Elfenblick
Haus trat, und war froh zu sehen, dass die anderen Elfen nicht den Weg über die hölzernen Stege einschlugen, sondern sich an einem langen Seil direkt zum Boden unterhalb der Stadt hinabließen. Erin lächelte ihr aufmunternd zu, bevor er von der Plattform glitt. Dann war Mageli dran und zum Schluss folgte Rikjana.
Am Boden war es noch dunkler. Schweigend folgten die Elfen Ondulas durch den Wurzelwald, darauf konzentriert, kein verräterisches Geräusch zu verursachen. Eine Gruppe dunkler Gestalten. Flüchtlinge, die sich darauf verließen, dass Mageli ihnen den richtigen Weg zeigen würde. Sie schauderte erneut.
»Runter«, zischte Rikjana.
Die anderen ließen sich augenblicklich zu Boden fallen, nur Mageli sah sich verwirrt um.
Da! War das Fackelschein? Zwischen den Wurzeln hindurch glaubte Mageli ein flackerndes Leuchten zu erkennen.
Unwirsch zog Rikjana an ihrem Hosensaum, bis auch Mageli in die Hocke ging. Mist! Sie benahm sich immer noch wie eine Anfängerin.
Das Flackern entfernte sich. Vermutlich eine von Ferocius’ Patrouillen. Wie viele davon hier unten wohl unterwegs waren? Mageli raffte sich wieder auf und hastete hinter den anderen her.
Jedes Knacken, jedes Knistern hallte ihr in den Ohren. Machte sie selbst solchen Lärm? Oder waren es die Dunkelelfen, die ihnen auf den Fersen waren? Mageli blieb stehen, um zu lauschen, doch Rikjana scheuchte sie weiter.
Endlich kniete Ondulas nieder und begann leise zu summen. Erleichtert wusste Mageli sofort, was sie erwartete: ein Geheimgang! Es gab also nicht nur einen Notfallweg aus der Stadt heraus. Vor ihren Augen verschwanden die Elfen nacheinander in dem Loch im Boden.
Die Reihe kam an sie, aber Mageli zögerte. Nicht dass sie Angst vor dem Sprung gehabt hätte – beim letzten Mal war es ja auch gut gegangen. Sie hatte Angst vor dem, was sie danach erwartete. Würden sie es schaffen, Ferocius’ Wachen zu entkommen, oder würden seine Leute ihnen irgendwo in diesen unterirdischen Gängen auflauern? Würde sie den Weg zurück an die Oberfläche finden? Und was, wenn es ihr gelang? Sie konnte wohl kaum einfach zu Jost und Linda marschieren und ihnen mitteilen, dass sie eine Elfe war …
Ein entferntes Knacken ließ sie herumfahren. Rikjana, die als Letzte neben ihr wartete, schaute alarmiert.
»Sie kommen! Spring!«
»Spring«, rief in diesem Moment auch Erin leise aus dem Schacht hoch.
Und Mageli sprang.
Sie hetzten durch den dunklen Gang. Nur Ondulas hatte die Zeit gefunden, einen Leuchtstein zu entzünden, und Mageli folgte dem schwachen, flackernden Schein. Bemüht, in der Dunkelheit nicht zu stolpern, lauschte sie gleichzeitig angestrengt auf jedes Geräusch, das sie vor möglichen Verfolgern warnen könnte. Zwar hatte Rikjana den Geheimgang sofort verschlossen, nachdem sie hinabgesprungen war, aber was, wenn Ferocius’ Wachen den Eingang dennoch entdeckt hatten und ihnen nun auf den Fersen waren? Sie heftete ihre Augen auf Erins große Gestalt, die vor ihr durch den Tunnel eilte, und versuchte gleichmäßig zu atmen, um sich selbst zu beruhigen.
Als hätte er ihren Blick im Rücken gespürt, wandte Erin den Kopf und zwinkerte ihr zu. Wie konnte er nur so cool bleiben?, überlegte Mageli neidisch, fühlte sich aber sofort ein bisschen ruhiger.
Stumm eilten die schattenhaften Gestalten durch den engen Tunnel. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte Mageli einen leisen Ruf: »Halt.« Die Gruppe stoppte abrupt und erneut ertönte Ondulas’ melodiöses Summen. Vor ihnen öffnete sich die steinerne Wand, und der Gang entließ sie in eine rundum von Funkelsteinen beleuchtete kleine Höhle.
Mageli wusste sofort, wo sie sich befanden. Sieben Gänge zweigten von der Höhle ab. Plus der Geheimgang, von dem sie nichts geahnt hatte, als sie auf ihrem Weg ins Dunkle Reich hier gestanden und alles durch die Augen der Eidechse gesehen hatte.
»Hier entlang.« Sie drängte sich an den anderen vorbei in den Gang, durch den sie damals gekommen war. Fast wäre sie auf den glitschigen Flechten am Boden ausgerutscht. Uh, so schlimm hatte sie es nicht in Erinnerung gehabt.
»Vorsicht«, rief sie, nahm sich aber nicht die Zeit, nach den anderen zu schauen. Die schnellen Schritte hinter ihr und das unterdrückte Fluchen waren Hinweis genug, dass ihre Freunde ihr folgten.
Der Tunnel war genauso scheußlich, wie Mageli ihn in Erinnerung hatte: dunkel, niedrig und rutschig. Immerhin war sie dieses Mal unverletzt. Dafür hatten sie es umso eiliger, und zu rennen
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