Elfenwinter
Befehle.
Ollowain trat an die Treppe zum Achterkastell und legte dem Krieger, der Hallandan hinaufgelassen hatte, die Hand auf die Schulter. »Folge mir unter Deck!«
Der junge Elf wirkte überrascht. Ollowain wich dem Blick des Mannes aus. Er wollte sich künftig nicht an ihn erinnern, wollte ihn nicht wieder erkennen, wenn er in ein neues Leben geboren wurde.
AUF DER SUCHE NACH FRÜH VERLORENEM
Wie Wölfe waren wir, vertrieben in die Fremde,
Geboren worden wie "Welpen. Unter fremdem Monde
Jagten wir, rastlose Rudel, fern der Heimat,
Nah der Sehnsucht nach früh Verlorenem.
Wahrlich Weiber waren es, die wiesen den weiten "Weg.
Auf glorreich goldener Fährte im nächtlichen Nebel,
Glitten Galeassen geräuschlos durch wogende Wasser,
Auf der Suche nach früh Verlorenem.
In zähem Zorn und ohne Zaudern gingen Gemordete zurück,
Zu kommen zum Fest der Lichter, vor Begierde brennend,
Einzig Emerelle zu finden, im ruchlosen Rausch
Zu lindern den Schmerz nach früh Verlorenem.
Flammen fielen vom Firmament, wo Albenkinder feierten.
Zündend zog Zerstörung ein, leuchtendes Licht ward Lohe,
Zu Asche starb der Stolz der Schlächter von Shalyn Falah,
Verbrannt von der Sehnsucht nach früh Verlorenem.
Aus DEM »NACHTZINNENCODEX«,
ÜBERSETZT VON BRUDER GUNDAHER,
BAND VI DER TEMPELBIBLIOTHEK ZU FIRNSTAYN, S. 112
DER RUDELFÜHRER
»Lasst euch mehr Zeit mit dem Nachladen!« Der Troll musste schreien, um das Getöse an Deck zu übertönen. Orgrim wollte, dass die Donnerer die letzten Schüsse auf die verfluchten Elfen abgab. So mochte er wenigstens auf diese Weise dem König auffallen.
Der Geschützmeister unten wiederholte seinen Befehl, und die Arme der beiden großen Kriegsmaschinen verharrten.
»Wann dürfen wir endlich in die Stadt zum Töten?«, erklang eine Stimme vom Unterdeck. »Wir sollten die Elfen nicht verbrennen. Ich bin hier, um ihnen eigenhändig die Schädel einzuschlagen.«
»Und du wirst reichlich Gelegenheit dazu bekommen, Gran«, erwiderte Orgrim. »Es wird sicher eine große Erleichterung für dich sein, wenn wir das Meer verlassen und du dein Mahl nicht dauernd zu den Fischen speist. Ich mache mir schon Sorgen, dass du schwächlich wie ein Rehkitz sein wirst, wenn wir den Elfen begegnen.« Dröhnendes Lachen erscholl vom Geschützdeck. Eine riesige Gestalt trat aus den Schatten und blickte zu Orgrim empor. Gran war selbst unter Trollen ein Hüne. Auf dem ganzen Schiff gab es keinen Krieger, den er nicht mindestens um Haupteslänge überragte. »Du bist gut darin zu reden, aber den Wert eines Kämpfers misst man nicht an schönen Worten, sondern allein an der Zahl der erschlagenen Feinde, die zu seinen Füßen liegen.«
»Dann frag Boltan nach einem Rechenbrett, Gran, denn deine Finger werden nicht ausreichen, um abzuzählen, wie vielen Elfen ich das Genick breche.« Wieder hatte Orgrim die Lacher auf seiner Seite. Sein Widersacher zog sich grollend in die Finsternis zurück.
Orgrim hatte es weit gebracht. Die wenigsten Trolle waren mit dreißig Sommern Krieger. Viele schafften es nie und blieben ihr Leben lang Unfreie. Orgrim aber war bereits Rudelführer und hatte das Kommando über ein eigenes Schiff. Und die Neider saßen ihm im Nacken. Allen voran Gran. Er hatte gehofft, sein Rivale werde sich zu einer Beleidigung hinreißen lassen, die es erlaubte, ihn zum Duell zu fordern. Die lange Zeit auf See hatte Gran geschwächt. Wie die meisten Trolle ertrug er es nicht, sich auf einem Schiff aufzuhalten. Das Schwanken und der Geruch des Meeres machten sie krank. Orgrim wusste, dass Gran seit Tagen nichts gegessen hatte. Es wäre eine günstige Gelegenheit, gegen ihn anzutreten. Orgrim hatte ihn kämpfen sehen. Im Vollbesitz seiner Kräfte konnte Gran einem Höhlenbären mit bloßen Händen das Genick brechen.
Im Grunde mochte er den grobschlächtigen Hünen. Doch seit Orgrim Rudelführer geworden war, zerfraß Gran der Neid. Mit ihm war nicht mehr auszukommen. Ihm war nicht mehr zu trauen! Er musste Gran loswerden. Aber ein Zweikampf mit einem geschwächten Gegner wäre ehrlos. Vielleicht gab es ja eine Gelegenheit, ihn in ein anderes Rudel zu schicken?
Orgrim lehnte sich gegen das Schanzkleid des grob gezimmerten Achterkastells und blickte über die dunkle See. Selbst hier draußen regte sich kein Lüftchen. Über der Hafenstadt standen senkrechte Rauchsäulen, beleuchtet vom roten Schein der Flammen.
Mit dumpfem Knall krachte auf dem Vordeck ein Katapultarm auf das dicke
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