Elfen wie Diamant
dann langsam ab und flog nach Nordwesten, woher er gekommen war.
»Warte, du hast deine Nachricht noch nicht abgeliefert!«, schrie sie dem Pelikan nach. Sie hob die Hände, um zu weben, in der Hoffnung, den Wind nutzen zu können, um ihn zurückzuführen, als ein anderes Geräusch an ihre Ohren drang. Es war ebenfalls ein Flügelschlagen. Sie drehte sich um und
sah einen gewaltigen Raubvogel aus dem Himmel sinken. Sein Schnabel glänzte wie blanker Stahl.
»Dandy!«, schrie sie und beobachtete staunend, wie der Vogel seine Schwingen ausbreitete und knapp drei Meter vor ihr punktgenau auf der Reling landete. Er zog seine Flügel ein und hockte sich auf das Holz, aber bei jedem Gischtschwall erhob er sich, schlug gereizt mit seinen Flügeln und schüttelte sein Gefieder.
»Ich nehme an, Rallie hat dich geschickt«, erklärte Visyna und rückte zögernd ein Stück näher an Dandy heran. »Aber warum?«
Als Antwort sprang Dandy von der Reling und watschelte über das Deck. Seine Krallen rissen riesige Splitter aus den Planken.
»Heda! Das geht nicht, dass Ihr verdammter Vogel das Deck kaputtmacht!«, schimpfte ein Matrose und lief über das Hauptdeck, bis er vor Dandy stand.
Der Raubvogel drehte den Kopf, sodass er mit einem goldenen Auge den Seemann anstarren konnte. Visyna sagte nichts.
»Das zu reparieren wird den Schiffszimmermann eine Menge Zeit kosten«, meinte der Seemann, dessen Stimme merklich zitterte, während er versuchte, an Dandy vorbei Visyna anzublicken.
»Sind Sie der Schiffszimmermann?«, wollte Visyna wissen.
»Nein«, sagte der Matrose und trat ein paar Schritte zurück. Dandy folgte ihm.
»Dann würde ich mir darüber keine Gedanken machen«, sagte sie und folgte ihrerseits dem Vogel.
Der Matrose schien ein paar Sekunden nachzudenken, drehte sich dann um und lief davon. Dandy verfolgte ihn nicht, sondern watschelte zu der Leiche von Chayii, die in
Segeltuch eingewickelt an Deck lag. Er senkte den Kopf und zog Chayiis Leichnam mit dem Schnabel unter sich, sodass er direkt vor seinen Klauen ruhte. Dann hob er den Kopf und sah Visyna an. Seine rechte Klaue war offen und zu ihr hingestreckt.
Sie begriff, dass das eine Einladung war.
»Du bist hier, um uns zu Konowa zu bringen, stimmtâs?«
Dandy putzte wieder sein Gefieder, als eine neue Woge von Gischt über das Deck fegte.
»Sie verlassen uns«, erklärte Prince Tykkin, der über das Deck zu ihr kam und ein paar Meter vor ihr entfernt stehen blieb.
»Es sieht ganz so aus«, erwiderte Visyna. Sie wollte zu dem Vogel treten, blieb dann jedoch stehen und drehte sich zu dem Prinzen herum. »Ihr Verlust tut mir leid. Und wenn es Ihnen etwas bedeutet, ich glaube, Sie haben das Zeug zu einem ausgezeichneten Herrscher. In der kurzen Zeit, in der ich Sie kenne â¦Â« Ihr wurde klar, dass sie den Satz nicht beenden konnte, weil es zu herablassend geklungen hätte. Der Prinz beendete ihn für sie.
»Bin ich gewachsen, ja, ich nehme an, das war unausweichlich.« Er lächelte sie ironisch an. »Ich hatte einige ganz ausgezeichnete Vorbilder, von denen ich lernen konnte.« Er verbeugte sich vor ihr.
»Möge Ihre Herrschaft lange und friedlich sein«, erwiderte Visyna.
»Und mögen die Winde des Schicksals Ihnen und den Stählernen Elfen in der bevorstehenden Schlacht wohlwollend gesinnt sein.« Er nickte und drehte sich um, blieb dann jedoch stehen und wandte sich ihr wieder zu. »Und wenn es Ihnen etwas bedeutet, dann sagen Sie Ihrem Elf, dass ich, hätte ich die Wahl gehabt, lieber dort an seiner Seite geblieben wäre.«
Visyna lächelte. »Das weià er bereits, aber ich werde ihn daran erinnern.«
»Dann guten Flug«, wünschte ihr der zukünftige König und hob grüÃend die Hand.
Visyna erwiderte den Gruà und drehte sich zu Dandy herum. »Also gut, wie machen wir das?«
Hochstimmung und Entsetzen befielen sie, als ihr klar wurde, dass sie schon bald wieder mit Konowa vereint sein würde. Sie hatte gehofft, dass ein Wunder passieren würde, und so war es auch gekommen. Nur wünschte sie sich jetzt, sie hätte ein paar Gedanken mehr auf die Einzelheiten verwendet.
Dandys riesige Klaue packte sie, und er breitete seine gewaltigen Schwingen aus. Dann duckte er sich tief, richtete sich ruckartig auf, wobei er mit der anderen Klaue Chayiis Leichnam packte, schlug
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