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Elfenwinter

Elfenwinter

Titel: Elfenwinter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hatten ausschlafen wollen, werde ich nie vergessen. Es war erschütternd zu sehen, was dieser Geist aus den großen, vor Kraft strotzenden Leibern gemacht hatte.
    Seine Morde waren unverkennbar. Er schien seinen Opfern das Fleisch von den Knochen zu schmelzen. Wenn man sie fand, dann war von ihnen nicht mehr übrig als fahle, brüchige Haut, die sich über Sehnen und Knochen spannte. Ihre Haar war grau oder weiß geworden, und manchmal, wenn sie ihren .Mördern noch ge sehen hatten, stand unaussprechliches Entsetzen in ihre Gesichter gemeißelt.
    Auffällig war, dass er nie einen Elfen tötete. Auch unsere Ver bündeten bemerkten dies bald. Und es trieb in dieser unruhigen Zeit des Wartens einen Keil zwischen uns.
    Sie fanden viele Namen für den unsichtbaren Mörder. >Das kalte Licht nannten ihn die Kobolde, >Frostatem< die Kentauren und > Totmacher< die Menschensöhne. Ganz gleich, wie viele Wachen wir aufstellten, er kam und ging, wie es ihm beliebte. Bald flößt e er den Verteidigern mehr Angst ein als die Trolle, und sie sehnten den Tag herbei, an dem der Angriff begann, weil sie hoff ten, das Morden dieses ungreifbaren Schreckens werde dann en den. Selbst ich gab mich diesem naiven Glauben hin. "Wie töricht war es, sich einzubilden, der Feind werde von einer "Waffe lassen, weil er eine zweite zur Hand hafte!
    In diesen steinernen Tagen der Angst, in der wir gefangen in Festungswällen auf das Verhängnis warteten, tagte der Kriegsrat fast ununterbrochen. Jetzt, mit Abstand betrachtet, erfüllt es mich mit Trauer und Unverständnis, wenn ich daran denke, worüber wir uneins waren. Tagelang währte ein Streit, ob den Men schensöhnen erlaubt werden solle, ihre Toten in der Erde der H immelshalle beizusetzen. Landoran wehrte sich entschieden da gegen. Er mochte nicht dulden, dass dieser wundersame Ort durch die Kadaver der Menschenkinder besudelt wurde. Dass die Bäume dort ihre Nahrung von faulenden Leibern nahmen.
    So erbittert war der Streit, dass der Menschenfürst Alfadas ihm sogar einmal drohte, er und seine Krieger würden durch ihre An wesenheit nicht länger die makellosen Gefilde Phylangans besu deln wollen. Orimedes hatte sich auf seine Seite geschlagen und drohte, auch die Kentauren würden abziehen, wenn die Men schensöhne die Festung verließen. Schließlich musste sich Lando ran der Forderung fügen, zumal auch sein eigener Sohn, der Kriegsmeister Ollowain, die Menschenkinder unterstützte.
    Wenn ich mir vor Augen halte, was Landoran über die Tage, die noch kommen würden, gewusst haben muss, erscheint mir die ses Gezänk kleinlich, und tiefe Scham ergreift mich. Doch damals stand ich, trotz meiner Schuld gegen die Menschensöhne, auf Sei ten des Fürsten der Normirga. Auch mir war der Gedanke an verrottende Leiber in der schönsten all unserer Hallen unerträg lich.
    So bitter diese Erinnerungen sein mögen, denke ich an eine Be gebenheit in jenen fernen Tagen mit einem Schmunzeln zurück. Ollowain und Landoran stritten wieder einmal über die Verschif fung aller Frauen und Kinder über den Himmelshafen, als eine kleine, grauhaarige Gestalt in den Ratssaal trat, ein Holder, ge kleidet ganz in der Tradition seines Volkes. Nur mit einem Len denschurz und einem golddurchwirkten Stirnband angetan, wirkte er befremdlich, ja fast lächerlich in der weiten Ratshalle aus Gold und Marmor. Alle starrten ihn an.
    Nur Landoran erhob sich von seinem Platz, ging ihm entgegen und verbeugte sich zu unserer Verwunderung vor dem Holden. »Ich grüße dich, Gondoran, aus dem Geschlecht der Bragan, H err der Wasser in Vahan Calyd.« ^Wie sich zeigte, kannten auch Ollowain und Orimedes den Holden, doch hatte er vor ihnen sei nen wahren Rang verborgen gehalten. Landoran bot dem Herrn der Wasser einen Sitz im Kriegsrat, doch der Holde entgegnete hintersinnig, dass Phylangan in seinen Augen nicht noch einen weiteren Streiter benötige. Stattdessen bat er um die Pläne der Zisternen, ^Wassertunnel und verborgenen Quellen. Er erläuterte, dass seiner Meinung nach das steinerne Herz der Felsenburg er krankt sei, und er wolle alles in seiner Kraft Stehende tun, um es zu heilen. So könne er der Sache Phylangans besser dienen als mit einem Schwert in der Hand. Damals lächelte ich über das An sinnen des Holden. Landoran erfüllte ihm bereitwillig seine "Wün sche und lieh ihm das Auge des Felsformers, eines unserer kost barsten Artefakte. Es war ein Rubin, der auf solche "Weise in einen Goldreif eingelassen war, dass er

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