Elfenwinter
Wellen, die nach den Kieseln am Ufer tasteten und sich wieder zurückzogen. Das Geräusch des Windes, der über den Fjord heraneilte und durch die Äste der Bäume am Ufer strich. Sie hörte auch ihr Herz klopfen und das leise Rauschen ihres Blutes. Und… Ja, da war noch etwas! Ein hölzernes Knarren, begleitet von einem regelmäßigen Platschen. Ein Boot war draußen auf dem Wasser. Aber es war noch ein ganzes Stück entfernt. Wenn es immer noch nebelig war, würde Mutter es kaum sehen können.
»Ist es das Boot?«, fragte sie leise.
»Nein, es ist…« Mutters Kleider raschelten. »Steh auf! Lauf! Es hat uns gesehen! Es kommt!« Mutter packte sie und zerrte sie hoch. »Lauf!«
Stolpernd kam Halgard auf die Beine. Sie konnte nicht laufen! Mutter wusste das doch. Wenn sie lief, verlor sie die Orientierung. Und sie stolperte dauernd!
»Der Weg ist vor dir. Geradeaus!« Mutters Atem ging keuchend. »Am Ufer entlang. Wir müssen zum Priester! Nur er kann uns helfen. Schnell! Da ist nichts im Weg! Mach schon!«
Sie waren auf dem Lehmpfad. Wieder schmatzten die Schritte. Doch diesmal schien der Lehm sie festhalten zu wollen. Und er war so entsetzlich glitschig. Sie rutschte und konnte sich mit rudernden Armen gerade noch fangen. Hinter ihnen war kein Geräusch! Nichts konnte sich so lautlos bewegen! »Wovor laufen wir fort?«
»Das Tier! Mach schnell. Bitte, Halgard, bleib nicht stehen! Es ist aus dem Wasser gekommen. Seine Zähne… Lauf! Bei allen Göttern, lauf!«
Halgard mühte sich ab, so gut sie konnte. Mutter beschrieb ihr den Weg. Sie blieb immer dicht hinter ihr, obwohl Mutter sie leicht hätte überholen können.
Halgard stieß gegen einen Stein. Diesmal konnte sie sich nicht mehr fangen. Der Länge nach stürzte sie auf den aufgeweichten Weg. Kalter Schlamm spritzte ihr ins Gesicht. Sie begann zu weinen. Sie konnte doch nicht laufen!
»Hoch! Hoch mit dir, mein kleines Täubchen.«
Halgard wurde emporgerissen. Dann spürte sie Mutters Atem auf dem Gesicht. »Du läufst jetzt zu Gundar und holst ihn. Ich halte das Tier auf. Es ist nicht mehr weit bis zur Hütte.«
»Was ist das?«, fragte sie schluchzend.
»Es ist groß wie ein Pferd. Aber es hat Zähne wie ein Wolf. Und es sieht aus wie Nebel. Jetzt geh! Schnell! Halt dich geradeaus, bis du die Schatten der Weiden spürst. Und dann nach links. Du kennst den Weg! Von den Weiden sind es nur noch zwanzig Schritt.«
»Warum höre ich es nicht?«
»Weil es wie Nebel ist!« Mutters Stimme klang nach mühsam zurückgehaltenen Tränen. »Frag nicht mehr. Lauf jetzt. Bitte! Gleich ist es hier.«
Halgard ging so schnell sie konnte. Der Wind vom Fjord schnitt durch ihre nassen Kleider. Sie zitterte am ganzen Leib. Ängstlich lauschte sie auf jedes Geräusch. Als sie die Weiden erreichte, hörte sie einen leisen Schrei. »Mutter?«
Halgard konnte die Bäume nicht sehen, aber sie spürte ihre Nähe. Es war, als seien jetzt noch dunklere Schatten in der Finsternis, die sie immer umgab. Und sie hörte, wie die dünnen Äste im Wind gegeneinander schlugen. Sie hielt sich links. Plötzlich war da kein Schlamm mehr. Sie hatte den Weg verloren. Hastig drehte sie sich und ging ein Stück zurück, doch sie fand nicht mehr zum Weg. Wenn wenigstens die Sonne da wäre! Das Licht auf ihrem Gesicht würde ihr helfen, sich zu orientieren.
Der Wind war eingeschlafen. Jetzt hörte sie nicht einmal die Äste der Weiden. Sie konnte nicht weit von Gundars Haus fort sein. Halgard rief seinen Namen. Hoffentlich war er schon wach! Sie wusste, dass der alte Mann gerne lange schlief.
Kurz überlegte sie, ob sie weitergehen sollte. Doch dann würde sie sich nur noch mehr verirren. Und wenn sie zu weit vom Haus des Priesters entfernt war, dann könnte er sie nicht mehr hören. Es war besser, einfach stehen zu bleiben und zu rufen!
Plötzlich wurde es kälter. Sie spürte keinen Wind auf dem Gesicht. Etwas stieß in ihre Brust. Ihre Rippen wurden wie Eis. So wie die Knochen in ihren Fingern, wenn sie zu lange das Wasser aus der Wäsche gewrungen hatte.
Ganz leise hörte Halgard das Knarren einer Tür.
Sie zitterte so sehr, dass sie nicht mehr zu stehen vermochte. Sie konnte auch nicht mehr rufen. Ihre Zähne klapperten so laut wie die Knochenrassel, die ihr Vater ihr einmal geschenkt hatte.
»Halgard, bist du das?«, erklang die warme Stimme des Priesters. Ja, sie war wie der Sommer, dachte das Mädchen. Wie der Sommer.
Da waren Schritte in nassem Gras.
»Halgard? Bei allen
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