Elfennacht 01. Die siebte Tochter
mehr anhaben. Sie konnte einfach durch die Tür hinaus in die Nacht spazieren und nie zurückblicken.
Doch das ging nich t – nicht ohne Edric.
Also trat sie mit einem Seitwärtsschritt zurück ins Elfenreich.
Sie hatte insgeheim gehofft, dass Gabriel irgendwo zwischen den Welten verloren gegangen war, aber er kniete keuchend im Lichtsaal und sah so aus, als wäre er in einen Hurrikan geraten.
Rathina lehnte kreidebleich an der Tür und starrte ihre Schwester mit großen Augen an. Ohne sie zu beachten, rannte Tania zu Edric, der immer noch am Boden lag.
Sie kniete sich neben ihn und lächelte ihn an. »Siehst du?«, sagte sie. »Ich habe dir ja gesagt, dass alles gut wird.«
Seine Hand suchte ihre. »Aber ist mit dir alles in Ordnung?«
»Ja, mach dir keine Sorgen.« Sie drehte sich zu Gabriel um, der sich in der Zwischenzeit wieder aufgerappelt hatte. Wut und Enttäuschung waren ihm ins Gesicht geschrieben: Seit fünfhundert Jahren hatte er auf diesen Augenblick hingeleb t – und nun war alles umsonst gewesen.
Tania sah ihn zornig an und zum ersten Mal fühlte sie die Macht und Autorität der königlichen Elfenfamilie in sich. »Was du hier versucht hast, wirst du noch bereuen, Gabriel«, sagte sie. »Wenn mein Vater, der König, zurückkehrt, wird er sich deiner annehmen.«
Hasserfüllt blickte er sie an. »Doch wenigstens wirst du meinen Untergang nicht miterleben«, knurrte er und stürzte auf sie zu.
Edric kam schwankend auf die Füße und schob sich schützend vor Tania.
»Nein!«, rief sie.
Doch es war zu spät: Gabriel Drake setzte Edric durch einen einzigen Schlag mit dem Handrücken außer Gefecht, sodass er bewusstlos zu Boden fiel. Drake baute sich drohend vor Tania auf, sein Gesicht war vom Wahnsinn entstellt. Er zog eine kleine Bernsteinkugel aus seinen Gewändern und hielt sie über sie.
»Trinkt vom Albtraum der Schlaflosigkeit, Mylady«, zischte er. »Nehmt es als Geschenk von Eurem betrogenen Bräutiga m – Leiden bis in alle Ewigkeit.«
Tania schrie auf und hielt sich schützend die Arme über den Kopf, als er die Bernsteinkugel warf.
Da erschütterte ein tiefes Donnern den Saal bis in seine Grundfesten.
Als Tania die Augen öffnete, sah sie grellweißes Licht. Die Bernsteinkugel schwebte über ihr in der Luft, drehte sich langsam und gelblicher Dampf stieg von ihr auf. Und dan n – noch während Tania sich wunderte, was gescha h – schrumpfte die Kugel und löste sich in Rauch auf.
Tania sah sich um. Der ganze riesige Raum wurde von einem gespenstischen Strahlen erleuchtet, das vom anderen Ende des Saals kam. Gabriel ragte noch immer vor ihr auf, aber er starrte auf etwas, was sich offenbar im Zentrum des strahlenden Lichts befand.
Tania stützte sich auf die Ellbogen und folgte seinem Blick. Die Flügeltüren am anderen Ende des Saals waren aufgerissen worden und im Türrahmen standen zwei Gestalten im weißen Licht.
Oberon rauschte in den Saal, wobei er eine Lichtspur hinter sich herzog wie ein Komet am Nachthimmel, und Tania erkannte, dass die schmale, dunkel gekleidete Gestalt an seiner Seite ihre Schwester Eden war.
Der König machte eine Handbewegung und Gabriel Drake flog sogleich wie eine Stoffpuppe durch den Raum. Tania fühlte, wie ihr auf die Füße geholfen wurde, während ihr Vater näher schritt.
»Bist du verletzt?«, fragte Oberon besorgt.
»Nein, gar nicht«, stieß Tania hervor.
»Gut!« Er drehte sich zu Gabriel um, der am Boden lag, hob die Hand und Gabriel schwebte vom Steinboden hoch, bis seine Füße in der Luft baumelten, als hinge er an einem Haken.
»Meine Tochter Eden hat mir von Eurer Niedertracht berichtet«, rief Oberon. »Gemeiner Ränkeschmied. Eure scheußlichen Intrigen haben sich zerschlagen. Ihr seid kein Lord des Elfenreichs mehr. Ihr seid nichts! Fort aus meinem Palast und aus meinem Reich! Euer Anblick beleidigt selbst die Sterne!«
Hinter Tania schrie jemand auf. »Nein!«
Rathina lief zu Gabriel, schlang ihre Arme um ihn und starrte den König an.
»Bist du dem Wahnsinn verfallen?«, fragte Oberon. »Rathin a – bleib weg!«
»Niemals!«, rief sie. »Und wenn du mir das Schlimmste antust– das ist mir gleich.« Sie sah flehentlich auf zu Gabriels Gesicht. »Wo immer du hingesandt wirst, welches Schicksal du auch erleidest, ich werde mit dir kommen!«, rief sie. »Ich weiche nicht von deiner Seite. Alles, was ich getan habe, geschah aus Liebe zu dir und ich werde dich nie verlasse n – nicht einmal wenn ich für alle
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