eintraf, ritt ich weg und führte ihn in Arzium in Kreisen an der Nase herum. Das war ein vergnüglicher Zeitvertreib, während ich auf die Nachricht wartete, daß Cluvonus das Zeitliche gesegnet hat. Tut mir leid, daß ich nicht zur Trauerfeier erscheinen konnte.«
»Da ist noch was, das dir leid tun dürfte, Martel. Annias wird nicht imstande sein, dich zu bezahlen. Ehlana ist wieder genesen und hat ihm den Zugang zum Staatssäckel abgeschnitten.«
»Ja, das hörte ich – von Prinzessin Arissa und ihrem Sohn. Als kleinen Gefallen für den Primas von Cimmura habe ich sie aus dem Kloster befreit. Leider gab es dabei ein kleines Mißverständnis. Sämtliche Nonnen in jenem Kloster sind ganz plötzlich gestorben. Bedauerlich. Als wir dann abzogen, haben meine Soldaten noch rasch Feuer an das Kloster gelegt. Ich werde Arissa Grüße von dir ausrichten, wenn ich wieder bei meinen Truppen bin. Ich habe sie in meinem Zelt untergebracht, schon seit wir Demos verließen. Die Schrecken ihrer Inhaftierung haben sie sehr mitgenommen, deshalb tröste ich sie, so gut ich kann.«
»Diese Nonnen sind ein Grund mehr für mich, dich zu töten!«
»O bitte, du kannst es jederzeit versuchen. Aber sag mal, wie in aller Welt ist es dir gelungen, Ehlana zu heilen? Man hat mir in Rendor versichert, daß es kein Gegenmittel gäbe.«
»Das war ein Irrtum. Wir haben in Dabur erfahren, wie sie geheilt werden konnte. Deshalb waren Sephrenia und ich dort. Daß wir dir in Arashams Zelt einen Strich durch deine Rechnung gemacht haben, war eine willkommene zusätzliche Befriedigung für uns.«
»Es hat mich wirklich sehr verärgert, das gebe ich zu.«
»Wie willst du deine Truppen denn bezahlen?«
»Sperber«, sagte Martel kopfschüttelnd. »Ich bin dabei die reichste Stadt der Welt zu erobern. Hast du eine Ahnung, welche Beute es in Chyrellos gibt? Meine Soldaten haben sich schier überschlagen, sich mir anschließen zu dürfen – ohne jeglichen Sold, nur für die Chance, dort herumstöbern zu dürfen.«
»Dann kann ich nur hoffen, daß sie auf eine lange Belagerung vorbereitet sind.«
»So lange werde ich gar nicht brauchen, Sperber. Annias wird mir das Tor öffnen.«
»Annias hat nicht genügend Stimmen in der Hierokratie, um einen solchen Befehl zu erteilen.«
»Ich würde sagen, meine Anwesenheit wird nicht ohne Einfluß auf die Wahl bleiben.«
»Möchtest du das gleich hier klären? Nur du und ich?« forderte ihn Sperber auf.
»Warum sollte ich, wenn ich doch bereits die Oberhand habe, alter Junge?«
»Schön. Dann versuch mal, in die Stadt zu kommen. Vielleicht finden wir eine dieser dunklen Gassen, für die du eine Vorliebe hast.«
»Ich kann den Tag kaum erwarten, teurer Bruder.« Martel lächelte. »Na, Vanion, hat Euer zahmer Affe mir für Eure Zwecke genügend Antworten abgeschwatzt, oder soll ich weitermachen?«
»Reiten wir zurück«, sagte Vanion abrupt zu Sperber.
»Eine Unterhaltung mit Euch ist immer ein Vergnügen, Hochmeister Vanion«, rief Martel ihnen spöttisch nach.
Sie setzten sich im roten Studiergemach von Ritter Nashan zusammen, dem wohlbeleibten Pandioner, der das hiesige Ordenshaus leitete. Dieses Haus stand im Unterschied zu jenen der anderen Orden innerhalb der Mauer um die Altstadt, das ursprüngliche Chyrellos. Jeder Hochmeister hatte ein anderes Stadttor inspiziert, und keiner ihrer Berichte klang sonderlich ermutigend. Abriel als ältester Hochmeister erhob sich. »Was meint ihr, meine Herren?« fragte er. »Besteht überhaupt eine Möglichkeit, die ganze Stadt zu verteidigen?«
»Völlig unmöglich, Abriel«, antwortete Komier überzeugt. »Diese Tore könnten nicht einmal einer Schafherde Einhalt gebieten, und selbst wenn wir die Kirchensoldaten miteinbezogen, hätten wir nicht genügend Mannen, um eine Streitmacht abzuwehren, wie sie sich da draußen sammelt.«
»Ihr deutet da eine sehr unerfreuliche Möglichkeit an, Komier«, sagte Darellon.
»Das ist mir bewußt, aber ich sehe kaum eine andere für uns. Ihr etwa?«
»Leider auch nicht.«
»Verzeiht, meine Herren«, wandte Ritter Nashan respektvoll ein, »aber ich fürchte, ich weiß nicht, was Ihr beabsichtigt.«
»Wir müssen uns hinter die innere Stadtmauer zurückziehen, Nashan«,
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