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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Mal ausstieß, wenn sie ihre Last abstellte.
    »Es ist noch ganz dunkel«, erklärte Mutter. »Die Sonne versteckt sich noch hinter den Bergen. Der Wind rührt im Nebel.«
    Für mich ist es immer ganz dunkel, dachte Halgard wütend und wünschte sich, ihre Mutter würde mit diesen endlosen Selbstgesprächen aufhören.
    Als hätte sie den Gedanken gehört, hielt sie tatsächlich den Mund. Wäsche raschelte leise. Mutter würde sie jetzt in kleine Haufen sortieren und mit Steinen beschweren, bevor sie mit der Arbeit begann. Halgards Gedanken schweiften ab zu jenen wunderbaren Tagen, als sie noch nicht jeden Morgen vor der Sonne aufgestanden waren. Damals, als Vater noch bei ihnen war. Im Frühjahr des letzten Jahres war er mit dem Jarl auf einen Kriegszug gegangen und nicht mehr wiedergekommen. Seitdem wohnte der Hunger bei ihnen.
    Halgard dachte oft an ihren Vater. Seine Stimme hatte immer ein wenig heiser geklungen. Seine großen, knochigen Hände hatten ihr oft über das Haar gestrichen. Dann hatte sie geschnurrt wie eine kleine Katze. Abends, wenn sie nicht schlafen konnte, lauschte sie hinaus. Und immer noch hoffte sie, irgendwann seine vertrauten Schritte zu hören. Er war so groß und stark gewesen. Wer hätte ihn denn umbringen können? Er war nur verloren gegangen! Bestimmt würde er eines Tages wiederkommen. Es musste nur jemanden geben, der noch daran glaubte! Mutter glaubte nicht daran. Sie war so entsetzlich dickköpfig! Halgard hatte selbst gehört, wie Jarl Alfadas ihrer Mutter angeboten hatte, für sie zu sorgen. Aber sie wollte das nicht. Stattdessen holte sie Aslas Wäsche und wusch sie frühmorgens am Fjord. Auch ein paar anderen Frauen machte sie die Wäsche. Dafür bekam sie Brot und Käse und manchmal auch etwas Fleisch. Mutter mochte es nicht, wenn ihr die anderen Frauen beim Waschen zusahen. Sie tat so, als hätte sich nichts verändert, seitdem Vater nicht wiedergekommen war. Dabei wussten alle im Dorf, was für eine Arbeit sie machte.
    »Träumst du wieder?«, herrschte Mutter sie an. Und dann war da das verhasste Geräusch. Das satte Klatschen eines nassen Wäschestücks, das vor ihr auf den Waschstein fiel. Widerwillig tastete Halgard danach. Nach Größe und Gewicht musste es ein Hemd sein. Die Kälte biss ihr in die Hände. Sie mühte sich ab, den nassen Stoff, so gut es ging, auszuwringen, während Mutter schon das nächste Wäschestück in den Fjord tauchte und über den rauen Fels rieb.
    Nach so einem Morgen wollten ihre Hände nicht einmal über einem Feuer wieder richtig warm werden. Halgard stöhnte. All ihre Wut ließ sie an der Wäsche aus. Sie drehte sie und spürte, wie das eisige Wasser ihre Finger entlangrann. Die Kälte fraß sich bis tief in ihre Knochen hinein. Am besten war es dann, weit weg zu reisen. In Gedanken in so weite Ferne zu gehen, dass man gar nichts mehr spürte.
    Asla war nett. Manchmal steckte ihr die Frau des Jarls einen Honigkuchen zu, wenn Mutter die Wäsche hinaufbrachte. Das musste aber immer heimlich geschehen, denn Mutter nahm außer dem vereinbarten Lohn nichts an. Sie war so verdammt stur!
    Wenn sie Mutter nicht helfen musste, dann spielte sie oft mit Ulric. Das war ein bisschen langweilig, weil er immer dasselbe spielen wollte. Sie war eine wunderschöne Prinzessin, die von einem Ungeheuer entführt worden war, das sie mit Käse und Brot zum Frühstück fressen wollte. Und er war der Held, der sie befreite und das Ungeheuer erschlug. Danach gingen sie oft zu Asla, und es gab wirklich etwas zu essen. Allein das war es wert, das blöde Spiel immer wieder mitzumachen.
    Gestern hatte Ulric ihr erlaubt, seinen Zauberdolch zu berühren. Er hatte ihn von dem Elfenprinzen geschenkt bekommen. Es war wohl derselbe, der am Hartungskliff zu ihr gesprochen hatte, dachte Halgard. Seine Stimme war sehr seltsam gewesen. Halgard hatte die ganze Zeit über geglaubt, gleich wolle er singen. Sein Haar hatte sich wunderbar angefühlt. So weich wie Katzenhaar, nur dass es viel länger war. Er hatte auch gut gerochen. Gar nicht nach Schweiß oder Zwiebeln oder Met wie die anderen Männer, die sie manchmal auf den Arm nahmen. Das Mädchen schreckte aus ihren Gedanken. Etwas fehlte. Eine ganze Weile schon! Das Geräusch, wie Mutter die Wäsche über den Fels rieb.
    »Mutter?«
    »Still!«, zischte es neben ihr. Mutters Stimme war voller Angst. Halgard lauschte. Sie konnte viel besser hören als irgendwer sonst im Dorf. Sie hielt den Atem an. Da war das stete Flüstern der

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