Elfen wie Feuer
der Sand der Wüste.«
»Dann muss ich mehr darüber lernen«, antwortete Alwyn. Es muss doch einen Weg geben, sie einzusetzen, dachte er. »Der Soldat, der verbrannt wurde, starb tatsächlich. Aber
seine Verbindung zum Regiment durch den Schwur wurde durchtrennt.«
»Aber er ist immer noch tot.« Nafeesahs Stimme wurde weich. Sie begann, mit ihren Händen Muster über dem verstreuten Sand zu wirken und formte ihn zu einer Kugel. »Habt ihr seinen Leichnam verbrannt?«
Diese Frage hatte Alwyn nicht erwartet. »Nein, wir haben ihn auf See bestattet.«
»Wie weit wart ihr von hier entfernt?«
»Das weià ich nicht genau, aber nicht sehr weit. Es passierte auf der letzten Insel vor dem Festland. Warum? Welche Rolle spielt es? Er ist tot.«
Nafeesah stieà einen gemurmelten Fluch hervor. Sie sammelte rasch die letzten Reste des Sandes auf, fuhr mit einer Hand über den Deckel der Schatulle und legte den Sand hinein. »Es gibt auf dieser Welt schlimmere Schicksale als den Tod.«
»Das weià ich«, antwortete Alwyn.
»Nein, du weiÃt nicht alles. Rhal herrschte angeblich über Kreaturen, die sich zwischen Land und Wasser bewegten. Es waren gewaltige Bestien, die die Gabe seines Feuers besaÃen. Einige behaupten, es wären seine Kinder, die er mit einer Drachenfrau gezeugt hätte, aber als vierbeinige Kreaturen waren sie für seine Pläne nicht geeignet. Deshalb habe er sie ausgeschickt, um zu töten und ihm die Leichen zu bringen.«
Alwyn erinnerte sich an den flachen Graben auf der Insel. »Aber warum? Was wollte er mit Leichen?«
Nafeesah schüttelte sich. »Bevor er von dem Sandsturm vernichtet wurde, war Kaman Rhal dabei, eine Armee zu schaffen.«
»Warum? Gegen wen wollte er Krieg führen?«
»Gegen all jene, denen er Wissen gestohlen hatte.« Nafeesah
richtete sich auf und sah Alwyn an. »Verstehst du nicht? Seine Bibliothek war so riesig und seine Macht so groÃ, weil er von überallher Wissen sammelte. Es wurde zu einer Besessenheit, bis das Sammeln von Wissen das Einzige wurde, was ihm noch wichtig war.«
»Glaub mir, ich verstehe diese Art zu denken, aber ich verstehe immer noch nicht, was das mit den Leichen zu tun hat.«
»Kaman Rhal konnte niemandem mehr trauen. Je mehr Wissen und Macht er anhäufte, desto mehr betrachtete er diese als sein Eigentum. Am Ende vertraute er niemandem auÃer der Drachenfrau und ihren Nachkommen, aber sie waren keine Armee. Und deshalb hat er Leichen gesammelt.«
»Und was hat er mit ihnen gemacht?«
»Er hat eine Armee geschaffen, der er vertrauen konnte, weil er sie vollkommen beherrschte. Kaman Rhal hat eine Armee der Toten geschaffen.«
18
TYUL, DER JETZT ganz in Schwarz gekleidet war, folgte in sicherer Entfernung den Gestalten, die den Leichnam von Kester Harkon durch das Labyrinth der Gassen von Nazalla trugen. Mehrmals blieben die Leute, die er verfolgte, stehen und wandten sich um, blickten auf den Weg zurück, den sie gekommen waren. Und jedes Mal sahen sie nichts AuÃergewöhnliches, sodass sie ihren Weg fortsetzen. Hätten sie zu den Flachdächern hinaufgeblickt, dann hätten sie zwar immer noch nichts bemerkt, aber sie hätten wenigstens in die richtige Richtung geschaut.
Tyul sprang leichtfüÃig von Dach zu Dach; seine Bewegungen glichen denen eines Schattens. Es war ein merkwürdiges Gefühl, so hoch über dem Erdboden zu sein und nicht von Bäumen umringt zu werden. Als er an den Wald dachte, traten ihm Tränen in die Augen. Natürlich wusste er, dass es richtig gewesen war, Chayii Rote Eule zu folgen, aber mit jedem Tag, der verstrich, versank dieses Wissen im Dunkel seines Bewusstseins. Als Elf der Langen Wacht war er mit einer Wolfseiche verbunden und hatte bereitwillig diesen feierlichen Eid abgelegt, den GroÃwald vor der Schattenherrscherin zu beschützen. Dass dieser Eid ihn so weit von zu Hause fortbringen würde, wäre ihm niemals in den Sinn gekommen.
Er sprang von Dach zu Dach über eine Gasse und kauerte
sich dann tief nach unten, als die Gestalten unter ihm wieder stehen blieben und sich umsahen. Tyul rührte sich nicht und wartete darauf, dass die Gruppe weiterging. Bilder der Schwarzer Dorn kamen ihm in den Sinn. Es bereitete ihm groÃe Schmerzen, den Körper einer Wolfseiche so entweiht zu sehen. Dass Jurwan seinen Ryk Faur, seinen Bundsbruder, geopfert hatte,
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