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Elfenliebe

Elfenliebe

Titel: Elfenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aprilynne Pike
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gesehen. Es musste Jahrzehnte gedauert haben, so etwas ohne Beton zu erbauen. Hier und da standen Bäume und um ihre Stämme rankten sich üppige Kletterpflanzen bis hinauf in die Baumkronen. Ihre Blüten hatten sich gegen das warme Tageslicht verschlossen.
    Laurel drehte sich um und blickte zurück zum Tor. Es war geschlossen und jenseits seiner goldenen Pfosten sah sie nichts als Dunkelheit. Mitten im Park stand es einfach da – umringt von etwa zwanzig weiblichen Wachtposten. Laurel wandte sich wieder nach vorn. Da war etwas. Sie machte einen Schritt, aber die Wächter kreuzten ihre Speere mit den breiten Klingen und den kristallartigen Spitzen, sodass sie ihr die Sicht versperrten.

    »Das geht in Ordnung«, hörte sie Jamison hinter sich sagen. »Sie darf es sehen.«
    Als die Speere zurückgezogen wurden, ging Laurel noch einen Schritt weiter. Sie traute ihren Augen nicht. Im rechten Winkel zu dem Tor stand noch ein Tor und zu diesem, wiederum im rechten Winkel, ein drittes. Insgesamt waren es vier Tore, die durch stämmige Pfosten – die Laurel bereits von der anderen Seite des Tores her kannte – verbunden waren. Jeder Pfosten war das Bindeglied von zwei Toren; zusammen bildeten sie ein vollendetes Viereck um eine seltsame Düsternis – dabei hatte sie erwartet, durch sie hindurch die Wachtposten auf der anderen Seite sehen zu können.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte Laurel, als sie wieder neben Jamison stand.
    »Dein Tor ist nicht das Einzige«, antwortete er schmunzelnd.
    Laurel konnte sich dunkel daran erinnern, dass Tamani ihr im vergangenen Herbst von vier Toren erzählt hatte – damals als sie zu ihm gekommen war, weil die Orks sie in den Chetco River geworfen hatten. »Vier Tore«, sagte sie leise und schob die unerfreuliche Erinnerung beiseite.
    »Tore zu den vier Ecken der Erde. Ein Schritt und du bist zu Hause, in den japanischen Bergen, den schottischen Highlands oder an der Nilmündung in Ägypten.«
    »Das ist ja fantastisch!«, rief Laurel und starrte auf die Tore. Tore? »Tausende von Meilen mit nur einem Schritt?«

    »Und der empfindlichste Ort in ganz Avalon«, sagte Jamison. »Aber auch fein erdacht, nicht wahr? Ein wahres Kunstwerk. König Oberon hat die Tore gebaut und mit seinem Leben bezahlt, aber es war Königin Isis, die sie von der anderen Seite her verhüllte – und das erst vor wenigen Jahrhunderten.«
    »Die ägyptische Göttin?«, staunte Laurel.
    »Sie trug nur ihren Namen.« Jamison schmunzelte wieder. »Auch wenn wir gern anderes glauben möchten: Nicht alle bedeutenden Figuren der Menschheitsgeschichte waren Elfen. Jetzt komm, meine Am Fear-faire machen sich sonst Sorgen.«
    »Eure was?«
    Er sah sie fragend an, dann wurde sein Blick merkwürdig besorgt. »Am Fear-faire«, wiederholte er. »Meine Wächter. Mindestens zwei habe ich immer bei mir.«
    »Warum?«
    »Weil ich ein Winterelf bin.« Jamison ging langsam den dunklen Erdpfad entlang und schien seine Worte sorgfältig abzuwägen. »Unsere magischen Kräfte sind die seltensten, also werden wir besonders geachtet. Wir allein können die Tore öffnen, deshalb werden wir beschützt. Und da auch Avalon selbst unserer Magie unterliegt, dürfen wir niemals in die Hände von Feinden fallen. Große Macht …«
    »… bedeutet viel Verantwortung?«, ergänzte Laurel.
    Jamison drehte sich zu ihr um und lächelte sie an. »Wo hast du das denn gelernt?«
    Laurel war verwirrt. »Hm, Spider-Man?«
    »Ich schätze, einige Wahrheiten sind tatsächlich universell«,
lachte Jamison, und seine Stimme hallte von der mächtigen Steinmauer wider. Dann sagte er gedämpft: »Den Satz gebrauchen wir Winterelfen oft. Er stammt von König Arthur, als er Zeuge der furchtbaren Rache der Orks an Camelot wurde. Er glaubte, die Zerstörung sei seine Schuld – und dass er sie hätte verhindern können.«
    »Hätte er denn?«, fragte Laurel.
    Jamison nickte zwei Wachtposten zu, die links und rechts der mächtigen Holztüren in der Steinmauer standen. »Wahrscheinlich nicht«, sagte er zu Laurel. »Trotzdem enthält der Satz eine brauchbare Warnung.«
    Die Türen öffneten sich geräuschlos, und alle Gedanken in Laurels Kopf verflüchtigten sich mit einem Mal, als sie und Jamison aus der Einfriedung heraus auf einen Abhang zugingen.
    Nach allen Seiten floss atemberaubendes Grün den Hang hinab – so weit sie blicken konnte. Schwarze Pfade schlängelten sich durch die dicht stehenden Bäume; hier und da erstreckten sich Blumenwiesen und

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