Elfenzorn
blickte nur noch einmal an sich herab und sagte sich selbst, dass sie an ihrem Papageien-Aufzug ohnehin nichts mehr verschlimmern konnte. Sie wollte einen Schritt zur Tür machen und sog dann stattdessen scharf die Luft zwischen den Zähnen ein, als ihr ohne Vorwarnung schwindelig wurde, und das so heftig, dass sie wankte und Alica rasch die Hände ausstreckte, um sie zu stützen.
»Was hast du?«, fragte sie alarmiert.
»Nichts«, antwortete Pia. Um genau zu sein, quetschte sie es irgendwie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, und wie um sie auf der Stelle Lügen zu strafen, wurde ihr nun auch noch übel. Saurer Speichel sammelte sich unter ihrer Zunge, und sie widerstand gerade noch im letzten Moment dem Impuls, ihn herunterzuschlucken, wodurch ihr wahrscheinlich endgültig schlecht geworden wäre.
»Das sieht aber nicht nach nichts aus«, sagte Alica und versuchte schon wieder nach ihrem Arm zu greifen. Pia schlug ihre Hände fast grob zur Seite und atmete ein paarmal bewusst tief ein und aus, und Schwindel und Übelkeit verschwanden fast so schnell, wie sie gekommen waren, und ließen nur einenschlechten Geschmack auf ihrer Zunge zurück, zusätzlich zu dem, mit dem sie schon aufgewacht war.
»Entschuldige«, sagte sie, da ihr selbst klar wurde, dass ihre Reaktion vielleicht ein bisschen zu heftig ausgefallen war. »War wohl alles ein bisschen viel. Vielleicht haben mir die Biester gestern doch mehr zugesetzt, als ich wahrhaben will.«
Alica warf ihr zwar einen schrägen Blick zu, aber nach einer oder zwei Sekunden zwang sie wieder ein Lächeln auf ihr Gesicht, auch wenn es ihre Augen ausließ. »Falls du dich urlaubsreif fühlst, kann ich dir ein Topangebot machen.«
»Sieben Sterne in Chichen Itza, all inclusive ?« fragte Pia.
»Und das Ganze zu einem unschlagbaren Preis«, bestätigte Alica. »Das Entertainment-Programm lässt zu wünschen übrig, und die Pool-Landschaft befindet sich noch im Bau, aber wir arbeiten daran.« Sie machte eine Geste zum Fenster hin. »Hast du Interesse an einer Führung durch die größten Sehenswürdigkeiten? Ist im Preis inbegriffen.«
»Habe ich denn die Chance, abzulehnen?«
»Nein«, antwortete Alica. »Oder doch, sicher. Aber es würde dir nichts nutzen. Außerdem haben wir eine Verabredung mit Gamma Graukeil und Eirann. Du willst deine größten Fans doch nicht enttäuschen, oder?«
Wenn sie ehrlich war, empfand Pia kein besonderes Verlangen, ausgerechnet mit Eirann und dem Zwerg zu sprechen, aber Alica würde ein Nein als Antwort tatsächlich nicht akzeptieren. Sie seufzte nur noch einmal tief, bedeutete ihr mit einer Geste, vorauszugehen, und wappnete sich innerlich gegen einen neuen Schwindelanfall, während sie ihr folgte. Er kam nicht. Wahrscheinlich war sie einfach nur zu schnell aufgestanden.
Sonja und ihre Schwester hatten Erstaunliches vollbracht. Sämtliche Spuren des Kampfes waren so gründlich ausgelöscht, als hätte er niemals stattgefunden, und eines der beiden Mayamädchen musste wohl Gedanken lesen können, denn das Haus erweckte ganz allgemein einen wohnlicheren Eindruck als nochgestern. Ein paar kleine und fast ausnahmslos nutzlose, aber dekorative Möbelstücke waren herangeschafft worden und lockerten die sachliche Atmosphäre auf. Überall waren Kissen und bunte Stoffe verteilt und in jedem Zimmer standen jetzt reich verzierte Vasen mit Blumen. Es war noch immer keine Umgebung, in der sie freiwillig leben würde, wenigstens nicht für längere Zeit, aber gestern waren diese Räume noch kalt und auf eine einschüchternde Weise majestätisch gewesen. Jetzt war es ein Ort, an dem man zumindest das Gefühl hatte, frei atmen zu können.
»Und das hier war bisher dein ... Domizil?«, fragte sie, während sie auf dem Weg zum Ausgang waren.
»Dieses Mausoleum?« Alica schauspielerte ein übertriebenes Frösteln. »Kronn bewahre! Ich dachte, du kennst meinen Geschmack!«
Plüsch und Spitzen, vorzugsweise in Pink. »Sonja hat es mir erzählt.«
»Das hier ist mein offizieller Sitz, sozusagen«, bestätigte Alica. »Als diese Stadt noch bewohnt war, hat hier ihr offizieller Herrscher residiert, und Kukulkan war der Meinung, dass die Menschen hier von mir erwarten, dass ich dasselbe tue. Aber ich bin selten hier. Die meiste Zeit sind wir sowieso nicht in der Stadt.«
»Dann bist du tatsächlich die Herrscherin über Chichen Itza?«
Sie traten aus dem Haus, und Pia hob nicht nur automatisch die Hand, um ihre Augen vor dem grellen
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