Elfenliebe
Verdacht, dass es sich bei deinem kleinen ›Problem‹ um denselben Ork handelt, der im letzten Jahr hinter dir her war. Derselbe, der weiß, dass sich das Tor auf diesem Grundstück befindet. Jener Ork, der dich und alle Elfen im Reich umbringen würde, ohne mit der Wimper zu zucken, nur um nach Avalon zu gelangen. Dein kleines Problem, Laurel, bedroht unser aller Leben!«
Sie riss sich los und verschränkte schweigend die Arme.
»Ich habe eine Tochter, hast du das gewusst? Ein kleines, zweijähriges Mädchen, kaum mehr als ein Setzling. Ich würde ihr gern noch weitere hundert Jahre als Vater
beistehen, wenn du nichts dagegen hast. Aber die Chancen sinken dramatisch, weil du dir diese blöde tierische Flause in den Kopf gesetzt hast, alles allein regeln zu wollen. Und jetzt frage ich dich zum letzten Mal, Laurel: Was ist passiert?«
Er hatte seine Stimme nicht erhoben, aber in Laurels Ohren dröhnten seine Worte, als hätte er sie angebrüllt. Sie konnte es nicht mehr ertragen und schlug die Hände vors Gesicht. Doch sie konnte die Tränen nicht zurückhalten. Sie hatte alles vermasselt. Sie hatte alle enttäuscht, die ihr etwas bedeuteten. Sogar Shar.
Als Shar mit scharfer Stimme etwas flüsterte, das sie nicht verstand, hob sie ängstlich den Kopf und sah forschend in den Wald. Er hatte offenbar nicht mit ihr gesprochen. Doch sie konnte niemanden entdecken und Shar konzentrierte sich wieder auf sie.
Laurel nickte wie betäubt. »In Ordnung«, sagte sie leise. »Ich erzähle es dir.«
Shar sah Laurel nach, als sie von der Lichtung zu ihrem Auto ging und davonfuhr, nachdem sie ihm ihre neuerliche Begegnung mit Barnes geschildert hatte. Sie hatte all seine Fragen beantwortet.
Jedenfalls die, auf die sie eine Antwort hatte.
Shar wartete still an den Baum gelehnt, bis ihr Wagen, der entnervend grell blinkte, um die Ecke gebogen war.
»Du kannst jetzt rauskommen, Tam«, sagte er schließlich.
Tamani trat hinter einem Baum hervor und verfolgte wie gebannt Laurels Wagen.
»Danke, dass du dich nicht gezeigt hast – obwohl du es ja beinahe doch getan hättest«, sagte Shar trocken.
Tamani zuckte nur die Achseln.
»Wenn du dabei gewesen wärst, hätte sie mir nicht so viel erzählt. Es war wichtig, dass sie dachte, du wärst weg. Jetzt hat sie endlich richtig ausgepackt.«
»Du hast ihr ja auch keine andere Wahl gelassen«, sagte Tamani ausdruckslos. »So wie du sie verhört hast.« Er schwieg einen Augenblick. »Du bist ganz schön hart mit ihr umgesprungen, Shar.«
»Also, wirklich, Tam. Du hast schon des Öfteren miterlebt, wie ich hart zu jemandem war. So schlimm war es wirklich nicht.«
»Ja, aber …«
»Ich musste es ihr sagen, Tamani«, sagte Shar in scharfem Ton. »Sie mag in deine Zuständigkeit fallen, aber für das Tor bin ich verantwortlich. Sie muss wissen, wie ernst die Lage ist.«
Tamani biss die Zähne zusammen, sagte aber nichts.
»Es tut mir leid, dass ich sie zum Weinen gebracht habe«, gestand Shar.
»Wir sind uns also weiterhin einig, was als Nächstes getan werden muss?«
Shar nickte.
Tamani lächelte.
»Das wird Monate dauern, Tamani. Du hast eine große Aufgabe vor dir.«
»Ich weiß.«
»Und sie ist gekommen, um von dir Abschied zu nehmen.«
»Ich weiß«, wiederholte er leise. Er drehte sich um und sah Shar an. »Aber du wirst auf sie aufpassen, nicht wahr? Du sorgst für ihre Sicherheit?«
»Das verspreche ich dir.« Shar machte eine Pause. »Ich werde noch mehr Wachtposten zu ihrem Haus beordern. Wenn Barnes gestern Nacht eine ganze Truppe dort weglocken konnte, dann sind es nicht genug. Ich werde dafür sorgen, dass beim nächsten Mal genügend Wachen da sind.«
»Du bist sicher, dass es ein nächstes Mal geben wird?«
Shar nickte. »Ganz sicher. Barnes war nur ein Zweig, möglicherweise ein Ast, aber Unkraut wie er wächst von den Wurzeln hoch. Es macht mich nicht gerade stolz, wenn ich mir vorstelle, was wir alles nicht mitkriegen.« Er warf Tamani einen flüchtigen Blick zu. »Wenn ich mir nicht so sicher wäre, würde ich dir das Ganze gar nicht erlauben.«
Sie sahen auf den Weg, der zu dem verlassenen Blockhaus mit dem überwucherten Garten und dem verfallenden Mauerwerk führte.
»Bist du bereit?«, fragte Shar.
»Oh ja.« Tamani grinste über beide Ohren. »Und wie!«
Danksagung
J e mehr ich über das Verlagswesen lerne, umso weniger verdienstvoll erscheint mir das Leben der Autoren. Aus mindestens einer Million Gründen sind dies meine Champions:
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