Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
Sänfte nieder!«, befahl Ollowain dem Anführer der Kentauren.
    Orimedes sah verwundert zu ihm auf. »Hier, mitten im Gedränge? Bist du verrückt geworden?« Auch Emerelle versuchte sich aus dem Griff des Kriegers zu winden. Die Schmetterlinge ihres Kleides waren aufgestoben, um nicht zwischen den Leibern zerdrückt zu werden. Sie bildeten eine dichte Wolke um die Herrscherin. Das würde dem heimtückischen Schützen das Zielen erschweren! Es waren nur wenige Augenblicke verstrichen, seit der Pfeil den Holden getroffen hatte. Doch ein geübter Bogenschütze vermochte drei Pfeile in die Luft zu bekommen, bevor der erste in seinem Ziel einschlug.
    Wie als Antwort auf Ollowains Gedanken bohrte sich dicht neben ihm ein zweites Geschoss in eine der Ruderbänke. Der Pfeil hatte sie um kaum mehr als Handbreite verfehlt. Dass der Bogenschütze nicht getroffen hatte, war gewiss nur den Schmetterlingen zu verdanken. Zu hunderten schwirrten sie nun um die Königin herum.
    »Herrin, du wirst sterben, wenn du darauf bestehst, auf der Sänfte zu bleiben«, sagte Ollowain ruhig. Jetzt, wo er endlich handeln konnte, war seine Anspannung gewichen.
    »Küss sie!«, grölte jemand in der Menge, der Ollowains Handeln gründlich missverstanden hatte. Der Schwertmeister zog die Königin mit sich zur Reling.
    Er packte sie bei den Hüften und sprang hinab. Schmetterlingsflügel streiften seine Wangen. Er konnte kaum etwas sehen.
    »Schau zum Mast!«, rief er dem Kentaurenfürsten zu. »Jemand schießt auf uns!« Ollowain zog Emerelle unter den Rumpf des Bootes. Hier waren sie in Sicherheit. Rings herum erhob sich Geschrei. Wahrscheinlich hatten die ersten Schaulustigen den toten Holden gesehen.
    »Wir müssen verheimlichen, was geschieht.« Emerelle machte sich aus Ollowains Umklammerung los. »Wenn jetzt eine Panik ausbricht, werden vielleicht hunderte zu Tode getrampelt.«
    »Du darfst dich nicht zeigen!«, begehrte der Schwertmeister auf. »Bisher hast du Glück gehabt, Herrin. Schon der nächste Schuss könnte dich töten. Wir dürfen dem Mörder keine weitere Gelegenheit geben. Du musst zurück in den Palast!«
    »Warum glaubst du, dass mich ein Mann töten will?«
    »Ob Mann oder Frau, ist jetzt gleichgültig. Das Einzige, was zählt, ist deine Sicherheit, Herrin! Du musst zurück zum Palast!« Ollowain war sich nur allzu bewusst, warum er nicht darüber sprechen wollte, ob auch eine Frau geschossen haben könnte. Er hätte Silwyna nicht ins Vertrauen ziehen dürfen! »Sagt den Elfen im Gefolge, sie sollen absteigen, und sorge dafür, dass die Holden den Toten vom Mast nehmen«, rief Ollo-wain dem Kentaurenfürsten zu.
    Emerelle trat unter dem schützenden Boot hervor.
    Sofort war der Schwertmeister an ihrer Seite. »Herrin, bitte… « Er sah das Blinken von Stahl, dicht bei der Königin. Eine Klinge! Er stieß eine junge Elfe zurück und bemerkte erst dann, dass ihre polierte Gürtelschließe ihn genarrt hatte. Emerelle legte ihm die Hand auf die Schulter und zog ihn zurück.
    »Vergiss nicht, dass auch ich einmal eine Kriegerin war«, sagte sie. »Inmitten der Albenkinder wird mich der Bogenschütze nicht treffen können.«
    »Und wenn es einen zweiten Mörder gibt? Wie soll ich dich hier vor einer Klinge schützen?« Die Antwort Emerelles ging in Jubelrufen unter. Eine Schar Kobolde entdeckte die Königin und drängte auf sie zu. Die Schmetterlinge vom Kleid der Augen flüchteten und tanzten hoch über der Herrscherin in der Luft. Bald war Emerelle ganz von schwitzenden Leibern eingekeilt. Ein Lamassu, ein riesiger, geflügelter Stiermann aus dem fernen Schurabad, pflügte durch die Menge und versuchte mit seiner Donnerstimme, den Lärm zu übertönen, um Emerelle in eine philosophische Diskussion über die Vergänglichkeit aller Dinge zu verwickeln. Endlich schaffte es Ollowain, die jungen Elfen aus dem Gefolge im Kreis um die Königin aufzustellen. Unversehens ließ das Gedränge etwas nach. In diesem kurzen Augenblick ging eine seltsame Veränderung mit der Königin vor sich. Plötzlich wirkte sie verletzlich wie ein Kind.
    Das Lärmen rings herum verebbte. Eine Gasse bildete sich vor ihnen. Fischer, Fernhändler und Weise standen in stummem Staunen. Es schien, als schreckten sie davor zurück, diese zerbrechliche Gestalt zu sehr zu bedrängen. Nun kamen sie leichter voran. Immer wieder blieb die Königin stehen, um durch das Spalier ihrer Wachen hindurch Hände zu schütteln oder ein paar Worte zu wechseln. Sie durchquerten

Weitere Kostenlose Bücher