Elfennacht 01. Die siebte Tochter
Hand auf die Kugel und schaute Edric direkt ins Gesicht.
»Ich habe dich gefunden!«, murmelte sie. »Ich wusste doch, dass ich es schaffen würde!«
Sie trat von der Kugel weg und nahm das Schwert in beide Hände.
»Wie soll ich das nur machen, ohne dich zu verletzen?«, sagte sie laut.
Doch da bemerkte sie ein neues Lich t – ein rotes Flackern direkt hinter ihr.
»Halt, Eindringling in verbotenen Gefilden! Euer Leben ist verwirkt!«
Aus den Augenwinkeln sah Tania gerade noch rechtzeitig den schweren, runden Kopf eines Morgensterns aus Kristall, der auf sie zu schwang. Sie duckte sich, aber die Waffe streifte sie seitlich am Kopf und sie stürzte zu Boden, wobei ihr das Schwert aus den Händen glitt und klirrend auf den Steinboden fiel.
Tania landete auf dem Rücken. Ihr Kopf dröhnte. Ein Mann in schwarzer Livree stand über ihr, in der einen Hand eine flackernde Fackel, in der anderen die Waff e – bereit, ein zweites Mal zuzuschlagen.
XIX
T ania konnte gerade noch ausweichen als der Morgenstern nur Zentimeter von ihrem Schädel entfernt niedersauste. Sie spürte, wie sie mit der Wange über rauen Stein schrammte, als sie über den Boden rollte.
Mit einem wütenden Brummen hob der Wachmann abermals seine Hiebwaffe. Tania trat mit dem Fuß nach ihm, doch obwohl sie ihn traf, regte er sich nicht. Abermals holte er mit dem Morgenstern aus und wieder verfehlte er sie nur um Haaresbreite.
Als sie gerade zu dem Schwert hinüberkriechen wollte, trat er ihr mit dem Stiefel auf den Fußknöchel. Tania schrie auf vor Schmerzen und versuchte ihr Bein zu befreien. Sie streckte sich in Richtung Schwert, so weit es nur irgendwie gin g … Sie konnte es mit den Fingern berühren, doch sie bekam es einfach nicht richtig zu fassen.
Sie drehte sich auf den Rücken. Der Wachmann hatte den Morgenstern über den Kopf geschwungen, um erneut zuzuschlagen.
Tania trat blitzschnell mit ihrem freien Fuß nach seinem Schienbein. Er heulte auf und taumelte rückwärts, wodurch ihr Knöchel freikam. Sofort stürzte Tania sich auf das Schwert und packte es mit beiden Händen. In dem Moment in dem sie es hochgehoben hatte, raste der Morgenstern auf sie nieder. Tanias Arm zitterte unter der Wucht des Schlag s – aber die scharfe Schwertklinge hatte den Streitkolben in zwei Teile gespalten. Die abgetrennte Kugel fiel neben ihr zu Boden und der Wachmann stürzte und prallte gegen die Wand.
Tania rappelte sich auf. »Hau ab!«, rief sie und fuchtelte mit dem Schwert vor ihm herum. »Sonst schlage ich dir den Kopf ab. Wirklich, das tue ich!«
Der Wachmann beäugte sie argwöhnisch, immer noch den Stumpf seines Streitkolbens in der Hand. Tania machte mit dem Schwert eine Bewegung auf ihn zu. Sofort streckte er die Hand aus und rief irgendwelche Worte, die sie nicht verstand. Daraufhin schossen bernsteinfarbene Blitze aus seinen Fingern.
Instinktiv hielt Tania das Schwert vor sich, um die Lichtblitze abzuwehren. Diese trafen Funken sprühend auf die Klinge, wo sie augenblicklich zischend verlöschten.
Der Wachposten fluchte, drehte sich hastig um und floh. Die rote Flamme seiner Fackel wurde schon bald von der Dunkelheit verschluckt. Tania hörte noch, wie seine Schritte über die kalten Steinplatten hämmerten, dann herrschte Stille.
Tania holte tief Luft. Sie hatte keine Ahnung, ob sie im Notfall wirklich Gebrauch von dem Schwert gemacht hätte. Sie wandte sich wieder dem Bernsteingefängnis zu. Edric starrte sie immer noch an und sie fragte sich, ob er gesehen hatte, wie sie für ihn gekämpft hatte?
Früher oder später würde sie das herausfinden.
Sie überprüfte die Seidenwickel um ihre Händ e – ihre Haut war immer noch geschützt. Dann ergriff sie das Schwert.
»Sachte, sachte«, flüsterte sie. Sie hatte erlebt, welche Wirkung Isenmort auf die Verliestür und auf den Morgenstern der Wache gehabt hatte. Sie musste das Bernsteingefängnis zerschlagen, ohne Edric dabei zu verletzen.
Sie führte das Schwert nahe an die Kugel heran und berührte vorsichtig die Oberfläche des Bernsteins mit der Metallspitze.
Ein greller Blitz schoss aus dem Schwert und erleuchtete den Gang. Tania kniff die Augen zusammen und taumelte zurück, das Schwert in ihren zitternden Händen. Plötzlich vernahm sie ein Geräusch, das wie Flügelschlagen klang.
Dann schlug ihr ein glühendheißer Luftschwall entgegen, der sie von den Beinen riss.
Schwer atmend landete sie auf dem Boden, das Schwert lag in einiger Entfernung. Die Laterne war
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