Elfen und Goetter (Die Saga von Edro und Mergun - Komplettausgabe)
miruanisches Dorf, wie man sie zu Hunderten, weit verstreut in diesem riesigen Land, antreffen kann. Das Einzige, was Xi’n aus dieser Masse heraushob, war seine Lage zu Füßen des heiligen Berges der Götter. Und so kamen hin und wieder Pilger hierher, um den Objekten ihrer Verehrung besonders nahe zu sein. Die Bewohner von Xi’n hatten sich auf derlei Besucher eingestellt und so wurden wir bereits bei unserer Ankunft von einer ganzen Traube von Menschen umringt, die uns Unterkunft anbieten oder die eine oder andere, angeblich echte Rarität verkaufen wollten: ein Zahn aus dem Rachen einer jener Schlangen, die der Göttin Gria aus den Achselhöhlen wuchsen, war zum Beispiel zu einem Wucherpreis zu erwerben oder ein Lederbeutel mit getrocknetem Kot, der, so der Anbieter, von dem hellsehenden Gott Xilef stammte.
„Ich wusste gar nicht, dass die erhabenen Götter derartig Menschliches von sich geben“, meinte Lakyr dazu ironisch, was der betreffende Händler wegen seiner schlechten Kenntnis des Balanischen nicht verstand. Vielleicht war es auch besser so.
Nach der Besichtigung mehrerer der feilgebotenen Unterkünfte entschied Lakyr, es sei besser im Schiff zu übernachten als in jenen erbärmlichen Hütten. Aber ein paar Maultiere kauften wir, die uns ein Stück weit ins Gebirge tragen und unsere Füße schonen würden. Der Preis war völlig unverhältnismäßig, aber die Dorfbewohner schlossen folgerichtig, dass wir in dieser Sache auf sie angewiesen waren.
Ein paar Tage wollten wir in Xi’n neue Kräfte sammeln, bevor wir uns an den schweren Aufstieg zum Gipfel machen würden. Die Männer unserer Schiffscrew verbrachten den größten Teil des Tages in der einzigen Taverne des Dorfes und betranken sich, während Lakyr sich daran machte, unseren Weg zum Gipfel vorzubereiten. Mir oblag es – wegen der spärlichen Kenntnisse in miruanischer Sprache, über die ich verfügte – einen ortskundigen Mann für uns ausfindig zu machen, der uns als Führer dienen konnte.
Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich bald, dass die Bewohner von Xi’n nicht gerade reiselustig waren, zumindest, was das Land betraf.
Mit ihren Fischerbooten fuhren sie zwar weit auf den Tresu-See hinaus, die Berglandschaft in ihrer nächsten Nähe hatten sie hingegen kaum erforscht.
„Das ist heiliges Land“, pflegten die Miruani mir zu sagen, wenn ich sie darauf ansprach. „Sterbliche sollten dort nicht hingehen. Und weshalb auch? Alles, was wir brauchen, liefert uns der See. Wir haben keinerlei Grund, uns landeinwärts zu wenden.“ Ich fand schließlich doch jemanden, der bereits die steilen Hänge der vor uns liegenden Bergwelt erklettert hatte. Und wenngleich er inzwischen ein recht heruntergekommener Säufer war, der tagsüber bettelte und am Abend in die Taverne ging, um von seinem abenteuerlichen Leben zu erzählen, so schien er mir doch der einzige Mann weit und breit zu sein, der uns weiterhelfen konnte.
Der alte Trottel und ich wurden uns schnell handelseinig, was wohl auch dadurch begünstigt wurde, dass er angetrunken und in leutseliger Stimmung war.
Als es dann schließlich soweit war und wir endlich aufbrachen, da gab es verschiedene Gründe, um froh darüber zu sein, das Dorf Xi’n verlassen zu können.
Einerseits dränge es mich weiter, dem Berg der Götter entgegen, denn ich wollte nun endlich erfahren, welche Auffassung der Welt und der Weltordnung die Richtige sei, andererseits bot dieses Dorf eine recht trostlose Kulisse. Es kam noch hinzu, dass Delengi-a-Brualssm mit einigen Männern von Xi’n in Streit geraten war und diese ihn dann aus der Taverne geworfen hatten. Wer weiß, wohin dieser Hitzkopf uns noch hätte bringen können!
So zogen wir also los: Vorneweg unser Wegführer, Yali-Kler mit Namen und leidlich nüchtern, dann Ganjon, der Bogenschütze, der ehemals in der Garde des Bürgermeisters von Palniarak gedient hatte und der unser aller Leben gerettet hatte, wenngleich er mir dadurch kaum sympathischer wurde. Anschließend ritten Lakyr und ich und am Schluss dieser kleinen Maultierkarawane befand sich der ehemalige Priester Delengi …
Bald hatten wir das Dorf Xi’n hinter uns gelassen und folgten einem Waldpfad.
„Was würdet Ihr sagen, werter Herr Delengi“, so wandte Lakyr-a-Dergon sich an seinen Mitreisenden, „wenn dort oben, auf einem dieser Gipfel, sich nun doch eine Gesellschaft von Göttern tummelt?
Was würdet Ihr Arodnap zur Begründung sagen, wenn er Euch danach fragen sollte,
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